Navigationspfad: Startseite > Presse > Aktuelle Meldungen (hib) > Juni 2013 > Experten: Nachwuchswissenschaftler brauchen verlässliche Karrierewege
Karin Bordasch, Max-Plack-Institut für Infektionsbiologie, beklagte, dass die befristeten Stellen im Mittelbau rasant zugenommen hätten. „An Gesundheitszentren arbeiten 80 Prozent der Wissenschaftler mittlerweile befristet“, griff sie einen Bereich heraus. Auch der Vizepräsident für Forschung und Innovation der Technischen Universität München, Thomas Hoffmann, machte auf diesen Umstand aufmerksam und sagte über die Folgen: „Deutschland gehört zum Nettoexportland, was wissenschaftlichen Nachwuchs angeht.“ Zwischen 2007 und 2011 hätte 158 Nachwuchstalente mit einem ERC Grant – einem wissenschaftlich europaweiten anerkannten Standard – Deutschland verlassen.
Georg Jongmanns vom Hochschul-Informations-System (HIS) machte auf die unvorteilhafte Altersstruktur an den Hochsuchulen aufmerksam. Die Anzahl der Nachwuchswissenschaftler, die noch nicht promoviert sind, habe in den vergangenen zehn Jahren enorm zugenommen. Die Zahl der Postdocs sei aber in etwa gleich geblieben. Das würde für die Postdocs bedeuten, dass sie einerseits eine Vielzahl von Doktoranden zu betreuen hätten und den Alltag des Betriebes am Laufen halten müssten und andererseits selbst ihre Karriere verfolgen müssten. Dabei könnte es zu erheblichen Zielkonflikten kommen. Andreas Keller, Vorstandsmitglied der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) begrüßte, dass die Politik das Problem endlich ernst nehme und appellierte eindringlich an sie, es nicht bei Appellen zu belassen. „Die Karrierewege an deutschen Hochschulen sind international nicht mehr wettbewerbsfähig“, machte er deutlich. Das habe nicht nur Auswirkungen auf das Leben der jungen Wissenschaftler sondern auch auf die Forschung und Lehre.
Matthias Neis, ver.di-Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft, forderte neben den Hauptpunkten Planbarkeit und Transparenz der beruflichen Laubahnen die Streichung der Tarifsperre. Diese sei ein Anachronismus. Die Tarifparteien müssten die Möglichkeit haben, auf die tariflichen Bestimmungen Einfluss zu nehmen. Jan-Henrik Olbertz, Präsident der Humboldt-Universität zu Berlin, hinterfragte, ob tatsächlich das Wissenschaftszeitvertragsgesetz zu diesen „prekären“ Beschäftigungsverhältnissen geführt habe, oder ob nicht vielmehr in der Hauptsache die finanziell angespannte Lage der Universitäten Schuld an der Misere sei. Professoren könnten wegen anhaltend knapper Mittel junge Wissenschaftler oft nur befristet einstellen. Heike Wolke, Helmholtz-Gemeinschaft Deutsche Forschungszentren, unterstrich das Instrument der Selbstverpflichtung als Grundlage verantwortungsvollen Umgangs mit den Nachwuchswissenschaftlern. Dorothee Dzwonnek, Generalsekretärin der Deutschen Forschungsgemeinschaft sagte: „Im globalen Wettbewerb um die besten Köpfe können Hochschulen und außeruniversitäre Forschungseinrichtungen nur mit einem Angebot verlässlicher Karrierewege bestehen.“ Zudem seien verstärkt Anstrengungen notwendig, um auch in der späten Postdoc-Phase einen strukturierten Ausstieg und damit eine planbare Karriereperspektive auch außerhalb der Wissenschaft zu ermöglichen.
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