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Ab November 2012 sind Leerverkäufe von Aktien und Wertpapieren in der EU verboten. Die Entwicklungen im Verlauf der Finanzkrise hätten deutlich gezeigt, "dass Leerverkaufsverbote notwendig sind, um der Spekulation auf fallende Kurse und dadurch ausgelöste übermäßige Schwankungen von Wertpapierkursen entgegenwirken zu können", erklärte der Parlamentarische Staatssekretär im Finanzministerium, Hartmut Koschyk (CDU/CSU), in einer Wertpapierdebatte des Deutschen Bundestages am Donnerstag, 24. Mai 2012. Solche Leerverkaufsgeschäfte könnten einen sich selbst verschärfenden Kursrutsch auslösen. Die nach deutschem Beispiel gefundene Regelung "schafft Stabilität für die Märkte" und stärke das Vertrauen der Marktteilnehmer. Deutschland habe sich bei der EU-Lösung durchsetzen können. "Wir haben in ganz Europa erfolgreich Überzeugungsarbeit geleistet", freute sich Koschyk.
Auch Björn Sänger (FDP) stellte fest, die Umsetzung des Leerverkaufsverbots in Europa sei ein großer Erfolg der christlich-liberalen Koalition. Er sprach von einem "guten Tag für Deutschland".
Dagegen verwiesen die Redner der Opposition auf Defizite in der Finanzmarktregulierung. "Wir brauchen an vielen Stellen Situationen, wo Deutschland mit seinen Vorschlägen vorangeht", kritisierte Carsten Sieling (SPD). Die deutsche Leerverkaufsregelung sei ein zahnloser Tiger gewesen, und auch die Umsetzung der europäischen Regelung müsse deutlich nachgebessert werden, "damit diese in der Tat gefährlichen Leerverkäufe wirksam ausgeschlossen werden".
Harald Koch (Die Linke) kritisierte die Bundesregierung, weil sie sogar in der Finanzkrise die Arbeit der Finanzindustrie erleichtere. Das sei ein Skandal, sagte Koch zu geplanten Änderungen im Wertpapierprospektrecht. Der Finanzmarkt sei unterreguliert.
Dr. Gerhard Schick (Bündnis 90/Die Grünen) wies auf einen anderen Aspekt hin: 2006 habe es 80.000 Derivate gegeben, heute seien es über 800.000. Viele dieser Angebote seien unverständlich, so dass Anleger oft fast ihr gesamtes eingesetztes Kapital verloren hätten. Es sei "richtig, intransparente Produkte zu verbieten". An dieser Stelle im Finanzmarkt müsse "endlich aufgeräumt werden".
Der von der Bundesregierung eingebrachte Gesetzentwurf zur Ausführung der Verordnung (EU) Nr. 236/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. März 2012 über Leerverkäufe und bestimmte Aspekte von Credit Default Swaps (EU-Leerverkaufs-Ausführungsgesetz)" (17/9665) wurde an die Ausschüsse überwiesen. Mit dem Entwurf werden eine Reihe von Vorschriften im Wertpapierhandelsgesetz, wie beispielsweise das nationale Leerverkaufsverbot sowie das Verbot bestimmter Kreditderivate, aufgehoben, weil sie von der EU-Vorschrift "weitgehend verdrängt" werden, wie die Regierung schreibt.
Zum Inhalt der EU-Verordnung wird mitgeteilt, diese enthalte unmittelbar geltende Verbote ungedeckter Leerverkäufe von Aktien, die zum Handel an europäischen Handelsplätzen zugelassen seien. Außerdem gebe es Verbote ungedeckter Leerverkäufe von Staatsanleihen von EU-Mitgliedstaaten und der Europäischen Union. Zudem würden Kreditversicherungen (Credit Default Swaps) auf Staatsanleihen der EU-Mitgliedsländer sowie der Europäischen Union verboten, wenn sie keinen Absicherungszwecken dienen.
Der Bundestag stimmte auf Beschlussempfehlung des Finanzausschusses (17/9645) dem Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2010/73/EU und zur Änderung des Börsengesetzes (17/8684) zu. Darin wird das deutsche Recht nach der Änderung der EU-Richtlinie über Wertpapierprospekte angepasst.
In dem Gesetz geht es auch darum, den bürokratischen Aufwand zu verringern. So werden im Bereich des Wertpapierprospektgesetzes bestimmte Obergrenzen und Schwellenwerte für Ausnahmen von der Prospektpflicht erhöht. Auch gibt es Erleichterungen für Mitarbeiterbeteiligungsprogramme. (hle)