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In der öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses unter Vorsitz von Dr. Birgit Reinemund (FDP) am Mittwoch, 26. September 2012, zum Entwurf eines Jahressteuergesetzes 2013 (17/10000, 17/10604) ist Kritik an der von der Bundesregierung geplanten Freistellung von Bildungsleistungen von der Umsatzsteuer geübt worden. Davon betroffene Unternehmen würden die Möglichkeit des Vorsteuerabzuges verlieren. "Entgegen der Intention des Gesetzgebers würde die Neuregelung vielfach zu einer Verteuerung von Bildungsleistungen führen, da die erhöhten Kosten an den Endverbraucher weitergegeben würden", klagte die Bundessteuerberaterkammer in ihrer Stellungnahme.
Die Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft warnten vor "Mehraufwand sowohl finanzieller als auch administrativer Art". Auch Privatschulen wären vom Wegfall des Vorsteuerabzugs betroffen. Ziel der Regelung ist die Anpassung des nationalen Rechts an das europäische Mehrwertsteuerrecht.
Zwar sollen reine Bildungsleistungen umsatzsteuerfrei sein, jedoch gilt dies nach dem Entwurf nicht für Leistungen zur Freizeitgestaltung. Der Musikwissenschaftler Andreas Bertheau (Universität Potsdam) äußerte daher in seiner schriftlichen Stellungnahme die Befürchtung, dass private Musikschulen in Zukunft 19 Prozent Mehrwertsteuer von ihren Kunden zusätzlich zu den Kursgebühren verlangen müssten.
"Die Marktsituation ermöglicht es nicht, die Umsatzsteuer auf die Eltern der in der Regel minderjährigen Schülerinnen und Schüler umzulegen", so Bertheau. Laut Prof. Dr. Karl-Georg Loritz besteht in der Umsatzsteuerfrage jedoch noch Spielraum, den der Gesetzgeber ausnützen könne.
Die Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft lobten in einer gemeinsamen Stellungnahme das angestrebte Ziel, die Aufbewahrungsfristen zu verkürzen. Der Gesetzentwurf sieht vor, dass im Steuerrecht Unterlagen, die bisher zehn Jahre lang aufbewahrt werden mussten, nur noch acht Jahre aufbewahrt werden müssen. Ab 2015 soll diese Frist auf sieben Jahre verkürzt werden.
Nach Ansicht der Wirtschaftsverbände handelt es sich um eine dringend notwendige Maßnahme. "Die Einhaltung der geltenden Aufbewahrungsfristen stellt für die Unternehmen eine hohe Belastung dar", so die Wirtschaftsverbände. Sie begründeten dies damit, dass alte EDV-Systeme und Software über unverhältnismäßig lange Zeiträume bereitgehalten werden müssten.
Auch die Bundessteuerberaterkammer begrüßte die Verkürzung der Aufbewahrungsfristen als "positives Signal an die Unternehmen, Bürokratie abbauen zu wollen". Der Deutsche Steuerberaterverband sprach sich sogar für eine einheitliche Reduzierung der Aufbewahrungspflicht auf fünf Jahre aus.
Dagegen lehnte die Deutsche Steuer-Gewerkschaft in ihrer Stellungnahme die Fristverkürzung ab: "Neben einer unnötigen Erschwernis strafrechtlicher Ermittlungen wären mit den Novellierungen ab dem Jahr 2015 Steuerausfälle in Höhe von einer Milliarde Euro verbunden, die für die öffentlichen Haushalte nicht verkraftbar sind."
Auch die Regelung, den Wehrsold und das Dienstgeld für freiwillig Wehrdienstleistende steuerfrei zu lassen, weitere Bezüge der freiwillig Wehrdienstleistenden wie den Wehrdienstzuschlag und besondere Zuwendungen wie die unentgeltliche Unterkunft und Verpflegung dagegen steuerpflichtig zu machen, stieß auf Kritik. Nach dem Gesetzentwurf soll ferner das für den Bundesfreiwilligendienst gezahlte Taschengeld steuerfrei gestellt werden. Weitere Bezüge wie die unentgeltliche Unterkunft und Verpflegung sollen steuerpflichtig sein.
Die Bundessteuerberaterkammer schlug in ihrer Stellungnahme eine andere Lösung vor: Wenn freiwilliger Wehrdienst und Bundesfreiwilligendienst als Dienst an der Allgemeinheit verstanden und steuerlich attraktiver werden sollten, dann könnte auch ein besonderer Freibetrag eingeführt werden. Wenn man sich dabei am Übungsleiterfreibetrag orientiere, würde in vielen Fällen kein Einkommen zu versteuern sein, obwohl grundsätzlich eine Steuerpflicht bestehe.
Der Republikanische Anwältinnen- und Anwälteverein kritisierte scharf eine Vorschrift, die vorsieht, Organisationen die Gemeinnützigkeit zu entziehen, wenn sie in Verfassungsschutzberichten als extremistisch eingestuft werden. "Am Urteilsvermögen der Nachrichtendienste bestehen mehr Zweifel als zuvor", erklärte ein Sprecher des Anwaltvereins, der die Änderung als verfassungswidrig einstufte.
Die von der Bundesregierung geplante besondere Förderung von Elektrofahrzeugen ist von den meisten Sachverständigen in der Anhörung als zu kompliziert kritisiert worden. "Die ohnehin in der Praxis streitanfällige pauschale Besteuerung der privaten Nutzung betrieblicher Kraftfahrzeuge sollte nicht zusätzlich kompliziert werden", warnte etwa der Bund deutscher Finanzrichterinnen und Finanzrichter.
Nach der derzeitigen Regelung seien Elektrofahrzeuge und extern aufladbare Hybridfahrzeuge wegen ihres höheren Listenpreises benachteiligt, begründet die Bundesregierung ihren Vorstoß im Entwurf. Bisher ist ein Prozent des Listenpreises Grundlage der Bewertung der privaten Nutzung des Kraftfahrzeugs.
Diese Ein-Prozent-Regelung soll beibehalten werden, allerdings soll der Listenpreis um die Kosten des Batteriesystems reduziert werden. Maximal möglich ist eine Reduzierung des Listenpreises um 10.000 Euro. Für nach dem 31. Dezember 2013 angeschaffte Fahrzeuge wird dieser Höchstbetrag um jährlich 500 Euro reduziert. Die Regelung wird außerdem zeitlich auf bis zum 31. Dezember 2022 erworbene Elektro- und Hybridelektrofahrzeuge beschränkt.
Der Deutsche Finanzgerichtstag warb in seiner Stellungnahme dafür, die Förderung auf einen Festbetrag zu beschränken, der sich an den durchschnittlichen Kosten der Batterie orientiere. Es könne auch einen prozentual vom Listenpreis vorzunehmenden Abschlag geben. Der Steuerberaterverband und das Forum ökologische Marktwirtschaft schlugen außerdem vor, nicht nur Elektrofahrzeuge, sondern sämtliche Fahrzeuge mit positiver Klimabilanz zu begünstigen.
Angesichts der äußerst angespannten Personalsituation in den Finanzämtern könnten diese zeitintensiven Ermittlungs- und Berechnungsmodalitäten nicht durchgeführt werden, argumentierte die Deutsche Steuer-Gewerkschaft, die dem Gesetzentwurf insgesamt "Licht und Schatten" bescheinigte. Prof. Dr. Lorenz Jarass (Hochschule RheinMain Wiesbaden) rief dazu auf, darauf zu achten, dass nicht immer kompliziertere Regelungen geschaffen würden wie in diesem Fall. (hle/25.09.2012)