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Die Debatte in Deutschland über den Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr hat nach Ansicht des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages, Reinhold Robbe, "wenig mit dem zu tun, was die Soldaten dort durchmachen müssen“. Viele Soldaten "schütteln mit dem Kopf, wenn sie sich anschauen, was sich im politischen Berlin jeden Tag ereignet und in der Zeitung zu lesen ist“, sagte Robbe im Interview mit dem Parlamentsfernsehen des Deutschen Bundestages. Das Interview wird am Mittwoch, 16. Dezember 2009, ab 9 Uhr im Parlamentsfernsehen und im WebTV übertragen.
Den wenigsten Deutschen sei bewusst, so Robbe, dass die Soldaten in Afghanistan "jeden Tag ihren Kopf hinhalten und froh sind, wenn sie gesund und lebend von Patrouillenfahrten ins Feldlager zurückkommen“. Die Debatte erscheint dem Wehrbeauftragten „manchmal etwas bizarr“.
Innerhalb und außerhalb der Bundeswehr, aber auch innerhalb und außerhalb des Parlaments sei erhebliche Unruhe entstanden über die Tatsache, dass die Informationsstränge im Bundesverteidigungsministerium nicht so funktionierten "wie man sich das vorstellt“.
Das Ministerium habe die "schwere Aufgabe“, so Robbe, jetzt, im zugespitzten Einsatz, alle wichtigen Informationen in Minuten-, manchmal in Sekundenschnelle so zusammenzuführen, dass das Parlament richtig informiert ist. Ein Minister habe zurücktreten müssen, ein Staatssekretär und ein Generalinspekteur seien entlassen worden - für den Wehrbeauftragten "wichtige Turbulenzen“.
Wichtig sei darüber nachzudenken, so Robbe, wie die Streitkräfte mithilfe moderner Kommunikationsstrukturen die Gefahren für Leib und Leben im Einsatz so niedrig wie möglich halten können bei gleichzeitig möglichst effektiven Ergebnissen. Es sei zu hoffen, dass die Bundeswehr am Ende der Untersuchungen des Ausschusses davon profitiert und die Strukturen so nachjustiert werden, dass von einer „vernünftigen und modernen Armee“ gesprochen werden könne.
Robbe wies auf die im Januar in London stattfindende Afghanistan-Konferenz hin, bei der die freie Staatengemeinschaft zu einer "hoffentlich schonungslosen und ehrlichen Bestandsaufnahme“ kommen und neue Ziele im Hinblick auf den Wiederaufbau und die militärische Absicherung des Einsatzes formulieren werde.
Die Ursachen für die Irritationen werde jetzt der Verteidigungsausschuss als Untersuchungsausschuss ermitteln, sagte Robbe. Es sei aber auch zu fragen, ob "wir die notwendigen Debatten so offen und ehrlich geführt haben wie es sein muss“. Viele hätten den Eindruck gehabt, dass es in Afghanistan nur um Brunnenbohrungen und den Bau von Schulen gehe.
"Seit die Taliban ihre Aktivitäten verstärkt haben sind etliche Soldaten gefallen, Hunderte sind verwundet worden oder an Posttraumatischen Belastungsstörungen erkrankt. Seither wissen wir, dass es sich auch um Krieg handelt“, unterstrich Robbe. Was derzeit stattfinde sei Krieg, da solle man nicht "um den heißen Brei herumreden“. In dieser Phase, in der es um die Befriedung dieser nordafghanischen Region gehe, stünden kriegerische Auseinandersetzungen im Vordergrund.
Die Dinge müssen nach Meinung des Wehrbeauftragten so beim Namen genannt werden, wie sie sich im Einsatz tatsächlich darstellen. "Die Menschen sind bereit, auch unbequeme Wahrheiten zur Kenntnis zu nehmen. Man muss ehrlich mit den Menschen umgehen“, sagte Robbe.
Die Soldaten hätten ein "unglaubliches Vertrauen zu ihrem Wehrbeauftragten“, berichtete Robbe über Gespräche, die er mit den Soldaten geführt hat, wenn die Vorgesetzten nicht dabei waren. Zehn Prozent der Eingaben an den Wehrbeauftragten, jährlich etwa 5.500, kämen direkt aus den Einsatzgebieten. Dadurch habe er die Möglichkeit, ein Bild von der tatsächlichen Situation dort zu bekommen, betonte Robbe weiter.