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Der Bundestag hat auf Antrag von 285 Abgeordneten der SPD, der Linken und der Grünen am Freitag, 26. März 2010, einen Untersuchungsausschuss zu Gorleben eingesetzt: Das 15köpfige Gremium unter Vorsitz der CDU-Parlamentarierin Maria Flachsbarth soll die Umstände klären, unter denen die Regierung von Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl (CDU) im Jahr 1983 entschied, nur den Salzstock im niedersächsischen Gorleben und nicht auch geologische Formationen wie Granit oder Ton in anderen Bundesländern auf eine Eignung für die Endlagerung von Atommüll zu prüfen.
Geprägt war die Debatte vor allem vom Streit um den schließlich von der Koalitionsmehrheit abgelehnten Antrag der SPD (17/1161), für die Dauer des Ausschusses auf die von Umweltminister Dr. Norbert Röttgen (CDU) geplante Fortsetzung der Erkundungsarbeiten in Gorleben zu verzichten, die seit einem unter Rot-Grün verhängten Moratorium ruhen.
Die Opposition hegt den Verdacht, der Beschluss der Regierung Kohl fuße nicht nur auf wissenschaftlichen Erwägungen, sondern auch auf politischen Motiven wie der Annahme, im strukturschwachen und dünn besiedelten Wendland nahe der damaligen DDR-Grenze sei vermutlich mit wenig Protest bei den Bürgern zu rechnen.
Ute Vogt, SPD-Obfrau im Ausschuss, sagte, nach der Aktenlage von 1983 hätten seinerzeit bei der Entscheidung, sich allein auf Gorleben zu konzentrieren, Ängste vor dem zu erwartenden Widerstand in der Bevölkerung eine Rolle gespielt. Linken-Obfrau Dorothee Menzner meinte, die Auswahl von Gorleben sei eine "Frage politischer Opportunität“ gewesen, es sei wohl um die "Durchsetzbarkeit“ dieses Projekts gegangen.
Der Ausschuss müsse erhellen, so Vogt, ob beim damaligen Beschluss wissenschaftlich begründete Zweifel am Salzstock im Wendland negiert worden seien. Menzner erklärte, seit Jahrzehnten stellten Gutachten die Eignung dieses Standorts in Frage. Die Opposition vermutet, im Vorfeld der Entscheidung der Regierung Kohl 1983 seien durch die Manipulation von Studien geologische Risiken in Gorleben ausgeblendet worden.
Mit der Einsetzung des Ausschusses verabschiedete das Plenum des Bundestags auch dessen Untersuchungsauftrag, auf den sich zuvor Koalition und Opposition im Geschäftsordnungsausschuss des Bundestages geeinigt hatten (17/1250).
Nach diesem Prüfauftrag soll das am Freitag eingesetzte Gremium unter anderem klären, ob bei der Entscheidung von 1983 "der damals aktuelle Stand von Wissenschaft und Technik zugrunde gelegt wurde“ und ob es "politische Vorfestlegungen oder Vorgaben bezüglich des Standorts Gorleben als Endlager gab und falls ja, welches die Gründe hierfür waren“. Recherchiert werden soll zudem etwa, ob Mitglieder oder Mitarbeiter der Bundesregierung "den Inhalt von rechts- oder naturwissenschaftlichen Expertisen, Gutachten oder Empfehlungen in diesem Zusammenhang zu beeinflussen“ suchten.
Für die Unionsfraktion begrüßte Flachsbarth die Absicht Röttgens, die Erkundungen im Wendland wieder aufzunehmen.Während dieser Arbeiten werde es eine "größtmögliche Beteiligung der Öffentlichkeit“ geben. Die Prüfungen in Gorleben sollen laut der CDU-Abgeordneten "ergebnisoffen“ verlaufen.
Der Opposition gehe es mit ihrem Antrag, diese Untersuchungen für die Dauer des Ausschusses auszusetzen, nur um die Verlängerung des unter Rot-Grün verhängten Moratoriums. Die Union stelle sich jedoch der Verantwortung, eine Lösung für die Frage der Endlagerung des Atommülls zu finden und dieses Problem nicht den nachfolgenden Generationen zu hinterlassen, so Flachsbarth.
Auch FDP-Obfrau Angelika Brunkhorst wandte sich strikt gegen einen Verzicht auf die Erkundungen in Gorleben. Durch das rot-grüne Moratorium sei man bei der Suche nach einem Endlager für radioaktive Abfälle "keinen Schritt weiter gekommen“. Es müsse ohne weitere Verzögerung geprüft werden, ob Gorleben geeignet sei oder nicht.
Vogt warf Union und FDP vor, "respektlos“ gegenüber dem Parlament zu sein, wenn die Koalition trotz der Einsetzung des Untersuchungsausschusses mit der Wiederaufnahme der Erkundungsarbeiten "Gorleben als Standort weiter befestigen“ wolle. Menzner sagte, derart schaffe man "kein Vertrauen bei den Bürgern“. Vogt kritisierte, während der Arbeiten in Gorleben solle die Einbeziehung der Bevölkerung beschnitten werden.
Sylvia Kotting-Uhl forderte, zuerst ein inhaltliches Konzept für die Endlagerung von Atommüll zu entwickeln und dann zu prüfen, welcher Standort dafür geeignet sei. Für die Grünen-Obfrau wäre es ein Ausdruck "ethischer Verantwortung“ gewesen, sich gar nicht erst auf die Atomkraft einzulassen.
Das Gorleben-Gremium ist der erste Untersuchungsausschuss dieser Legislaturperiode, der vom Plenum des Bundestages installiert wurde. Zur Aufklärung des Bombardements im afghanischen Kundus am 4. September hat sich der Verteidigungsausschuss selbst zum Untersuchungsgremium erklärt, das bereits zahlreiche Sitzungen absolviert hat.