Ergebnis 1 bis 8 von 8

Hybrid-Darstellung

  1. #1
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    Ausrufezeichen Das UrhR ist streng genug - wir brauchen die Online-Privatkopie

    Das UrhR ist von jeher darauf angelegt, einen Ausgleich zwischen privatem und öffentlichem Interesse herzustellen. Investitionsschutz und Verwertungsrechte hier und freier Zugang und kulturelle Bereicherung dort. In den letzten Jahren hat eine deutliche Verlagerung hin zu den privaten Interessen stattgefunden mit der zentralen Begründung, dass kreative Werke nicht ausreichend neu erschaffen würden, wenn der Schutz nicht stark genug ist. Begleitend wurde das Aufkommen von File-Sharing-Angeboten als Argument genutzt, dass eine Verschärfung der Rechtsposition der Urheber und ihrer Vertreter nötig wäre, um bestehende Geschäftsmodelle nicht zu gefährden.

    Beide Argumente lassen sich empirisch widerlegen - kreative Werke entstehen auch ohne eine weitere Verschärfung des UrhR in ausreichendem Maße - oder zumindest nicht bestätigen: File-Sharing hat keine signifikant negativen Auswirkungen auf den Absatz von Musik (nachzulesen z.B. in dem exzellent geführten Blog von Peter Tschmuck: http://musikwirtschaftsforschung.wor...l-18/#more-291 bzw. ganz aktuell auf meinem Symposium zur Piraterie auf Informationsmärkten: http://www.infoconomy.de/Videos.387.0.html). Es lassen sich zudem viele Gründe dafür finden, warum die Umsätze mit Musik auf CD in den letzten Jahren rückläufig sind. Einer davon ist, dass die Kunden weniger Alben und dafür mehr einzelne Titel kaufen (weil neben den Alben als Zwangspakete online inzwischen auch Einzeltitel angeboten werden), was natürlich insgesamt einen geringeren Umsatz erzeugt. Fazit: File-Sharing ist also allenfalls ein Grund unter mehreren für die Umsatzrückgänge.

    In dieser Diskussion gerät meines Erachtens der Nutzer unter die Räder. Er wird unnötig kriminalisiert. Wenn man also die soeben angeführten Argumente aufgreift und davon ausgeht, dass File-Sharing die bestehenden Geschäftsmodelle nicht ernsthaft in Frage stellt, wäre es angebracht, sich für eine Ausdehnung der Privatkopie auf den Online-Bereich einzusetzen. Vorteil: Diese Schrankenbestimmung ist bereits grundsätzlich eingeführt und bräuchte nur entsprechend ausgedehnt zu werden. Der Kompensationsmechanismus Geräteabgabe existiert ebenfalls schon und reicht prinzipiell aus, denn auch digitale Musik landet letztlich auf einem Endgerät. Eine Neuaushandlung der Sätze wäre auch nicht zwingend erforderlich. Festzulegen wäre natürlich der Umfang in dem Privatkopien erlaubt wären - 7 sind aus der physischen Welt bekannt. Vielleicht wären 20 - 30 angemessen. Über eine Neufassung dieser Grenze könnte sich vielleicht künftig ein echter Tausch zwischen Freunden a la Facebook entwickeln.

    Dringend erforderlich wäre es und aus politischer Sicht auch unbedingt geboten, um die Diskussion zu versachlichen und das UrhR internettauglich zu machen, dass mehr über das Phänomen File-Sharing in Erfahrung gebracht wird (welche Auswirkungen hat es tatsächlich - vielleicht sogar positive (Stichwort Netzwerkeffekte), wie in mehreren qualitativ hochwertigen Studien belegt ist - wie sind verschiedene Branchen betroffen, welche alternativen Zugänge zu Informationsgütern existieren, die evtl. sogar mehr Verkehr erzeugen und welche Entwicklungen gibt es im Zeitablauf) und auch das Nutzerverhalten stärker untersucht wird. Wenn z.B. die File-Sharer ihren Weg in die Legalität ganz von selbst finden, wenn sie Geld verdienen und einen Job haben, wäre das ein Grund mehr, sie in einer bestimmten Lebensphase nicht unnötig zu Kriminellen zu machen.

    Ich würde mich sehr freuen, wenn die Enquete-Kommission diese Überlegungen in ihre Diskussion einfließen lassen würde.

  2. #2
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    Zitat Zitat von Franklin Beitrag anzeigen
    Vorteil: Diese Schrankenbestimmung ist bereits grundsätzlich eingeführt und bräuchte nur entsprechend ausgedehnt zu werden. Der Kompensationsmechanismus Geräteabgabe existiert ebenfalls schon und reicht prinzipiell aus, denn auch digitale Musik landet letztlich auf einem Endgerät. Eine Neuaushandlung der Sätze wäre auch nicht zwingend erforderlich. Festzulegen wäre natürlich der Umfang in dem Privatkopien erlaubt wären - 7 sind aus der physischen Welt bekannt. Vielleicht wären 20 - 30 angemessen. Über eine Neufassung dieser Grenze könnte sich vielleicht künftig ein echter Tausch zwischen Freunden a la Facebook entwickeln.
    Meinen sie jetzt die Einführung einer "Kulturflatrate"?

    Der Online-Tausch im Freundeskreis ist nämlich bereits jetzt schon legal, denn die Schrankenbestimmung des Urheberrechts nach §53 UrhG ist unabhängig vom genutzten Medium. So hat z.B. das Oberlandesgericht Düsseldorf festgestellt, dass der Upload urheberrechtlich geschützter Werke auf Rapidshare nicht pauschal illegal ist, da der Uploader die Download-Links ja vielleicht auch nur im Freundeskreis im Rahmen von §53 UrhG nutzen möchte.

  3. #3
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    Die Kulturflatrate finde ich problematisch, weil damit ein Freifahrtschein für jegliche Art von Nutzung von Informationsgütern (Text, Musik, Film etc.) ausgestellt würde. Zum einen entstünde dadurch eine ungerechtfertigte Belastung aller Personen, die sich im legalen Rahmen bewegen. Zum anderen würde ich erwarten, dass die kostenfreien Angebote (nach dem Motto: "Bezahlt ist ja schon.") zu Lasten der kostenpflichtigen viel intensiver genutzt würden, was die Geschäftsmodelle der Industrie viel stärker beeinträchtigen würde, als es jetzt der Fall ist.
    Zu Ihrer Anmerkung mit dem Online-Tausch: Ja, unter bestimmten Bedingungen ist die Privatkopie nach wie vor erlaubt, aber die Rechtslage ist mehr als unübersichtlich und hier würde ich für ganz klare und transparente Regelungen plädieren. Auch das Verbot der Umgehung eines Kopierschutzes müsste in diesem Zusammenhang neu diskutiert werden.

  4. #4
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    Zitat Zitat von Franklin Beitrag anzeigen
    Die Kulturflatrate finde ich problematisch, weil damit ein Freifahrtschein für jegliche Art von Nutzung von Informationsgütern (Text, Musik, Film etc.) ausgestellt würde.
    Die "Freifahrt" ist aber schon längst etabliert. Es ist generell problematisch, wenn der einzige Grund, warum ein User sich neben der neuesten Linux-Distribution nicht auch den neuesten Blockbuster aus dem Internet holen soll, eine altertümliche, rechtliche Konvention darstellt.

    Man muss dringend zur Kenntnis nehmen, dass sich diese Form des (naheliegenden, effizienten und allgemein als sinnvoll und nützlich erachteten) Nutzerverhaltens als neue Qualität des (globalisierten) Informationsaustausches präsentiert. Darin liegen viel mehr Chancen als Risiken, insbesondere für die vielbeschworenen Urheber selbst. Die Herausforderung der Zeit besteht nicht darin, herauszufinden, wie man schnellstens die Zustände der vordigitalen Zeit ins Internet überträgt, sondern vielmehr darin, wie man im Einklang mit den neuen Mitteln und Möglichkeiten ökonomisch sinnvolle Geschäftsmodelle entwickelt, testet und optimiert.

  5. #5
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    Darum geht es mir ja gerade: das Verhältnis von privat und öffentlich zu rejustieren. Der Witz ist ja - und das bezeichnen Sie ja auch als Chance -, dass es der Industrie vermutlich sogar nützt, dass Informationsgüter durch Schwarzkopien stark verbreitet werden und sich das letztlich sogar in barer Münze auszahlen kann. Ich spreche da von Netzwerkeffekten, die unbedingt näher untersucht werden müssen.

    Ich würde jetzt allerdings nicht so weit gehen und sagen: "Da ohnehin schwarzkopiert wird, geben wir alles frei und jeder kann sich bedienen." Genau an dem Punkt muss doch die Diskussion ansetzen, was und in welchem Umfang freizugeben ist. Hier fehlen auch wiederum klare wissenschaftliche Belege, was wie wirkt, z.B. die Frage der Dauer des Rechtsschutzes und der Umgehung des Kopierschutzes.

    Vielleicht wäre es sinnvoll, eine dritte Partei in das UrhR einzuführen, nämlich den Nutzer, der dann neben dem Urheber und der Allgemeinheit eine eigene Rechtsposition hätte.
    Geändert von Franklin (19.11.2010 um 16:53 Uhr)

  6. #6
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    Zitat Zitat von Franklin Beitrag anzeigen
    Ich würde jetzt allerdings nicht so weit gehen und sagen: "Da ohnehin schwarzkopiert wird, geben wir alles frei und jeder kann sich bedienen." Genau an dem Punkt muss doch die Diskussion ansetzen, was und in welchem Umfang freizugeben ist. Hier fehlen auch wiederum klare wissenschaftliche Belege, was wie wirkt, z.B. die Frage der Dauer des Rechtsschutzes und der Umgehung des Kopierschutzes.
    Da stellt sich mir trotzdem die Frage, wie man das dann durchsetzen will, was "(noch) nicht freigegeben ist". Die einzig sinnvolle Unterscheidung scheint mir der kommerzielle Aspekt zu sein: Wenn jemand versucht, unautorisiert mit fremden Inhalten einen Gewinn zu erwirtschaften, dann kann dies einigermassen zuverlässig festgestellt und geahndet werden. Aber der rein unkommerzielle Austausch von privat zu privat lässt sich nicht (mit sinnvollem Aufwand) unterbinden. Jede gezogene Grenze ist da rein willkürlich und sehr leicht zu überwinden.

    Schlimmer noch - es reicht ein Einziger, der z.B. "besonders geschützten Content" entsperrt und ins Internet stellt; es spielt keine Rolle, ob jener das von Deutschland, den USA oder Thailand aus macht. Der Effekt ist der selbe - der Content ist "frei" und global verfügbar. Auf technischer Ebene kann man "geschützten" von freiem Content nicht unterscheiden, bzw nur, wenn man sehr restriktiv in den gesamten Datenverkehr - weltweit - eingreift. Das endet aber spätestens dann, wenn die Datenströme komplett verschlüsselt werden.

    Wir haben im Netz über zehn Jahre Erfahrung mit diesem "Hase und Igel Spiel", wo die einen versuchen, die ihre Inhalte zu "schützen", die anderen jene mit geradezu sportlichem Ehrgeiz "befreien" und dabei stets eine Nasenlänge vorraus, weil am besten mit der Technik vertraut, sind.

    Auch mit juristischen Mitteln hat es bisher nie geklappt, die Flut der (illegal verbreiteten) Daten zu stoppen. Kaum hat die Content-Industrie eine Plattform erfolgreich ausgeschaltet (remember Napster, Kazaa, Audiogalaxy, Suprnova, Oink, Limewire etc pp) gibt es schon wieder einige Alternativen, die die zentralen Angriffspunkte nicht mehr bieten.

    Das ist an sich auch ein starker Innovationsmotor, allerdings auf Kosten und gar nicht im Sinne der Urheberrechteverwalter. Darin drückt sich ein enormes kreatives Potenzial aus, welches man sich besser nutzbar machen, als versuchen sollte, es zu bekämpfen.

    Zitat Zitat von Franklin Beitrag anzeigen
    Vielleicht wäre es sinnvoll, eine dritte Partei in das UrhR einzuführen, nämlich den Nutzer, der dann neben dem Urheber und der Allgemeinheit eine eigene Rechtsposition hätte.
    Diesen Vorschlag kann ich nur unterstützen, wie auch Ihre sonstigen Punkte.

  7. #7
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    Es bleibt bei der entscheidenden Frage, wie schädlich sind Schwarzkopien. Drehen wir den Spieß mal um und gehen davon aus, dass die Urheber davon profitieren, dass Google und YouTube ihre Inhalte bekanntmachen. Ich will jetzt nicht so weit gehen, dass sie dafür zahlen müssten, aber die ewige Klage, dass es schädlich wäre, wäre damit vom Tisch. Was uns fehlt (siehe oben), sind zuverlässige Aussagen darüber, welche Auswirkungen die unautorisierten Netzangebote auf die verschiedenen Geschäftsmodelle haben. Im günstigen oder auch neutralen Falle könnte man meiner Meinung nach sehr gut damit leben, sich nur auf das Verbot der gewerblichen Nutzung zu fokussieren. Warum nicht dann auch Google und YouTube, die ja Privates mit Gewerblichem vermischen mit einer angemessenen Pauschale beteiligen.

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