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Die Forderung der Linken, eine Mindestrente gegen Armut im Alter einzuführen, ist im Bundestag auf den massiven Widerstand der anderen vier Fraktionen gestoßen. Ihr einhelliger Vorwurf: Was die Linksfraktion wolle, sei sozial ungerecht und nicht finanzierbar. In der Debatte am Donnerstag, 1. März 2012, sagte der rentenpolitische Sprecher der Linksfraktion, Matthias W. Birkwald, momentan laute das Schicksal Hunderttausender Senioren „Malochen bis zum Tode“. 14 Prozent der Menschen im Rentenalter würden als arm gelten und lebten in „Furcht vor einer ungewissen Zukunft“. Dies sei „politisch gemacht“ und müsse deshalb politisch geändert werden – über eine Reform der Rentenversicherung.
In dem Antrag der Fraktion (17/8481) wird die Einführung einer solidarischen Mindestrente gefordert. Diese soll mindestens 900 Euro betragen und allen gewährt werden, deren Einkommen im Alter unter diesem Betrag liegt. Nicht angetastet werden sollen Vermögen bis 20.000 Euro und ein Betrag in Höhe von 48.750 Euro für die Altersversorgung.
In der Debatte betonte Matthias Birkwald, wenn man Altersarmut verhindern wolle, müsse man auch etwas gegen Armut in der Erwerbsphase tun. Deshalb fordere seine Fraktion gute Arbeit, die sicher, geregelt und sozial geschützt sein und von der ein Leben Vollzeit möglich sein müsse. Dafür bräuchte es einen gesetzlichen Mindestlohn von zehn Euro pro Stunde.
Der arbeitsmarktpolitische Sprecher der Union, Karl Schiewerling, bezeichnete die Linken-Vorschläge als „sozialpolitische Schalmeienklänge“, hinter denen ein Weltbild stehe, das „in den Abgrund führe“. In der Konsequenz würden die Forderungen in staatlich finanzierte Abhängigkeit führen und entsprächen nicht dem Weltbild der Koalition, wonach „jeder mit seiner Hände und Kopf Arbeit“ für sein Alter vorsorge.
Schiewerling betonte, die Zahl der Arbeitslosen und Langzeitarbeitslosen sei erheblich gesunken, der drohende Fachkräftemangel aufgrund der demografischen Entwicklung biete eine Perspektive für Ältere und Arbeitslose. Dies sei eine Chance.
Für Heinrich L. Kolb, den stellvertretenden Faktionsvorsitzenden und sozialpolitischen Sprecher der FDP, ist der Antrag „unausgegoren“ und „in jeder Hinsicht unfinanzierbar“.
Es sei heute sehr wohl möglich, in der Kombination aus gesetzlicher und betrieblicher Rente sowie privater Vorsorge ein hohes und ausreichendes Alterseinkommen zu generieren – wer wie Die Linke etwas anderes behaupte, versetzte die Gesellschaft in Angst.
Auch von den beiden anderen Oppositionsfraktionen musste Die Linke heftige Kritik einstecken. Elke Ferner, stellvertretende Faktionsvorsitzende der SPD im Bundestag, sagte, der Antrag vermittle den Eindruck, „im Himmel ist Jahrmarkt und Ostern und Weihnachten fallen auf einen Tag“. Die Linke verliere kein Wort über die Finanzierung ihrer Pläne. Da die Mindestrente auch jenen, die nie vorgesorgt hätten und über Vermögen verfügten, gewährt werden solle, werde das Äquivalenzprinzip, ein Grundelement der Rentenversicherung, verletzt.
Ferner kritisierte zudem, dass Die Linke gleichzeitig das Rentenniveau Ost auf das Rentenniveau West anheben und den Höherwertigkeitsfaktor beibehalten wolle. Dies habe „nichts zu tun mit Gerechtigkeit“.
Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen sagte deren rentenpolitischer Sprecher Wolfgang Strengmann-Kuhn, der Antrag sei zwar schlecht gemacht. Damit werde letztlich lediglich eine zweite Form der Grundsicherung geschaffen und das eigentliche Ziel verfehlt.
Man müsse aber auch festhalten, dass zu sozialpolitischen Themen von der Koalition nichts komme und auch die SPD in der Frage, wie man Altersarmut verhindern könne, nur „heiße Luft“ produziere. Altersarmut sei ein drängendes Problem. Die Politik müsse gewährleisten, dass Menschen, die bis zu einem Fünftel ihres Einkommens in die Rentenversicherung zahlten, dafür auch „eine Gegenleistung“ bekommen. Dies gehöre zur „Legitimität und Akzeptanz der Rentenversicherung“. Strengmann-Kuhn forderte Arbeitsministern Ursula von der Leyen (CDU) auf, ihr „Schweigen im Walde“ zu beenden und Vorschläge vorzulegen. (suk)