Navigationspfad: Startseite > Dokumente > Web- und Textarchiv > Textarchiv > Fragestunde am 26. September 2012
Antragsstau bei der Bundesnetzagentur, mögliche rechtliche Schritte der Bundesregierung gegen die öffentliche Aufführung des Films "Innocence of Muslims" und ein Gesamtkonzept zur Nachqualifizierung von jungen Menschen ohne Berufsschulabschluss – nur drei von insgesamt 110 Themen, zu denen Abgeordnete des Bundestages Fragen für die Fragestunde (17/10736) am Mittwoch, 26. September 2012, eingereicht haben. Lisa Paus, Obfrau von Bündnis 90/Die Grünen im Finanzausschuss, will sich dann nach der von Umweltminister Peter Altmaier (CDU) angekündigten Einigung im Streit um eine steuerliche Förderung für energetische Gebäudesanierungen erkundigen. Weshalb die Finanzpolitikerin vom plötzlichen Optimismus des Ministers überrascht ist, erklärt die Abgeordnete im Interview:
Frau Paus, Bund und Länder streiten seit Langem darüber, wie Hausbesitzer steuerlich entlastet werden sollen, wenn sie ihr Haus dämmen. Im Vermittlungsausschuss konnte bislang keine Einigung erzielt werden. Nun hat der Bundesumweltminister angekündigt, ein Kompromiss sei zum Greifen nah. Sie haken nach – warum?
Ich war Mitglied der Arbeitsgruppe, die ernsthaft und geräuschlos bis zur Sommerpause über eine Einigung verhandelt hat. Kurz vor Ende der Sommerpause wollten wir uns wieder zusammensetzen. Doch ein Treffen hat nicht stattgefunden. Die angekündigte Einladung der Bundesregierung ist bis heute nicht da. Ich war deshalb verblüfft, als ich die öffentliche Äußerung von Herrn Altmaier gehört habe.
Besonders die rot-grün regierten Bundesländer sollen bis jetzt einem Kompromiss im Vermittlungsausschuss im Weg gestanden zu haben. Sie fordern höhere Kompensationen für mögliche Steuerausfälle. Zu Recht?
Ja, die Forderung ist berechtigt. Die Länder müssen schließlich genau wie der Bund die Schuldenbremse einhalten. Und es wäre ja absurd, wenn es mehr private energetische Sanierungen geben würde, aber den Kommunen wegen Steuerausfällen das Geld fehlt, um Kindergärten und Verwaltungsgebäude zu sanieren.
Die Gebäudesanierung gilt als eine wichtige Säule der Energiewende. Trotzdem haben Bündnis 90/Die Grünen in der Vergangenheit Pläne der Bundesregierung kritisiert, die darauf zielten, steuerliche Anreize für Hausbesitzer zu schaffen.
Nein, das stimmt nicht. Gerade wir Grünen haben das Verfahren wieder in Gang gebracht, indem wir die Regierung aufgefordert haben, den Vermittlungsausschuss anzurufen. Außerdem haben wir uns durchgängig mit konstruktiven Vorschlägen eingebracht, wie man das Gesetz zum Steuerbonus für Gebäudesanierungen verbessern kann, damit es die Zustimmung der Länder findet. Denn das Gesetz ist ja auch wegen begründeter inhaltlicher Kritik von ihnen gestoppt worden. Da auch meine Fraktion bei einigen Punkten Bauchschmerzen hatte, haben sich die Grünen bei der Abstimmung im Bundestag enthalten.
Was wäre also aus Ihrer Sicht der richtige Weg, die energetische Gebäudesanierung zügig voranzubringen?
Bei der steuerlichen Förderung waren wir schon sehr, sehr nah an einem Kompromiss. Wir haben uns geeinigt, dass der Steuerbonus für Menschen mit hohen und niedrigen Einkommen gleich sein soll. Wir waren uns auch einig, dass dieser Bonus gerade für Eigennutzer notwendig ist. Und wir fanden es gemeinsam richtig, dass für Vermieter die KfW-Förderprogramme angeboten werden sollen.
Wo hakte es dann?
Der einzig offene Punkt war die Frage, was den Kommunen für die Sanierung öffentlicher Gebäude an zusätzlichen KfW-Mitteln zur Verfügung gestellt werden sollte. Der Bund würde so einen Teil des Geldes, das er durch die steuerliche Förderung einspart, an die Kommunen zurückgeben. Aber dazu war er nicht – oder nur einmalig – bereit. Dennoch: Die Einigung ist fast komplett. Ich sehe jedenfalls, dass die rot-grün regierten Länder weiterhin zu Kompromissen bereit sind.
Die von Minister Altmaier angekündigte schnelle Einigung ist also prinzipiell möglich?
Ja, allerdings wir brauchen eine Einladung zum Gespräch. Ehrlich gesagt befürchte ich auch, dass Altmaier mit seiner öffentlichen Ankündigung nur die Erwartungen hochschraubt, die Einigung aber trotzdem in letzter Sekunde platzen lässt, um den rot-grünen Ländern dann die Schuld in die Schuhe zu schieben. Für das Gelingen der Energiewende wäre das fatal.
(sas/25.09.2012)