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Überwiegend Zustimmung fand bei einer Plenardebatte am Freitag, 9.März 2012, das Arbeitsprogramm der EU-Kommission für das Jahr 2012, das angesichts der internationalen Finanzkrise vor allem auf die Förderung von Stabilität wie des Wachstums zielt. Gleichwohl wurde auch Kritik an der Brüsseler Politik laut. So sprachen sich Abgeordnete der Koalition dagegen aus, eine Finanztransaktionssteuer im Sinne der Kommission als EU-Steuer und damit als eigene Brüsseler Einnahmequelle einzuführen. Die SPD rief dazu auf, den Einfluss des Bundestages in der EU zu stärken. Die Grünen warben dafür, die von der Kommission betriebene Förderung der Energiewende zu unterstützen. Die Linke kritisierte den Kurs der EU-Politik scharf als unsozial.
Als "großen Erfolg" wertete Michael Link das deutsche Eintreten für eine Schuldenbremse auf EU-Ebene. Der europäische Fiskalpakt markiere einen "Meilenstein", so der Parlamentarische Staatssekretär im Auswärtigen Amt.
Aus Sicht des FDP-Politikers verdient die von der Kommission angestrebte Neuordnung der Finanzmärkte Unterstützung. Nötig sei eine "angemessene Regulierung", etwa im Falle der Ratingagenturen. Link bezeichnete es als richtig, dass die Kommission ihren Stabilitätskurs durch die Förderung von Wachstum und Beschäftigung ergänzen wolle. Letzterem diene eine weitere Vertiefung des Binnenmarkts am besten.
Der Staatssekretär begrüßte die geplante Verringerung der steuerlichen Belastung von Arbeit. Konzentrieren solle sich Brüssel jedoch auf "Kernaufgaben", wo tatsächlich ein "europäischer Mehrwert" zu erzielen sei. Kritik übte Link etwa an den Konzepten der Kommission für Reformen der Mehrwertsteuer und der Altersvorsorge.
Auch der Detlef Seif (CDU/CSU) plädierte dafür, den Stabilitätskurs mit der Wachstumsförderung zu verbinden. Finanziell müsse die EU auf eine "stabile Basis" gestellt werden. Dazu gehöre eine stärkere Regulierung des Finanzmarkts, bei der man allerdings "mit Fingerspitzengefühl vorgehen muss". Skeptisch äußerte sich Seif gegenüber der Finanztransaktionssteuer, bei der auch die Interessen des deutschen Finanzmarkts zu bedenken seien. Im Interesse von Wachstum und Beschäftigung sei eine "Belebung des Binnenmarkts" geboten. Auch wenn gerade "Schieflagenländer" Wachstumsimpulse benötigten, so lehnte der CDU-Politiker indes einen "Marshallplan" für diese Staaten ab: Mit billigem Geld werde der Konsum, nicht aber der Wirtschaftsaufbau unterstützt.
Karl Holmeier warf der Kommission vor, zu wenig auf den Schuldenabbau und zu sehr auf eine Erhöhung der Einnahmen zu setzen. Der CSU-Parlamentarier plädierte für eine Finanztransaktionssteuer als nationale Abgabe, nicht aber als eigene EU-Steuer.
Im Gegensatz zu Staatssekretär Link appellierte Axel Schäfer an die Kommission, eine Neuregelung der Mehrwertsteuer mit mehr Mut zu verfolgen. Kritisch merkte der SPD-Abgeordnete an, im Arbeitsprogramm der Kommission müsse stärker betont werden, dass es keine Stabilitätsunion ohne sozialen Zusammenhalt, Wachstum und Beschäftigung geben könne. Dringlich sei die Bekämpfung der hohen Jugendarbeitslosigkeit: "Da muss auf EU-Ebene schnell etwas passieren." Mit Nachdruck trat Schäfer dafür ein, den Einfluss der nationalen Parlamente in Brüssel zu stärken.
Der Bundestag müsse die Kommission besser in seine Arbeit integrieren. Vor der nächsten Wahl dieses Brüsseler Gremiums müssten sich die designierten Kommissare in den nationalen Volksvertretungen vorstellen. Über die Mitglieder der nächsten Kommission dürften nicht einfach die Regierungen vorab entscheiden, forderte der SPD-Politiker. Die Zusammensetzung müsse vielmehr vom Ergebnis der Wahlen zum EU-Parlament abhängig gemacht werden.
Als unsozial kritisierte Andrej Hunko von der Linksfraktion die EU-Politik. So sei etwa das Griechenland-Paket eine Strategie der "sozialen Verelendung". Zu dieser unsozialen Schlagseite, die auch den Fiskalpakt kennzeichne, finde sich jedoch nichts im Arbeitsprogramm der Kommission. Zu dem wenigen Positiven in diesem Konzept gehöre die Forderung nach einer Finanztransaktionssteuer.
Eine umfassende Regulierung der Finanzmärkte stehe jedoch aus, so Hunko. Der Abgeordnete der Linken appellierte an die Iren, beim Referendum über den Fiskalpakt mit Nein zu stimmen. Auch die Franzosen sollten sich bei den Präsidentschaftswahlen von der Absage an eine Austeritypolitik leiten lassen.
Für die Bündnis 90/Die Grünen kritisierte Lisa Paus die "intergouvernementale Strategie", als deren Folge die nationalen Regierungen zusehends die EU-Politik bestimmten. Diese Entwicklung berge die Gefahr einer "Entsolidarisierung" in der EU in sich. Paus warb für die Linie der Kommission, einerseits das Sparen mit Wachstum zu verknüpfen und andererseits den Konsolidierungskurs auch auf eine Erhöhung der Einnahmen zu stützen. Zu begrüßen sei etwa die avisierte Eindämmung der Steuerflucht.
Die Grünen-Parlamentarierin warf der Koalition vor, gleich mehrfach die Politik der EU-Kommission zu blockieren – so bei der Förderung der Energiewende, bei der EU-weit abgestimmten Besteuerung des Energieverbrauchs oder bei der Durchsetzung der Finanztransaktionssteuer. (kos)