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24. Oktober 2011

Wie weise ist die Masse?

Am 24. Oktober 2010 hat sich die Projektgruppe Demokratie und Staat zum dritten Mal getroffen und die Textarbeit der vergangenen Sitzung fortgesetzt. Auf der Tagesordnung standen noch einmal Texte des Kapitels 1, "Grundlagen".

Zunächst befasste sich die Projektgruppe mit dem Textentwurf "Grundfragen – Demokratie und Staat in der digitalen Gesellschaft". Hierzu hatten die Projektgruppenmitglieder in der letzten Sitzung eine glossarartige Stichwortsammlung beraten. Ein Mitglied der Projektgruppe legte auf dieser Grundlage nun einen neu formulierten Text vor, der einzelne Aspekte des Ursprungstextes aufgreift. Der Entwurf beschreibt das Spannungsverhältnis zwischen Legitimation, Partizipation und Repräsentation und greift die Diskussion der vergangenen Sitzung auf. Insgesamt stieß der Text auf Zustimmung bei den Projektgruppenmitgliedern. Die Referenten der Fraktionen wurden beauftragt, ihn stilistisch noch weiter abzurunden und kleinere Einwände einzuarbeiten. Kontrovers diskutierten die Mitglieder die Frage, ob das ursprüngliche Glossar weiter verwendet werden soll, etwa als Anhang zum Text. Ein Glossar sei sinnvoller Bestandteil vieler Texte und diene vor allem zur weiteren Erläuterung der im Text enthaltenen Fachtermini, argumentierten einige Mitglieder. Die Mitglieder kamen überein, dass auch das Glossar noch einmal durch die Fachreferenten überarbeitet werden soll. Anschließend werde weiter entschieden.  Zudem könne das Glossar bei Bedarf von allen Projektgruppenmitgliedern jederzeit erweitert und vervollständigt werden.

Partizipation auch ohne Internet

Beim Entwurf zum Text 1.2. "Auswirkungen der digitalen Vernetzung auf das Verhältnis Bürger/Staat" diskutierten die Projektgruppenmitglieder über den Umstand, dass viele Menschen auch heute keinen adäquaten Internetzugang haben. Zudem wurde von einzelnen Mitgliedern der Projektgruppe angeführt, dass dort, wo ein solcher Zugang zur Verfügung steht, dieser nicht unbedingt von allen Menschen auch genutzt werde, was man - etwa bei der Bereitstellung von eGovernment-Angeboten - berücksichtigen müsse. So findet Partizipation nach wie vor auch über klassische Kommunikationswege und nicht nur im Internet statt – dieser Aspekt soll im Text stärker unterstrichen werden. Möglicherweise wird es dazu ein eigenes Kapitel geben.

Die Weisheit der Massen

Im Zusammenhang mit dem Textentwurf 1.3. "Neue Formen einer digital vernetzten Demokratie" diskutierten die Mitglieder unter anderem auch über den Aspekt der so genannten Weisheit der Massen. Aus einem Satz des Textes, "Nicht jede digitale Masse ist weise", entspann sich eine Diskussion darüber, ob die Mehrheit immer Recht habe. Eine mobilisierte Masse, so ein Projektgruppenmitglied, habe jedenfalls nicht automatisch Recht. So könnten sich durchaus auch Einzelmeinungen durchsetzen, wie beispielsweise Paradigmenwechsel in der Wissenschaft gezeigt haben. Letztlich liege immer die Frage zugrunde, so ein Mitglied, welche Bedeutung digitale Beteiligung im demokratischen Prozess auf der Grundlage des Grundgesetzes habe und wie das Internet solche Prozesse beeinflusst. Unterscheiden müsse man dabei zwischen Mehrheitswissen und Mehrheitsmeinung. Ein Projektgruppenmitglied warnte zudem davor, von einem Grundmisstrauen gegen den mündigen Bürger auszugehen. Daher soll der Text an dieser Stelle noch einmal überarbeitet werden.

Problem private Plattformen

Ein Projektgruppenmitglied mahnte an, dass die Projektgruppe deutlicher benennen solle, dass es sich bei vielen Plattformen, über die kommuniziert und so Öffentlichkeit konstituiert werde, um private Angebote handele. Dies sei ein wichtiger Aspekt und stelle ein grundlegendes demokratietheoretisches Problem dar. Die Projektgruppe solle deutlicher machen, dass die Gefahr bestünde, dass sich die Bürger hier in eine Abhängigkeit von kommerziellen Angeboten begeben würden.

Oppositionelle in Gefahr

Größeren Raum nahm auch die Diskussion über die Manipulation  von Kommunikationsstrukturen vor allem durch autoritäre und totalitäre Staaten zu Lasten der freien Meinungsäußerung von Bürgern ein. Die Projektgruppenmitglieder waren sich darin einig, dass auch diese "Kehrseite der Medaille" geschildert werden müsse.

Wenig Einigkeit konnten die Mitglieder hingegen darüber erzielen, an welcher Stelle im Text das Thema Whistleblowing einzuordnen ist. Das Wegfallen von Zeugen- und Informantenschutz, etwa im Zusammenhang mit Wikileaks, stelle eine völlig neue Situation dar und habe Auswirkungen auch auf staatliches Handeln.

Die Projektgruppe wird die Diskussion zu diesem Text in einer der kommenden Sitzungen noch einmal aufnehmen. Bis zur nächsten Sitzung sollen die Anregungen aus der Diskussion in den Text eingearbeitet werden. Eine vorläufige Version soll auch als Vorschlag auf der Beteiligungsplattform veröffentlicht werden. Das nächste Treffen der Projektgruppe findet am 7. November 2011 statt.




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Stand: 24.10.2011