Zitat Zitat von Backtoreality Beitrag anzeigen
Da wäre ich ja wirklich mal gespannt, über welche "Vorschläge" wir hier reden. Bisher habe ich noch KEINEN EINZIGEN gesehen. Also bitte, ich bin gespannt.
Hier ist eigentlich nicht der richtige Ort, um Geschäftsmodelle der Musikindustrie zu diskutieren. Vielleicht liegt es auch daran? Mir selbst fehlt mitlerweile auch jede Motivation, mich weiter konstruktiv mit dieser Branche auseinander zu setzen. Manche Menschen sind so stolz, die begehen lieber Suizid, als von einem zu lange vertretenen Standpunkt abzurücken. Wahrscheinlich gilt das für so manchen Wirtschaftszweig ja auch.

Der gravierendste Punkt, den Vertreter der "Content-Industrie" (hauptsächlich, aber nicht nur im Bereich Musik) nicht wahrhaben wollen, ist folgender:

Das Internet ist kommerziell gesehen ein (globaler) Markt. Die Betonung liegt hier auf EIN. Das heisst, man hat im Idealfall von einer zentralen Stelle aus einen Potenziellen Kundenkreis in Milliardenstärke und dazu kommt noch, dass man sein Produkt - von dieser einen, zentralen Stelle aus - nahezu unendlich oft verkaufen kann, ohne dass es sich abnutzt oder weniger wird.

Das heisst, dass es sich hierbei um einen atypischen Markt handelt, wo sich der Preis umgekehrt proportional zum Gewinn verhält. Nun muss man daraus nur noch die richtigen Schlüsse ziehen und die Lösung aller Probleme liegt schon fast vor der Nase.

Aber was steht dem entgegen?

Jeder der "Big Four" und sonstigen, grösseren "Rechteverwalter" besteht darauf, seine eigenen Vertriebsstrukturen zu unterhalten, seine eigenen Shops zu seinen eigenen Bedingungen zu autorisieren und seine eigenen Streams für seine eigene Auswahl an möglichen "Empfängern" exklusiv zu lizensieren. Dahinter steht eine längst überkommene Vorstellung von streng separierten Marktstrukturen, die durch das Internet einfach schon lange überwunden wurde.

Ausserdem mag man partout nicht von seiner traditionellen Preisvorstellung abrücken, obwohl das unter o.g. Vorraussetzung schon rein ökonomisch keinen Sinn mehr macht. Im Netz bildet der Preis eine Hemmschwelle, die umso leichter überwunden wird, je niedriger sie liegt. Und wie niedrig man sie legen kann oder sollte, korreliert u.a. direkt mit der Aktualität - also der Zeit, die schon seit der Veröffentlichung vergangen ist.

Dieser Zeitpunkt ist extrem wichtig, für das Geschäft mit Informationen (Musik, Filme, Texte etc) im globalen Netz. Die klassischen "Verwertungszyklen" funktionieren nicht mehr, weil man eben keine separierten Marktstrukturen mehr hat. Wenn heute z.B. ein Animeefilm in Japan auf DVD erscheint, dann wollen die Fans keine 2 Jahre mehr warten, bis/ob der vielleicht einmal in ihrem Land ordentlich lizensiert und synchronisiert erscheint. Weil es die Industrie nicht hinbekommt, hat sich hier eine Grauzone mit einer "Fansub-Kultur" entwickelt, die diesen brachliegenden Markt eben kostenlos bedient - einfach aus Enthusiasmus heraus und weil jeder schon über die nötigen Produktionsmittel verfügt.

Das gleiche geschieht im Bereich Musik- und Filmwirtschaft und es hat alles die selbe Wurzel des Unverständnisses vom Umgang mit den neuen Verhältnissen im informationstechnisch globalisierten Markt.

So lange ihr das nicht hinbekommt, jedes neue Album, jeden neuen Film und alles Vergleichbare a) zentral im Netz, b) ohne Einschränkung auf priorisierte Bereiche und c) zu einem Preis zu veröffentlichen, der es auch einem weniger privilegierten Kind erlaubt, seinen MP3-Player damit zu füllen, ohne dass sich seine Eltern dafür auf die nächsten zwanzig Jahre verschulden müssen, so lange werdet ihr auch im Netz keinen echten Erfolg haben. Wie hoch die Chancen für ein solches Umdenken in eurer Branche stehen, kannst du dir ja selbst ausmalen. Ich nehme mal an, nicht viel höher als eine Weinbergschnecke hüpfen kann...