Navigationspfad: Startseite > Dokumente > Web- und Textarchiv > Textarchiv > Haushaltsausschuss Nachtragshaushalt 2012
Die Konsolidierung des Bundeshaushalts muss weiter fortgesetzt werden. Darüber waren sich am Mittwoch, 6. Juni 2012, die meisten Experten bei einer öffentlichen Anhörung des Haushaltsausschusses unter Vorsitz von Petra Merkel (SPD) einig, bei der es um den Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Nachtragshaushalt 2012 (17/9040) und die Stellungnahme des Bundesrates dazu (17/9649) ging. Der Entwurf sieht vor, dass in diesem Jahr die Neuverschuldung um 8,7 Milliarden Euro auf 34,8 Milliarden (bisher 26,1 Milliarden) Euro steigt. Notwendig wird diese höhere Neuverschuldung vor allem wegen der deutschen Zahlung an das Stammkapital des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM), für das Deutschland allein in diesem Jahr 8,7 Milliarden Euro zahlen soll.
Karsten Wendorff, Deutsche Bundesbank, empfahl eine möglichst zügige Konsolidierung des Bundeshaushalts. So würde derzeit die günstige gesamtwirtschaftliche Entwicklung das Absenken der Defizite erheblich unterstützen. Angesichts der strikten Defizitobergrenzen der Schuldenregel sei zudem ein "spürbarer" Sicherheitsabstand sehr ratsam, um bei negativen Überraschungen nicht Gefahr zu laufen, kurzfristig gegensteuern zu müssen.
Auch nach Auffassung des Bundesrechnungshofes (BRH) sollte die strukturelle Konsolidierung des Bundeshaushalts weiter als vordringliche Aufgabe vorangetrieben werden. Zwar werde auch durch den Nachtragsentwurf 2012 die Kreditobergrenze unterschritten, jedoch sei die Höhe der Neuverschuldung und des Schuldenstandes weiter mit Sorge zu betrachten, betonte Dieter Hugo vom BRH. Die haushalterischen Spielräume blieben begrenzt.
Für Peter Clever von der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände vergibt die Regierungskoalition mit dem Nachtragshaushalt die Chance zu einem weiteren Konsolidierungssignal. Dies wäre aber allein schon aufgrund der verbesserten Wachstumsprognosen für dieses Jahr möglich und auch dringend nötig, betonte er.
Der Nachtragshaushalt ändere nichts an der bisherigen Politik, sich zum Zwecke der Haushaltskonsolidierung in Milliardenhöhe bei den Beitragszahlern zur Arbeitslosenversicherung zu bedienen, kritisierte er.
Prof. Dr. Oliver Holtemöller, Institut für Wirtschaftsforschung Halle, sieht die geplante Ausweitung der Nettokreditaufnahme kritisch. Damit verschaffe sich die Bundesregierung zusätzliche Ausgabespielräume, da die Einnahmen zu niedrig und die Ausgaben zu hoch angesetzt sein dürften, heißt es in seiner schriftlichen Stellungnahme.
Für Heinz Gebhardt vom Rheinisch-Westfälischen Institut für Wirtschaftsforschung sollte der Konsolidierung solange hohe Priorität zu kommen, bis ein strukturell ausgeglichener Gesamthaushalt erzielt werde. Der Abbau des strukturellen Defizits könne grundsätzlich über ein höheres Wachstum, über Einsparungen oder über Abgabenerhöhungen angestrebt werden. Aus ökonomischer Sicht biete sich vor allem an, die Wachstumskräfte zu stärken.
Prof. Dr. Lars P. Feld, Walter Eucken Institut, betonte, dass die Konsolidierung vor allem auf der Ausgabenseite ansetzen müsse.
Für Prof. Dr. Heinz J. Bontrup, Westfälische Hochschule, ist die Wirtschaftskrise "in keinster Weise" gelöst. Durch den Fiskalvertrag in Verbindung mit dem ESM-Vertrag werde sich die Krise noch verschärfen, heißt es in seiner Stellungnahme. (mik)
Dieter Hugo, Bundesrechnungshof
Peter Clever, Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände
Karsten Wendorff, Deutsche Bundesbank
Prof. Dr. Oliver Holtemöller, Institut für Wirtschaftsforschung Halle
Heinz Gebhardt, Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung
Prof. Dr. Lars P. Feld, Walter-Eucke-Institut
Prof. Dr. Heinz-J. Bontrup, Westfälische Hochschule