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Der Vergleich hinkt leider und von daher ist er etwas unpassend.
Das war es, was ich illustrieren wollte: Vergleiche von materiellen mit immateriellen Gütern sind per se unzutreffend. Der besondere Eigentumsschutz, den materielle Güter geniessen, begründet sich auf deren endlichen Begrenzt- resp. Knappheit. Immaterielle Güter - in digitaler Form also reine Information - sind immer unbegrenzt verfügbar. Ein sogenannter "Diebstahl" kann also schonmal gar nicht stattfinden und es wäre auch überaus fraglich, ob wir Gesetze hätten, die den Diebstahl verbieten, wenn sich materielle Güter in diesem Punkt nicht von der digitalen Information unterscheiden würden, sprich jederzeit unendlich und aufwandslos replizierbar wären.

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Aber im übertragenen Sinne könnte man vielleicht so argumentieren, dass Dritte diesen nicht abgeschlossenen BMW nach ihrem Gutdünken nutzen, eine Probefahrt machen, wilde Orgien darin feiern, literweise Bier drin auskippen und ihn hinterher wieder an Ort und Stelle abstellen. Dann hat der Eigentümer sein Corpus delicti zurück, aber es ist aufgrund der unberechtigten Nutzung weniger wert.
Siehe oben: Das Fahrzeug ist als materielles Gut nicht unendlich verfügbar. Der Schaden ist unmittelbar evident. Der angenommene "Schaden" bei der Urheberrechtsverletzung ist hingegen reine Spekulation und nicht feststell- oder auch nur bezifferbar. Es folgt der Überrrlegung, dass eine schwarz angefertigte Kopie einem nicht getätigtem Kauf entspricht. Das ist jedoch nicht zu beweisen - im Gegenteil, es existieren mittlerweile etliche Untersuchungen, die völlig andere Schlüsse zulassen.

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Genauso geht es z.B. einem Autor oder Musiker, dessen Werke kopiert werden. Das Original leidet darunter zunächst nicht, aber wenn der unberechtigte Vervielfältigungs- (=Nutzungsvorgang) oft genug stattfindet, erfährt es einen massiven Wertverlust.
Was zu beweisen wäre. Im digitalen Raum erfährt eine Information umso mehr Beachtung, je mehr sie kopiert und damit verbreitet wird. Das ist zunächst einmal ein Nutzen und kein Schaden, weil Verbreitung gleich Aufmerksamkeit und damit höhere Bekanntheit bedeutet. Es liegt am Urheber selbst, diesen Effekt für sich nutzbar zu machen. Kostenlose Verbreitung ist (auch) kostenlose Werbung.

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Natürlich lässt sich in der digitalen Welt - rein technisch gesehen - alles schnell kopieren, verbreiten und jeder will es, auch die Politiker, denn das ist "Opium für's Volk".
Nein, gewiss nicht. Das gilt eher für den Bereich (Privat-) TV. Das Internet erlaubt gerade jedem Einzelnen selbst aktiv zu werden; aus der passiven Konsumentenrolle herauszutreten und sich selbst aktiv am Geschehen zu beteiligen. Man spricht in diesem Zusammenhang heute auch vom ProdUser, was darauf hinweisen soll, dass jeder Nutzer digitaler Medien auch über vielfältige Produktionsmittel verfügt, wodurch die Grenze zwischen reiner Nutzung (Rezeption) und Produktion fliessend wird.

Diese Entwicklung ist technisch bedingt und so gesehen auch eine technologisch Begründete "Entmachtung" der Geschäfts- und Einflussbereiche, die traditionell die Hoheit über die publizierenden Medien ausübten. Vielen, die sich dadurch benachteiligt sehen, macht das verständlicherweise Angst. Aber gesamtgesellschaftlich gesehen, ist dies ein ungeheurer Fortschritt und Anschub für die Entwicklung hin zu einer globalen Wissensgesellschaft, der bestenfalls mit der flächendeckenden Alphabetisierung, angestossen durch Gutenbergs innovatives (und zunächst hart bekämpftes) Druckverfahren, zu vergleichen ist.

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Von mir aus macht auch ruhig so weiter. Wenn erstmal alles grenzenlos kopiert, vervielfältigt, remixt worden ist, werdet auch Ihr nach einiger Zeit feststellen, dass es nichts Neues mehr gibt
Das ist jetzt so eine trotzige Rückzugsposition, die man häufig von Vertretern der Musikbranche zu hören bekommt, die aber auch völlig haltlos im Raum steht. Etwas Neues entsteht schon, wenn jemand verschiedene Schnipsel Musik in anderer Reihenfolge zusammensetzt und damit ein Video "vertont", welches er zuvor mit seinem Handy aufgenommen hat.

Die "Drohgebärde" wirkt vor dem Hintergrund eines schier unerschöpflichen kulturellen Fundus an Musik, Text und Film überdies reichlich absurd. Selbst wenn von heute an kein einziges neues Musikstück komponiert würde, hätte die Menschheit trotzdem noch für Jahrzehnte unbekannte Musik zu entdecken. Der Tag hat halt nur 24 Stunden und irgendwann muss der Mensch auch mal schlafen...

Aber das würde sowieso nicht passieren, weil schon immer recht viel Musik aus einem reinen kreativen Drang heraus geschaffen wurde, unabhängig davon, ob sich das auch gerechnet hat.

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- warum wohl ?! Bereits heute gibt es - zumindest im musikalischen Sektor - Produktionen, die nicht zum ersten, zum zweiten, sondern mindestens zum zehnten Mal aufgewärmt wurden - bis man sie nicht mehr hören kann. Warum gibt es wohl kaum noch hochwertige Produktionen wie z.B. in den 70ern und 80ern ??
All music has come to an end.

Mal ein anderer Gedanke dazu: Es gibt vielleicht so etwas wie eine "natürliche Grenze" für musikalische Ausdrucksformen. Diese wird - einmal erreicht - erst erweitert, wenn ein neuer technologischer Impuls hinzukommt. Heutzutage werden womöglich auch noch klassische Symphonien komponiert, jedoch verglichen mit der kulturellen Hochzeit dieser Musik in kaum nennenswerten Masse. Das gleiche Schicksal ereilte in zunehmend rascher Abfolge viele modische Stilrichtungen populärer Musik, die in den 50/60er Jahren hauptsächlich durch die Einführung elektronisch verstärkter Instrumente und später durch den Einsatz von Computertechnik nochmal einen völlig freien Raum zur kreativen Entfaltung bekam. Aber auch dieser ist nun schon wieder in jeder Hinsicht ausgereizt - platt gesagt: Alles schonmal dagewesen. Wirklich Neues ist nur in Nuancen zu finden und ich sehe in dieser allgemeinen Sättigung einen viel realistischeren Erklärungsansatz für die "Not" der Musikbranche.

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Am mangelnden Talent der Künstler liegt es wohl kaum, denn davon gibt es genug (das sind natürlich andere, als die man auf RTL sieht, bzw. im Radio hört). Aber es ist müßig, hier darüber zu diskutieren, denn hier geht es offensichtlich nur um eines: Das Internet muss für jeden frei verfügbar sein, sch....auf das Urheberrecht, Hauptsache wir können ungestraft alles downloaden, kopieren, uploaden, am besten noch über über eine Internetleitung, für die man ebenfalls nichts bezahlen muss.
Das Internet muss für jeden frei verfügbar sein - aber natürlich! Es ist keineswegs so, dass das Internet die Musikbranche "ruinieren" würde. Es setzt sie unter einen gewissen Innovationsdruck, das stimmt und je mehr sie sich dem verweigert und darauf spekuliert, dass die Politik ihr überholtes Geschäftsmodell auch in die Zukunft rettet, desto mehr wird sie auch auf die gewinnbringenden Effekte des ganzen brachliegenden Potenzials verzichten müssen.

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Aber interessant zu sehen, dass niemand, der sich hier aufregt, eine Lösung für die Probleme in der neuen digitalen Welt präsentieren kann (oder will).
Woher willst du das wissen? Aus meiner persönlichen Erfahrung kann ich sagen, dass sich die Vertreter der Musikbranche jeglichen Vor- und Ratschlägen schlicht verweigern. Sie sind nur bereit, Lösungen zu akzeptieren, die darauf hinaus laufen, das für sie alles so bleiben kann, wie es ist, nur mit dem Unterschied, dass sie die alten Gewinne aus dem Verkauf physikalischer Kopien wieder realisieren können.

So eine "Lösung" gibt es aber nicht.

Wenn jeder, zu jeder Zeit und an jedem Ort selbst eine Kopie anfertigen und weltweit verbreiten kann, dann ist der Verkauf von physikalischen Informationsträgern ein unrettbar auslaufendes Geschäftsmodell.

Daran führt kein Weg vorbei. So radikal wie die technologische Umwälzung durch Computer, Smartphones und Internet, so radikal muss auch das Umdenken auf Seiten der medialen Branchen sein. Jegliche Energie, die diese in Lobbyarbeit und Abmahnwesen investieren, ist verschwendet. Sie wird nicht ausreichen, um diesen fahrenden Zug aufzuhalten. Sie kann ihn vielleicht vorübergehend etwas abbremsen, aber nicht sehr stark. Dafür vollzieht sich der Wandel auf zu vielen Ebenen gleichzeitig und die innovativen Kräfte werden stets eine Nasenlänge voraus sein.