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Die Migrationsbeauftragte der Bundesregierung, Maria Böhmer, während der Regierungsbefragung © DBT/Melde
Der von der Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration, Prof. Dr. Maria Böhmer (CDU), zuvor dem Kabinett vorgelegte neunte Bericht über die Lage der Ausländerinnen und Ausländer in Deutschland stand im Zentrum der Regierungsbefragung am Mittwoch, 27. Juni 2012. Der Bericht, der sich auf den Zeitraum 2010 bis 2012 bezieht, belege deutliche Fortschritte bei der Integration, so Böhmer bei der Vorstellung im Plenum: "Die jungen Migranten holen auf."
Noch nie habe sich so viel bewegt wie in den vergangenen beiden Jahren. Die Chancen der Migranten auf gleiche Teilhabe hätten sich wesentlich verbessert, betonte Böhmer. Verantwortlich für diese Fortschritte machte sie insbesondere die gesetzlichen Änderungen der letzten Zeit wie etwa das Gesetz zur verbesserten Anerkennung ausländischer Abschlüsse oder das eigenständige Bleiberecht für gut integrierte Jugendliche und Heranwachsende. "Auch in den Bereichen Sprache, Bildung, Ausbildung und Arbeitsmarkt sind wir große Schritte vorangekommen", lobte die Integrationsbeauftragte. Die Bundesregierung habe einen Paradigmenwechsel von der nachholenden zur vorausschauenden Integrationspolitik eingeleitet: "Bislang mussten wir vor allem Versäumnisse in der Sprachförderung aufholen", gestand Böhmer ein.
Nun zeigten diese Bemühungen erstmalig Erfolg: "Ich bin froh, dass wir nun in der Sprachförderung bei Kindern ein nahezu flächendeckendes Angebot haben."
Trotz solcher positiver Entwicklungen dürfe aber nicht übersehen werden, mahnte die CDU-Politikerin, dass in vielen Bereichen die Unterschiede zwischen Menschen mit und ohne Migrationshintergrund noch groß seien — etwa bei der Ausbildungsbeteiligung. Die Quote liege bei Deutschstämmigen bei 65,4 Prozent, bei Migranten hingegen — trotz leichter Verbesserungen — bei 33,5 Prozent. Diese Situation zu verbessern werde in Zukunft eines der wichtigsten Ziele sein, bekräftigte Böhmer: "Wir dürfen hier nicht nachlassen."
Ulla Jelpke (Die Linke) wollte sich der Freude der Integrationsbeauftragten über die Ergebnisse des Lageberichts nicht anschließen: "Ob wir uns das Armutsrisiko ansehen oder die Ausbildungsbeteiligung — noch immer sind Menschen mit Migrationshintergrund doppelt so hoch benachteiligt!" Die Abgeordnete monierte, dass durch Einschnitte bei der Finanzierung der Integrationskurse in der Vergangenheit die Teilnehmerquote um 20 Prozent eingebrochen sei.
"Was wollen Sie tun, um dieser Entwicklung etwas entgegenzusetzen?", wollte Jelpke wissen. Böhmer entgegnete, dass das "Bild", welches die Linkspolitikerin von der Situation "male", nicht stimme. "Die Wissenschaftler bescheinigen maßgebliche Verbesserungen insbesondere in der Sprachförderung und der frühkindlichen Bildung. Der Trend ist positiv." Die Integrationskurse bezeichnete Böhmer zudem als Erfolg.
Michael Frieser (CDU/CSU) zeigte sich erfreut über "wissenschaftliche Befunde" dafür, dass sich die Bundesregierung mit ihrer Integrationspolitik auf dem richtigen Weg befinde. Er wollte von Böhmer erfahren, wie sie denn plane, speziell die Ausbildungssituation von jungen Migranten zu verbessern. "Wie können wir den Zugang zu Ausbildung erleichtern — und gibt es bereits Erfahrungen, wie man dabei auch die Eltern mehr miteinbeziehen kann?"
Böhmer antwortete, dass aus ihrer Sicht gerade die Beteiligung der Eltern von ganz entscheidender Bedeutung sei. "Viele Eltern kennen das deutsche Ausbildungssystem und auch die Bedeutung der beruflichen Qualifizierung nicht." Ziel sei es daher, die Elternarbeit an den Schulen zu intensivieren.
Memet Kilic (Bündnis 90/Die Grünen) lenkte mit seiner Frage den Blick auf die Diskriminierung von Menschen mit Zuwanderungsgeschichte: "Trifft es zu, dass Schüler aufgrund ihres Migrationshintergrunds und ihrer sozialen Herkunft durchgängig am Zugang zum nächsten Bildungsabschnitt gehindert werden?", wollte er von Böhmer wissen. "Ist das in Ihren Augen Diskriminierung?"
Die Integrationsbeauftragte gab zu, dass auch sie Fälle kenne, in denen Eltern von Schülern den Eindruck gewonnen hätten, ihr Kind sei aufgrund seiner Zuwanderungsgeschichte nicht für eine höhere Schule empfohlen worden: "Bei genauerem Nachfragen hat sich aber doch dann ein differenzierteres Bild gezeigt." Diskriminierung habe sie nicht feststellen können. Dennoch betonte sie, dass solchen "Einzelfällen" nachgegangen werden müsse.
Rüdiger Veit (SPD) erkundigte sich nach den Plänen der Bundesregierung für eine stichtagsunabhängige Bleiberechtsregelung: "Sollten wir hier nicht dringend eine weitergehende Regelung haben?" Diese Frage bejahte Böhmer klar. "Es ist richtig gewesen, mit einem eigenständigen Bleiberecht für gut integrierte Jugendliche und Heranwachsende Integrationsleistungen anzuerkennen", so die Integrationsbeauftragte.
Viele junge Menschen hätten nun unabhängig von ihren Eltern eine eigene dauerhafte Aufenthaltsperspektive bekommen. Jetzt müsse der nächste Schritt folgen: eine stichtagsunabhängige gesetzliche Regelung. "Die Forderung der Integrationsministerkonferenz, dass Geduldete bei nachhaltiger Integration ein Aufenthaltsrecht erhalten sollen, begrüße ich ausdrücklich", betonte Böhmer, die den Bericht zuvor an Bundestagspräsident Prof. Dr. Norbert Lammert übergeben hatte. (sas)