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Finanzminister Wolfgang Schäuble bei seiner Regierungserklärung zu Finanzhilfen für Spanien © DBT/Unger
Mit 473 Ja-Stimmen bei 97 Nein-Stimmen und 13 Enthaltungen hat der Bundestag am Donnerstag, 19. Juli 2012, Finanzhilfen aus dem vorläufigen Euro-Rettungsschirm EFSF an Spanien zur Rekapitalisierung der dortigen Banken zugestimmt. Der Bundestag hatte die parlamentarische Sommerpause für diese Sondersitzung unterbrochen, um über einen Antrag des Bundesfinanzministeriums (17/10320, 17/10321) zu entscheiden.
Darin bat das Ministerium um die Zustimmung zu einer "Notmaßnahme der Europäischen Finanzstabilisierungsfazilität" (EFSF) zugunsten Spaniens. Es geht um Darlehen in einer Höhe von bis zu 100 Milliarden Euro. Finanzminister Dr. Wolfgang Schäuble (CDU)hatte eingangs in einer Regierungserklärung zur "Sicherung der Stabilität in der Eurozone – Finanzhilfen für Spanien" um ein positives Votum der Abgeordneten geworben.
Mit dem Beschluss wird das Bundesfinanzministerium ermächtigt, die für die Finanzierungsgeschäfte der EFSF notwendigen Gewährleistungen zu übernehmen. Außerdem billigte der Bundestag, die Rechte und Pflichten der EFSF aus der Finanzhilfe ohne materielle Änderung auf den dauerhaften Rettungsschirm ESM (Europäischer Stabilitätsmechanismus) zu übertragen, sobald dieser in Kraft getreten ist.
Die Finanzhilfe soll von der EFSF auf den ESM übertragen werden können, ohne dass der ESM bevorrechtigter Gläubiger wird. Der deutsche Anteil für die zu übernehmenden Garantien beträgt nach Angaben des Finanzministeriums 29,07 Prozent. "Unmittelbare Belastungen des Bundeshaushalts ergeben sich aus der Maßnahme nicht", heißt es in dem Antrag.
Der Minister begründete ihn damit, die Finanzhilfe sei unabweisbar, um die Sicherung der Stabilität in der Eurozone insgesamt zu gewährleisten. Er bezog sich auf die Einschätzung der EU-Kommission, der Europäischen Zentralbank, der Europäischen Bankenaufsicht und des Internationalen Währungsfonds, wonach es dringend notwendig sei, Teile des spanischen Bankensektors zu restruktuieren und zu rekapitalisieren und den Marktzugang Spaniens zu besseren, nachhaltigen Finanzierungskonditionen zu wahren.
Der Verzicht auf den bevorrechtigten Gläubigerstatus des ESM bei der Übertragung der Finanzhilfe sei eine einzelfallbezogene Maßnahme. Sie diene dazu, den Zugang Spaniens zu den Finanzmärkten zu erhalten.
Die Finanzhilfen sollen an den staatlichen Fonds FROB als Bevollmächtigten der spanischen Regierung ausgezahlt werden, der die Hilfen an die betreffenden Banken weiterleitet. Die Programmlaufzeit soll 18 Monate betragen. Neben dem Fonds soll auch die spanische Regierung Vertragspartner der EFSF und später des ESM werden und für die aus dem Kredit erwachsenden Verpflichtungen gegenüber EFSF und ESM einstehen.
Eine erste Tranche von 30 Milliarden Euro soll bereits Ende Juli bereitgestellt und von der EFSF zunächst in Reserve gehalten werden. Sie soll nur ausgezahlt werden können, wenn im spanischen Bankensektor akute Notfälle auftreten und sehr schnelles Handeln erforderlich würde, heißt es in Schäubles Antrag. Jede Verwendung von Mitteln aus dieser Tranche erfordere einen "begründeten und quantifizierten Antrag" der spanischen Zentralbank und die anschließende Billigung durch die EU-Kommission und eine Arbeitsgruppe der 17 Euro-Mitgliedstaten im Benehmen mit der Europäischen Zentralbank.
Eine Sondersitzung der EU-Staaten mit Euro-Währung (Eurogruppe) zum spanischen Bankenrekapitalisierungsprogramm findet am Freitag, 20. Juli, statt.
Die spanische Regierung hatte am 25. Juni offiziell eine Finanzhilfe bei der Eurogruppe beantragt. (vom)