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"Stärken Sie uns den Rücken bei unserer liberalen Position zu sagen, die Frankfurter Buchmesse ist eine Plattform auch für unbequeme Gäste." Diese Forderung richtete der Geschäftsführer der Ausstellungs- und Messe GmbH des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, Jürgen Boos, während der Sitzung des Unterausschusses Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik des Auswärtigen Ausschusses unter Vorsitz von Dr. Peter Gauweiler (CDU/CSU) am Montag, 22. Oktober 2012, an die Abgeordneten. "Wir wollen bei unserem Streit, der über Kultur stattfindet, niemanden ausgrenzen", betonte Boos.
In diesem Jahr habe es die Aufforderung gegeben, den Iran auszuschließen, sagte er. Ebenso wie es 2009 viel Kritik an der Wahl des Gastlandes China gegeben habe. In beiden Fällen sei es richtig gewesen, nicht nachzugeben. "Wir haben jedes Jahr Streit zwischen Kurden, Armeniern und Türken", sagte Boos. Das müsse man aber aushalten, betonte er.
Der Geschäftsführer der Frankfurter Buchmesse zog eine positive Bilanz der diesjährigen Veranstaltung. Mehr als 280.000 Besucher seien gekommen – mehr als die Hälfte davon seien Fachbesucher gewesen. Hier, so Boos, sei auch der Unterschied zur Leipziger Buchmesse, die mehr Privatbesucher anziehe und eher in Richtung Kulturfestival gehe.
Trotz der unterschiedlichen Schwerpunkte, so betätigte Boos auf Nachfrage, sei die Messe in Leipzig "eine gute Ergänzung". Was die Aussteller angeht, so liege die Zahl der internationalen Aussteller inzwischen über der der deutschen. "Der zentrale Treffpunkt der Buchbranche ist in Frankfurt", machte Boos deutlich.
Zugleich verwies er darauf, dass die durch die Digitalisierung auf den Weg gebrachten Entwicklungen auch vor der Buchmesse nicht haltmachen würden. "Bücher entstehen inzwischen anders", sagte der Experte. In das Internet gestellte Ideen würden sich verselbstständigen und von anderen Personen fortgeschrieben werden. Große Auswirkungen habe dies auf das Urheberrecht.
"Damit verändert sich auch die Buchmesse, die ein Spiegel für das ist, was passiert", sagte Boos. Aus diesem Grunde habe man im Rahmen der Buchmesse in diesem Jahr schon zum dritten Mal das Format StoryDrive stattfinden lassen, eine Konferenz für "Ideen, Menschen und Märkte, die die Zukunft von Medien, Kultur und Kreativität aktiv mitgestalten wollen".
Wie sich nun "das Lesen und Schreiben" in der Zukunft entwickeln werde, vermochte auch der Geschäftsführer der Frankfurter Buchmesse nicht genau zu sagen. "Dank des Internets werden aber viel mehr Leute anfangen zu schreiben", prognostizierte er. Das wiederum könne auch die Verlage stärken. "Es braucht Lektoren, die aus der Fülle des Materials die Qualität herausfiltern", machte Boos der Branche Mut.
Ein weiteren wichtigen Trend bezeichnete er als "Global Local". Dabei gehe es um ein Erstarken der Nationalsprachen. So hätten Experten lange mit Indien als großem Markt für englischsprachige Literatur gerechnet. Tatsächlich sei es aber so, dass Bücher in den verschiedenen Nationalsprachen den Markt beherrschten. Problematisch, so Boos weiter, sei vor diesem Hintergrund die Übersetzerfrage.
Es sei ohnehin so, dass Übersetzer "chronisch schlecht bezahlt sind", urteilte er. Umso schwieriger sei es, gute Übersetzer für "kleine Sprachen" zu finden. Das habe sich auch in diesem Jahr gezeigt, als Neuseeland Gastland der Messe war und auch die Literatur der Ureinwohner Maori präsentiert wurde. Gleiches gelte für die Berbersprache, die insbesondere in Marokko angesichts des kulturellen Aufbruchs im Fokus stehe. (hau/22.10.2012)