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Richtlinienvorschläge der EU-Kommission über die Bedingungen für Einreise und Aufenthalt der Angehörigen von Nicht-EU-Staaten für Saisonarbeit oder im Rahmen einer konzerninternen Entsendung stoßen bei Experten auf ein unterschiedliches Echo. Dies wurde in einer Anhörung des Innenausschusses unter Vorsitz von Wolfgang Bosbach (CDU/CSU) am Montag, 25. Juni 2012, über Vorlagen der SPD-Fraktion (17/4190) sowie der Fraktionen Die Linke (17/4039, 17/4045) und Bündnis 90/Die Grünen (17/4885, 17/5234) zu den Richtlinienvorschlägen deutlich. Die SPD-Fraktion mahnt in ihrem Antrag, die Richtlinien zur konzerninternen Entsendung und zur Saisonarbeit "sozial gerecht" zu gestalten. Die Bundesregierung soll der Vorlage zufolge unter anderem alle Branchen ins Arbeitnehmer-Entsendegesetz aufnehmen, damit Mindestlohntarifverträge für allgemeinverbindlich erklärt werden können, sowie einen allgemeinen Mindestlohn gesetzlich regeln.
Die Linksfraktion fordert in ihren Anträgen die Bundesregierung auf, die Kommissionsvorschläge zur sogenannten Konzernentsenderichtlinie und zur Saisonarbeiterrichtlinie abzulehnen. Sie dienten "vollkommen einseitig" den Interessen multinationaler Konzerne beziehungsweise der Arbeitgeber an billigen Arbeitskräften.
Nach dem Willen der Grünen-Fraktion soll der Kommissionsentwurf der Richtlinie zur konzerninternen Entsendung "grundlegend und umfassend" überarbeitet werden. Zudem tritt die Fraktion unter anderem dafür ein, die Rechte von Saisonarbeitern zu stärken.
Für Prof. Dr. Frank Bayreuther von der Universität Passau verfolgen beide Richtlinien "ein sehr sinnvolles Vorhaben". So könne die Saisonarbeiterrichtlinie einen wesentlich Beitrag zur Legalisierung solcher Arbeit leisten und somit auch zur Verringerung von Schwarzarbeit. Auch scheine es eher unwahrscheinlich, dass die Konzernentsenderichtlinie "zu größeren sozialen oder politischen Verwerfungen führen wird".
Zwar werde mit beiden Richtlinien ein "gewisses Neuland" betreten, doch seien die mit ihnen verbundenen Rechtsprobleme "beherrschbar und auch durch Nachverhandlungen weitgehend gelöst".
Dr. Julia Duchrow von der Hilfsorganisation "Brot für die Welt" sah "deutlichen Nachbesserungsbedarf" in Bezug auf die Familienangehörigen. Anders als der Entwurf der Konzernentsenderichtlinie sehe der Entwurf der Saisonarbeiterrichtlinie weder ausdrücklich eine Besuchsmöglichkeit noch die Mitnahme von Familienangehörigen vor. Die unterschiedliche Regelung stelle eine Diskriminierung anhand der Art der ausgeübten Arbeit dar. Auch solle die Saisonarbeiterrichtlinie eine Regelung enthalten, in der bestimmt wird, wer für An- und Abreisekosten, Visum- und Transportgebühren sowie Verpflegungs- und Vermittlungskosten aufkommen soll.
Für die Zentrale Auslands- und Fachvermittlung (ZAV) begrüßte Jutta Feiler mit Blick auf die Saisonarbeiterrichtlinie die Öffnung für Arbeitnehmer aus Nicht-EU-Staaten grundsätzlich. Eine für Betriebe zufriedenstellende Bedarfsdeckung könne voraussichtlich bei wachsender Konjunktur in den Herkunftsländern innerhalb der EU nicht mehr in erforderlichem Maße sichergestellt werden, sagte sie zur Begründung. Zugleich plädierte sie für einen Ausschluss privater Vermittler, um Missbrauch zu verhindern.
Doritt Komitowski vom Berliner Beratungsbüro für entsandte Beschäftigte kritisierte in ihrer schriftlichen Stellungnahme, der Richtlinienvorschlag sei nicht geeignet, "essenzielle und menschenwürdige Mindestarbeitsbedingungen für Saisonbeschäftigte zu reglementieren beziehungsweise deren Einhaltung sicherzustellen".
Anna Robr von der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände begrüßte grundsätzlich das Ziel der Konzernentsenderichtlinie, die EU für multinationale Unternehmen attraktiver zu machen und damit den Standort Europa zu stärken. Sie plädierte zugleich für eine Herausnahme der Bau