Navigationspfad: Startseite > Dokumente > Web- und Textarchiv > Textarchiv > 197. - 199. Plenarsitzung
An den Plenarsitzungstagen von Mittwoch, 17. Oktober, bis Freitag, 19. Oktober 2012, diskutiert der Bundestag unter anderem über den Berufsbildungsbericht 2012, die Städtebauförderung und eine Verschärfung der Bankenaufsicht. Die innerstaatliche Umsetzung des Fiskalpakts steht am Freitag auf der Tagesordnung, während der Antisemitismusbericht der Bundesregierung am Mittwoch diskutiert wird. Am Donnerstag stimmen die Abgeordneten über das Wissenschaftsfreiheitsgesetz ab. Die Tagesordnung ist vorläufig und kann noch geändert werden.
Die Sitzungen werden live im Parlamentsfernsehen, im Internet auf www.bundestag.de und auf mobilen Endgeräten übertragen.
Antisemitismusbericht: Die Plenarsitzung beginnt um 13 Uhr mit der Beratung des Berichts des unabhängigen Expertenkreises Antisemitismus (17/7700). Die Experten gelangen darin zu der Einschätzung, dass etwa 20 Prozent der deutschen Bevölkerung "latenten Antisemitismus" aufweisen. Zugleich wird das rechtsextremistische Lager als nach wie vor wichtigster Träger des Antisemitismus in der Bundesrepublik benannt. Für die erste Lesung der Vorlage ist eine Stunde eingeplant.
Regierungsbefragung: Um 14.10 Uhr folgt die halbstündige Befragung der Bundesregierung zur vorangegangenen Kabinettssitzung sowie zu aktuellen Themen.
Fragestunde: Von 14.45 bis 16.45 Uhr findet die Fragestunde statt, in der schriftlich eingereichte Fragen der Abgeordneten (17/10967) von Vertretern der Bundesregierung mündlich im Plenum beantwortet werden.
Aktuelle Stunde: Im Anschluss folgt eine von CDU/CSU und FDP verlangte Aktuelle Stunde zum Thema "Finanzielle Belastungen der Geringverdiener-Haushalte durch die von der rot-grünen Bundesregierung beschlossenen Ökostromsubventionen".
Regierungserklärung zum EU-Gipfel: Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel gibt ab 9 Uhr eine halbstündige Regierungserklärung zum Europäischen Rat am 18. und 19. Oktober in Brüssel ab, an die sich eine eindreiviertelstündige Aussprache anschließt. Die SPD hat bereits einen Entschließungsantrag zur Regierungserklärung vorgelegt (17/11003).
Ausbildungspolitik: Über den Berufsbildungsbericht der Bundesregierung für das Jahr 2012 (17/9700) debattieren die Abgeordneten ab 11.30 Uhr anderthalb Stunden lang. Die Regierung verweist in der Vorlage darauf, dass trotz "guter Ausbildungsmarktentwicklung Handlungsbedarf besteht". Gerade weil die Bundesregierung in der Berufsausbildung das duale System als wichtiges Instrument in der Fachkräftesicherung sieht, müsse es neuen Entwicklungen angepasst werden, heißt es in dem Bericht. In Zukunft würden nach allen Prognosen die Arbeitsplätze mit höherem Qualifikationsanspruch stark steigen. Insofern müsse sich auch die Ausbildung diesen erhöhten Anforderungen anpassen. Zudem dehne sich der Dienstleistungssektor aus und neue Branchen kämen hinzu, für die es noch keine hinreichenden Ausbildungen gebe. Neben dem Bericht der Regierung diskutieren die Abgeordneten auch über Anträge der Oppositionsfraktionen. So fordert die SPD-Fraktion (17/10116), dass jedem Jugendlichen und jungen Erwachsenen das Recht auf eine qualifizierte Ausbildung garantiert werden soll. Angesichts von 1,5 Millionen Menschen zwischen 20 und 29 Jahren ohne abgeschlossene Berufsausbildung fordert auch die Linksfraktion die "freie Wahl der Ausbildungsstätte" nach Artikel 12 Absatz 1 des Grundgesetzes zu garantieren (17/10856). Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen fordert, "mit DualPlus mehr Jugendlichen und Betrieben die Teilnahme an der dualen Ausbildung zu ermöglichen" (17/9586). Union und FDP haben einen eigenen Antrag mit dem Titel "Das Deutsche Berufsbildungssystem – Versicherung gegen Jugendarbeitslosigkeit und Fachkräftemangel" (17/10986) vorgelegt.
Aktuelle Stunde: Gegen 13.25 Uhr folgt eine von Bündnis 90/Die Grünen verlangte Aktuelle Stunde zum Thema "Integrität parlamentarischer Entscheidungen durch mehr Transparenz und klare Regeln gewährleisten – Nebentätigkeiten, Karenzzeit für Regierungsmitglieder, Abgeordnetenbestechung und Parteiengesetz".
Bankenaufsicht: Die einstündige erste Lesung des von der Bundesregierung vorgelegten CRD-IV-Umsetzungsgesetzes (17/10974; CRD steht für Capital Requirements Directive) beginnt um etwa 14.50 Uhr. Mit dem Gesetz sollen die sogenannten Basel-III-Regelungen in deutsches Recht übertragen werden. Mit diesen neuen Eigenkapitalregeln sollen die Lehren aus der Finanzmarktkrise gezogen werden. Banken sollen sich im Krisenfall aus eigener Kraft stabilisieren und retten können, schreibt die Regierung. Sie müssen danach ihre eingegangenen Risiken besser überwachen und kontrollieren. Zudem würden die Anforderungen an die wirksame und umsichtige Führung einer Bank erhöht sowie die Transparenz des Bankgeschäfts verbessert. Auch ist vorgesehen, dass Millionenkredite gegenüber den Aufsichtsbehörden mehr als bisher offengelegt werden müssen, teilt die Regierung mit.
Rentenpolitik: Die Rentenpolitik steht ab 15.55 Uhr im Mittelpunkt der Beratungen. Die Linksfraktion hat dazu neun Anträge (17/10990, 17/10991, 17/10992, 17/10993, 17/10994, 17/10995, 17/10996, 17/10997, 17/10998) vorgelegt. Gefordert wird unter anderem, die Rente ab 67 wieder zurückzunehmen sowie eine "solidarische Mindestrente" einzuführen. Weiterhin sollen nach den Vorstellungen der Fraktion Rentenbeiträge für Langzeitarbeitslose wieder eingeführt werden. Die Renten in Ostdeutschland sollen bis 2016 an das Westniveau angeglichen werden. Für die Debatte sind 30 Minuten vorgesehen.
Wissenschaftsfreiheitsgesetz: Über den von der Bundesregierung vorgelegtenEntwurf eines Wissenschaftsfreiheitsgesetzes (17/10037, 17/10123) stimmen die Parlamentarier im Anschluss an die um 16.35 Uhr beginnende 45-minütige Debatte ab. Ziel des Gesetzes ist es laut Bundesregierung, die Position Deutschlands im Wettbewerb der Wissenschaftssysteme zu stärken. Dazu "benötigen die deutschen Forschungseinrichtungen ein gesteigertes Maß an Selbstständigkeit, Flexibilität und eigener Verantwortung", heißt es in dem Entwurf. Die Forschungseinrichtungen sollen dementsprechend in zentralen Punkten wie Haushalt, Personal und Bauvorhaben größere Gestaltungsspielräume erhalten. Abgestimmt wird über die Beschlussempfehlung des Forschungsausschusses (17/11046).
Kosten und Nutzen der Energiewende: Ab 17.25 Uhr debattiert der Bundestag über die faire Verteilung der Kosten und Nutzen der Energiewende. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat dazu einen Antrag (17/11004) vorgelegt, der 30 Minuten lang in erster Lesung beraten wird.
Wettbewerbsrecht und Medienvielfalt: Ab 18.05 Uhr folgt die 30-minütige abschließende Debatte der achten Novelle des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB; 17/9852) und eines Antrags der Grünen (17/9956), Verbraucherschutz und Nachhaltigkeit im Wettbewerbsrecht zu verankern. Der Wirtschaftsausschuss hat dazu eine Beschlussempfehlung (17/11053) vorgelegt. Über Artikel 3 des Gesetzes soll namentlich abgestimmt werden. Entschieden wird auch über einen Antrag der SPD-Fraktion (17/10787) vor, der zum Ziel hat, Freiheit und Unabhängigkeit der Medien zu sichern, die Vielfalt der Medienlandschaft zu erhalten und Qualität im Journalismus zu stärken. Dazu liegt eine Beschlussempfehlung des Ausschusses für Kultur und Medien (17/11045) vor. Schließlich wird auf Empfehlungen des Kultur- und Medienausschusses (17/9989, 17/11058) auch über zwei gemeinsame Anträge von SPD und Grünen abgestimmt, das Presse-Grosso gesetzlich zu verankern (17/9989) und Instrumente zur Förderung der Medienvielfalt auf eine solide Datenbasis zu stellen (17/9155).
Städtebauförderung: Über die Städtebauförderung diskutieren die Abgeordneten ab etwa 19.35 Uhr. Grundlage dafür bilden Anträge der SPD-Fraktion (17/6444) und der Linksfraktion (17/6447), die sich für die Fortsetzung der Städtebauförderung aussprechen. Die Sozialdemokraten fordern von der Regierung ein Konzept, wie die Kompensationszahlungen an die Länder für die ehemalige soziale Wohnraumförderung und Gemeindeverkehrsfinanzierung fortgeführt werden sollen. Die Linksfraktion verlangt von der Bundesregierung, die Resolution der Bauministerkonferenz vom 28. Juni 2011 umzusetzen und dafür die gesetzlichen Grundlagen auf den Weg zu bringen. Über beide Vorlagen stimmt der Bundestag im Anschluss an die halbstündige Debatte ab. In seiner Beschlussempfehlung (17/8199) spricht sich der Verkehrsausschuss mehrheitlich für die Ablehnung der Vorlagen aus. In erster Lesung beraten wird im Verlauf der Debatte auch ein gemeinsamer Antrag von SPD- und Grünen-Fraktion (17/10999) mit der Forderung, das Programm "Soziale Stadt" zukunftsfähig weiterzuentwickeln.
Lebensmittelverluste: Gegen die Vernichtung und Verschwendung von Lebensmitteln wenden sich sowohl CDU/CSU, SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen (17/10987) als auch die Linksfraktion (17/10989) als auch die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in jeweils eigenen Anträgen, die ab 20.15 Uhr beraten werden. Eine halbe Stunde ist für die erste Lesung der Vorlagen eingeplant.
Weingesetz: Im Anschluss an die um 21 Uhr beginnende halbstündige Debatte stimmt der Bundestag über eine Änderung des Weingesetzes ab. Ziel der von der Bundesregierung vorgelegten Novellierung (10/10042, 17/10124) ist unter anderem die Einbeziehung des Jungweins in die Berechnung der Mengen von Weinerzeugnissen, die Betriebe von anderen Betrieben übernommen haben. Dadurch solle Ungleichheit im Wettbewerb vermieden werden. Des Weiteren solle durch die Übernahme von Sanktionsmaßnahmen aus dem Lebensmittelrecht in das Weingesetz gewährleistet werden, dass die Gesundheit gefährdende Weine den zuständigen Behörden rechtzeitig gemeldet werden können. Zur Abstimmung hat der Landwirtschaftsausschuss eine Beschlussempfehlung vorgelegt (17/11019). Ebenfalls abgestimmt wird über einen Antrag der Linksfraktion (17/7845), der sich für die Rettung einheimischer Rebsorten durch Erhaltungsanbau ausspricht. Der Landwirtschaftsausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung (17/8612) die Ablehnung des Antrags.
Umsetzung des Fiskalvertrags und zweiter Nachtragshaushalt: Um 9 Uhr beginnt die erste Lesung des von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurfs zur innerstaatlichen Umsetzung des europäischen Fiskalvertrags (17/10976, 17/11011). Nach Aussage der Regierung werden durch den Fiskalvertrag sowie die noch ausstehende Konkretisierung bestimmter Vorgaben durch die Europäische Kommission keine Anforderungen begründet, die über die Vorgaben des verfassungsrechtlichen Rahmenwerks zur Begrenzung der Neuverschuldung in den Haushalten von Bund und Ländern hinausgehen. Debattiert wird zugleich in erster Lesung über das von der Bundesregierung vorgelegte Zweite Nachtragshaushaltsgesetz 2012 (17/10900). Hintergrund des Nachtrags ist der deutsche Finanzierungsbeitrag zum Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM). Für die Debatte sind 90 Minuten eingeplant.
Bezahlbare Energiepreise: Ab 10.40 Uhr diskutieren die Parlamentarier über Anträge der Linksfraktion (17/10800) sowie der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, die sich für bezahlbare Energiepreise einsetzen. Die Bundesregierung solle eine staatliche Strompreisaufsicht einführen und Stromsperren verbieten, fordert die Fraktion Die Linke. Außerdem sollen die Energieversorger verpflichtet werden, ein Sockeltarifmodell einzuführen, bei dem jedem Haushalt eine bestimmte Menge Strom zugeteilt werde. Dieser Sockeltarif müsse sozial gerecht sein und ökologische Anreize schaffen: "Bei diesem progressiven Modell steht jedem Privathaushalt ein an der Haushaltsgröße orientiertes kostenloses Grundkontingent an Strom zu. Der darüber hinausgehende Verbrauch unterliegt steigenden Tarifen, um Energiesparen zu fördern", erläutert die Linksfraktion. Die Grünen setzen vor allem auf Einsparungen, erneuerbare Energien und mehr Verbraucherrechte. Mitberaten wird zugleich eine Große Anfrage der SPD-Fraktion (17/10366) zu den Kosten der Energiewende für Verbraucher und Unternehmen.
Private Altersvorsorge: Die private Altersvorsorge soll attraktiver werden. Einen dazu vorgelegten Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen (17/10818) behandelt der Bundestag ab 12.20 Uhr eine Stunde lang in erster Lesung. Mit der Regelung soll unter anderem mehr Transparenz für den Verbraucher durch ein einheitliches Produktinformationsblatt erreicht werden. Zudem sollen auch die Kosten für die Vermittlung sinken.
Obergrenze für Dispo-Kreditzinsen: Ab 13.25 Uhr debattieren die Parlamentarier über jeweils eigene Anträge von SPD (17/10988) und Linksfraktion mit der Forderung nach einer Begrenzung von Zinsen für Dispo-Kredite. Nach den Vorstellungen der Fraktion Die Linke (17/10855) soll der Zinssatz für Dispositionskredite auf maximal fünf Prozentpunkte, der für Überziehungskredite auf maximal acht Prozentpunkte über dem Basiszinssatz gedeckelt werden. Eine halbe Stunde soll darüber beraten werden.
Rechtsstaatlichkeit in Russland: Ab 14.05 Uhr debattieren die Abgeordneten über die Rechtsstaatlichkeit in Russland. Bündnis 90/Die Grünen hatten dazu eine Große Anfrage (17/7541) gestellt. In ihrer Antwort (17/9521) verweist die Bundesregierung darauf, ihre Haltung zu dem Prozess und dem "harten Urteil" gegen Michail Chodorkowski und Platon Lebedew "wiederholt deutlich gemacht" und die rechtsstaatlich "sehr bedenklichen Umstände" des gesamten Verfahrens kritisiert zu haben. Sie habe in diesem Zusammenhang "wiederholt" gefordert, in Russland rechtsstaatliche Verfahrensgrundsätze einzuhalten. Dies sei für die Entwicklung eines modernen Rechtsstaates von "größter Bedeutung". Generell wirkten sich Mängel bei der Unabhängigkeit der Judikative und die verbreitete Korruption "nachteilig" auf die Justiz in Russland aus. Sie behinderten auch die wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung des Landes insgesamt, heißt es in der Antwort. Zugleich "begrüßt" die Bundesregierung, dass der ehemalige Präsident Dmitri Medwedew die Mängel offen benannt und Maßnahmen zur Bekämpfung der Defizite angekündigt habe. Im Verlauf der halbstündigen Debatte diskutieren die Abgeordneten auch Anträge der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen mit dem Titel "Keine Modernisierung Russlands ohne Rechtsstaatlichkeit" (17/11002) und der SPD-Fraktion mit dem Titel "Gemeinsam Modernisierung Russlands voranbringen – Neue Impulse für die Partnerschaft setzen" (17/11005). (hau/18.10.2012)