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Die an der Erzeugung und Nutzung von aus flüssiger Biomasse hergestellter Energie beteiligte Wirtschaft fordert eine Verschiebung der Nachhaltigkeitsstandards für Biostrom und Biokraftstoffe. Das wurde während einer öffentlichen Anhörung des Umweltausschusses unter Vorsitz von Eva Bulling-Schröter (Die Linke) am Mittwoch, 16. Juni 2010, deutlich.
Dr. Klaus-Dieter Schumacher vom Agrar-Handelsunternehmen Toepfer International sprach sich dabei für die von den Koalitionsfraktionen geplante Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) und der Biomassestrom-Nachhaltigkeitsverordnung (17/1750) aus.
Erst ab 1. Januar 2011 soll demnach die Pflicht gelten, zur Stromerzeugung aus flüssiger Biomasse nur als nachhaltig zertifizierte Biomasse zu verwenden, damit der erzeugte Strom nach den Maßgaben des EEG vergütet werden kann. Nach bisheriger Gesetzeslage soll diese Pflicht bereits ab 1. Juli 2010 gelten.
Eine Verschiebung sei "unvermeidbar“, sagte Schumacher und verwies darauf, dass alle Beteiligten "Neuland“ betreten würden und zudem die nötigen Durchführungsbestimmungen erst "in letzer Minute“ erhalten hätten. Die Wirtschaft habe sich zwar darauf vorbereitet, die Ernte 2010 als nachhaltig zu zertifizieren. Es sei jedoch zu "Engpässen“ gekommen, da bis vor kurzem nicht klar gewesen sei, wie und wer zertifiziert werden solle.
Die Zertifizierung sei infolge dessen "schwer angelaufen“, sagte Schumacher und verwies darauf, dass es nur elf anerkannte Zertifizierer gebe, die nur begrenzt Personal zur Verfügung hätten. "Nur wenn es zu einer Verschiebung kommt, wird es möglich sein, nachhaltig zertifizierte Biomasse zur Aufrechterhaltung der bisherigen Biomenge für die Märkte zu beschaffen“, so die Einschätzung Schumachers.
Für die Zertifizierungswirtschaft sei angesichts von 1.500 Unternehmen im Erfassungssektor, 250 Ölmühlen und etwa 4.500 landwirtschaftlichen Betrieben, die stichprobenartig untersucht werden, auch der 1. Januar 2011 ein "ambitioniertes Ziel“, sagte Peter Jürgens von der REDcert GmbH, einer Gesellschaft zur Zertifizierung nachhaltig erzeugter Biomasse.
Es werde alles unternommen, um dies umzusetzen, sagte er. Es gehe dabei jedoch nicht allein um eine Fristeinhaltung, sondern um eine "sorgfältige und mit der gebotenen Ernsthaftigkeit“ vorzunehmende Zertifizierung, um Akzeptanz auf Seiten der Anwender zu schaffen. Das Verfahren dürfe keine "Formalnummer“ werden, forderte Jürgens.
Gegen die geplante Verschiebung sprach sich Martina Fleckenstein von der Umweltschutzorganisation WWF Deutschland aus. Es wäre, so Fleckenstein, schon die zweite Verschiebung, da das EEG ursprünglich zum 1. Januar 2010 in Kraft treten sollte. "Unsere Befürchtung ist, dass wir im November wieder hier sitzen und über eine weitere Verschiebung diskutieren“, sagte sie.
Es sei aus ihrer Sicht auch nicht nachvollziehbar, warum die Industrie sich so überrascht von den Zertifizierungsbemühungen gebe, wo doch schon 2006 von der Politik die Initiative ergriffen worden sei und ein "sehr gutes Zertifizierungssystem entwickelt worden ist“, welches seit Januar 2010 anerkannt sei.
Auf die Situation der "kleinen dezentralen Ölmühlen“ in Deutschland ging Thomas Kaiser vom Institut für Energie- und Umwelttechnik ein. In den letzten Jahren seien 300 von ihnen aufgebaut worden, die ein "Stützelement der Landwirtschaft“ seien. Nur eine davon sei bisher zertifiziert, sagte Kaiser.
Ohnehin rufe bei den Beteiligten der Gedanke Kopfschütteln hervor, Ölmühlen, "die ohne jede Chemie arbeiten“, einer Zertifizierung zu unterziehen. Kaiser plädierte daher für eine "Verschiebung oder eine Sonderstellung“. "Wir erwürgen sonst die kleinen Ölmühlen“, warnte er. Dies wäre schade, weil sie künftig "dringend gebraucht werden“.