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Mit Ausnahme der Linksfraktion stehen alle Fraktionen des Bundestages einer Verlängerung des Bundeswehreinsatzes in Afghanistan im Rahmen des internationalen Isaf-Mandats um ein weiteres Jahr bis Februar 2012 positiv gegenüber. Während der ersten Lesung des von der Bundesregierung vorgelegten Antrages zur Mandatsverlängerung (17/4402) äußerten Redner von SPD- und Grünen-Fraktion am Freitag, 21. Januar 2011, jedoch Kritik am Mandatstext, in dem kein konkretes Datum für den Abzug der ersten deutschen Soldaten genannt ist.
Außenminister Dr. Guido Westerwelle (FDP) verteidigte die im Mandatstext gewählte Formulierung: "Die Bundesregierung ist zuversichtlich, im Zuge der Übergabe der Sicherheitsverantwortung die Präsenz der Bundeswehr ab Ende 2011 reduzieren zu können und wird dabei jeden sicherheitspolitisch vertretbaren Spielraum für eine frühestmögliche Reduzierung nutzen, soweit die Lage dies erlaubt und ohne dadurch unsere Truppen oder die Nachhaltigkeit des Übergabeprozesses zu gefährden.“
Ein solcher Vorbehalt müsse doch selbstverständlich sein, sagte Westerwelle. Schließlich wolle die Bundesregierung einen "unumkehrbaren und nachhaltigen Prozess“ der Übergabe der Verantwortung an die afghanische Regierung bis 2014.
Ein übereilter Abzug wäre verantwortungslos“ befand auch Verteidigungsminister Dr. Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU). "Es würde die jungen afghanischen Sicherheitskräfte überfordern, wenn wir jetzt abziehen würden“, sagte er. Bis 2014 werde es jedoch gelingen, deren Ausbildung konsequent abzuschließen. "Wir sind da voll im Zeitplan“, sagte der Minister.
Er teile im Übrigen die im Mandatstext geäußerte Zuversicht, noch 2011 mit dem Abzug beginnen zu können. "Dafür werden wir alles tun“, sagte zu Guttenberg.
Die Bundesregierung habe durch die unterschiedliche Interpretation des Mandatstextes "provoziert und irritiert“, kritisierte Rolf Mützenich (SPD). Seiner Ansicht nach wäre ein "Abzugsplan mit militärischen Zielen das richtige Signal“. Stattdessen rede der Verteidigungsminister davon, dass ein solcher Abzugsplan leichtfertig sei.
"Wollen Sie wirklich den Bündnispartnern Kanada, den Niederlanden und den USA, die einen solchen Abzugsplan unterstützen, Leichtfertigkeit unterstellen?“, fragte Mützenich den Verteidigungsminister. Dessen Problem ist nach Meinung des SPD-Abgeordneten, dass er Afghanistan nur noch durch eine militärische Brille sehe. Zu Guttenberg sei kein guter Sicherheitspolitiker, da er nur auf den Wegen alter Militärpolitik wandle, sagte Mützenich.
Auch wenn die Bundesregierung in letzter Zeit erkennbar ihr Sprachrepertoire erweitert habe und etwa Verhandlungen mit den Taliban kein Tabu mehr seien, reiche dies nicht aus, sagte Paul Schäfer von der Linksfraktion. Benötigt werde eine geänderte Politik, die sich im Handeln der Regierung jedoch nicht wiederfinde. So werde durch den vorliegenden Antrag der Eindruck erweckt, man verfolge einen genauen Abzugsplan.
Nach 2014 möchte man jedoch lediglich keine Kampftruppen mehr im Lande haben. Wie viele Ausbildungseinheiten etwa bleiben sollen, sei nicht bekannt, kritisierte Schäfer. Da die deutschen Truppen sich im Grunde jetzt schon um die Ausbildung kümmern sollten, könne er keinen Unterschied erkennen. "Ein eindeutiger Abzugsplan sieht anders aus“, befand daher der Abgeordnete der Linksfraktion. Die beste Lösung aber sei ohnehin ein Sofortabzug.
Ein solcher Sofortabzug der internationalen Truppe sei unverantwortlich, sagte hingegen der Grünen-Abgeordnete Dr. Frithjof Schmidt. "Das wäre ein Treibsatz für einen offenen Bürgerkrieg in Afghanistan.“ Dennoch könne er dem Mandatstext nicht zustimmen, angesichts dessen, "was darin steht, aber vor allem, was darin nicht steht“, sagte er.
Seit über einem Jahr werde eine Abzugsperspektive beschworen. Benötigt werde jedoch ein verlässlicher konkreter Plan. "In anderen Ländern geht das doch auch“, befand er. Zugleich kritisierte er die "Salamitaktik“ für mögliche Truppenaufstockungen. Während der Außenminister erklärt habe, eine deutsche Beteiligung an AWACS-Flügen sei "für dieses Jahr vom Tisch“, heiße es aus dem Verteidigungsministerium, im Frühjahr stünde dazu eine erneute Prüfung an.
Diese Mandatsverlängerung sei anders als ihre Vorgänger, sagte der FDP-Abgeordnete Rainer Stinner. Erstmals gebe es eine Perspektive für das Ende des Einsatzes von Kampftruppen. Es sei das Verdienst der Bundesregierung, eine solche Perspektive entwickelt zu haben.
In dem Entwicklungspfad bis Ende 2014 gebe es bestimmte Zwischenstufen. "Wichtig ist aber die Perspektive 2014“, betonte Stinner. Daher sei es falsch, von der Bundesregierung heute zu verlangen, das sie sagen solle, "was sie im September 2013 machen will“. Das wisse derzeit niemand, auch die Opposition nicht, sagte er.
Es gebe derzeit keine Notwendigkeit, dass sich Deutschland mit Personal am AWACS-Einsatz beteilige, sagte Dr. Hans-Peter Friedrich (CDU/CSU). Daher müsse auch nicht über eine Mandatserteilung diskutiert werden. Vielmehr gelte es, auch in der Öffentlichkeit immer wieder daran zu erinnern, warum die Bundeswehr in Afghanistan sei. "Da gilt unverändert das Ziel, das auch zu Zeiten des Grünen-Außenministers Fischer und des SPD-Kanzlers Schröder gegolten hat: Zu vermeiden, dass das Taliban-Regime zurückkommt.“
Friedrich wandte sich gegen die Ansicht, nichts sei gut in Afghanistan. "Es ist vieles gut geworden“, urteilte er und verwies auf den Aufbau zerstörter Schulen und das Recht von Frauen und Mädchen, diese zu besuchen. Auch das sei durch die Präsenz deutscher Soldaten möglich geworden, sagte er. (hau)