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Abgeordnete des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz haben am Donnerstag, 3. Februar 2011, zusammen mit Abgeordneten der französischen Nationalversammlung (Assemblée nationale) und des französischen Senats in Paris eine gemeinsame Position zur Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik der Europäischen Union formuliert. Darin treten die Parlamentarier unter anderem dafür ein, dass die Gemeinsame Agrarpolitik auch nach 2013 vorwigend aus dem EU-Haushalt finanziert werden muss, dass neben die Wettbewerbsfähigkeit auch künftig ein Regulierungsrahmen treten muss, um Landwirte vor außerordentlichen Marktkrisen zu schützen, und dass die Erzeuger gestärkt werden müssten, um in der Nahrungsmittelkette wieder ein Gleichgewicht der Kräfte zu schaffen. Das System der Betriebsprämien solle zu regional einheitlichen Prämienansprüchen je Flächeneinheit weiterentwickelt werden.
Vorausgegangen war eine Fachkonferenz der Parlamentarier unter Vorsitz von Hans-Michael Goldmann (FDP), dem deutschen Ausschussvorsitzenden, und dessen französischem Kollegen. Neben Goldmann gehörten der deutschen Delegation die Abgeordneten Peter Bleser und Marlene Mortler (beide CDU/CSU), Dr. Wilhelm Priesmeier (SPD), Dr. Christel Happach-Kasan (FDP) und Cornelia Behm (Bündnis 90/Die Grünen) an. Die gemeinsame Position im Wortlaut:
"Der Vertrag von Lissabon erkennt die Rolle der nationalen Parlamente für die reibungslose Arbeit der Europäischen Union an. Eine Delegation des französischen und des deutschen Parlaments wollen gemeinsam ihrer Verantwortung gerecht werden und ihre Position zur Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) bekannt geben. Diese Arbeiten der beiden Parlamente liegen auf der Linie der guten deutsch-französischen Zusammenarbeit, die sich auch in der gemeinsamen Position der beiden Regierungen zur Weiterentwicklung der GAP nach 2013 vom 14. September 2010 widerspiegelt. So haben sich am Donnerstag, dem 3. Februar 2011, zum ersten Mal die Delegationen der Assemblée nationale, des Sénat und des Deutschen Bundestages in Paris versammelt, um in Reaktion auf die Mitteilung der Europäischen Kommission vom 18. November 2010 über die Reform der GAP nach 2013 zu beraten.
1. Die Parlamente stellen mit Genugtuung fest, dass das Gewicht und die Legitimität der GAP anerkannt sind. Die Lebensmittel- und die Gesundheitssicherheit sind keineswegs überholte oder nebensächliche Ziele, sondern von strategischer Bedeutung.
2. Die europäische Dynamik in Bezug auf die GAP, insbesondere im Hinblick auf die gemeinsame deutsch-französische Position vom 14. September 2010, ist ein sehr positives Zeichen für die zwölf Millionen europäischer Landwirte, die 500 Millionen europäischer Verbraucher und das europäische Ideal.
3. Im Rahmen der aktuellen Reform soll eine starke und gerechte GAP für eine wettbewerbsfähige und marktorientierte Landwirtschaft gefördert werden, die die Dynamik der ländlichen Gebiete sichert und den positiven Beitrag der Landwirtschaft zum Schutz der Umwelt unterstützt.
4. Die GAP muss eine gemeinsame Politik bleiben, die vorwiegend aus dem Gemeinschaftshaushalt finanziert wird.
1. Eine verstärkte Marktorientierung der GAP erfordert politische und wirtschaftliche Rahmenbedingungen zum Erhalt und zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit. Dies entspricht den Zielsetzungen des Vertrags, der Strategie Europa 2020, und stellt einen Vorteil für die Landwirte dar.
2. Die zunehmende Volatilität der Preise für landwirtschaftliche Erzeugnisse verdeutlicht jedoch, dass die Wettbewerbsfähigkeit alleine nicht die einzige Orientierung sein kann. Die Volatilität macht die Aufrechterhaltung eines Regulierungsrahmens nötig. Diese Mechanismen, die zukünftig genutzt werden, beinhalten ein Sicherheitsnetz, um die Landwirte vor außerordentlichen Marktkrisen zu schützen.
3. Die Wettbewerbsfähigkeit ist ein wichtiges Ziel, allerdings müssen auch die Interessen der Gesellschaft gewahrt werden. Diese liegen in der Stärkung der Beschäftigung, dem Umweltschutz und dem Erhalt der ländlichen Räume. Hierbei leistet die Wettbewerbsfähigkeit einen wichtigen Beitrag.
4. Das Europäische Modell der multifunktionalen Landwirtschaft soll fortgeführt werden. Darin sollen die unterschiedlichen und vielfältigen Formen der Landwirtschaft ihre angemessene Berücksichtigung finden.
1. Die Marktinstrumente müssen zu einem effizienteren Sicherheitsnetz ausgestaltet werden. Die Milchmarktkrise hat klar gezeigt, dass rasche, zeitlich begrenzte Maßnahmen erforderlich werden können. Daher sollten die vorhandenen Instrumente auf Möglichkeiten zur Flexibilisierung und Effizienzsteigerung überprüft werden.
2. Die GAP muss in diesem Sinne ihren Beitrag zur Modernisierung der Managementinstrumente der Betriebe leisten und die Transparenz der Märkte gewährleisten.
3. In diesem Rahmen können auf freiwilliger Basis für die Mitgliedstaaten und Wirtschaftsbeteiligten auch vertragliche Vereinbarungen zwischen den Erzeugern, der Industrie und den Vertriebsunternehmen gefördert und das Gewicht der Erzeuger gestärkt werden, um in Bezug auf die Kräfteverhältnisse in der Nahrungsmittelkette wieder ein Gleichgewicht zu schaffen. Alle diese Maßnahmen müssen jedoch den Charakter der Freiwilligkeit erhalten, dürfen nicht zu Wettbewerbsverzerrungen führen und müssen den Erfordernissen des Binnenmarkts entsprechen.
1. Die Direkthilfen stellen einen wichtigen Beitrag zur Sicherung der Einkommen und zur Risikoabsicherung für die Landwirte dar. Sie sind daher für die meisten Betriebe unerlässlich. Darüber hinaus stellen sie einen Ausgleich für die durch die Gemeinschaftsnormen eingeführten Produktionsmehrkosten dar und tragen dazu bei, die Bereitstellung öffentlicher, für die Gesellschaft nützlicher Güter zu vergüten, die über den Markt nicht honoriert werden.
2. Dabei sollte das System der Betriebsprämien, wie von der Europäischen Kommission vorgeschlagen, bei der betriebsindividuellen Zuweisung der Finanzmittel zu regional einheitlichen Prämienansprüchen je Flächeneinheit weiterentwickelt werden. Das in vielen Mitgliedstaaten angewandte System der historischen Referenzen bei der Zuweisung einzelbetrieblicher Direktzahlungen, lässt sich künftig mit der Zielsetzung der GAP nicht mehr vereinbaren.
3. Bei der Verteilung der Finanzmittel für die GAP auf die Mitgliedstaaten könnte, ausgehend von der derzeitigen Verteilung, eine gewisse Annäherung vorgenommen werden. Sie ist jedoch in jedem Fall schrittweise auszugestalten und muss die Verteilung der Mittel beider Säulen berücksichtigen. Zudem ist den gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen sowie den nachhaltigen Interessen der Mitgliedstaaten im Rahmen des EU-Haushalts Rechnung zu tragen.
4. Eine Vereinfachung der GAP ist unerlässlich. Dieses Ziel muss schon in der Gesamtkonzeption der künftigen GAP berücksichtigt werden. Mit dieser Zielsetzung sind Überlegungen der Kommission zu den aktiven Landwirten, die Berücksichtigung von Arbeitskräften im System der Direktzahlung, die Einführung einer einzelbetrieblichen Obergrenze sowie eine spezielle Unterstützungsregelung für Kleinerzeuger nicht vereinbar.
1. Nahezu die Hälfte der Fläche der EU wird landwirtschaftlich genutzt. Der Gemeinsamen Agrarpolitik kommt deshalb eine Schlüsselfunktion bei der Erfüllung der horizontalen Umweltziele der EU und der öffentlichen Güter zu. Angesichts der umweltpolitischen Herausforderungen (Schutz von Klima, Wasser und Biodiversität) und der Notwendigkeit der Sicherung der natürlichen Produktionsgrundlagen liegt eine optimale Integration der umweltrelevanten Zielsetzungen in die GAP sowohl im Interesse der Gesellschaft in ihrer Gesamtheit als auch der Landwirte.
2. Das "Grünen" der Gemeinsamen Agrarpolitik muss konzeptionell dem notwendigen Bürokratieabbau Rechnung tragen und mit den agrarpolitischen Zielen des Vertrags von Lissabon, für deren Erreichung die Direktzahlungen auch künftig unverzichtbar bleiben, im Einklang stehen.
3. Zusätzliche Umweltleistungen gehören in die zweite Säule, um die ländliche Entwicklung zu sichern; den Mitgliedstaaten und Regionen kann eine große Flexibilität eingeräumt werden bei der Nutzung beider Säulen gemäß ihrer regionalen Interessen. Auch die Idee variabler Kofinanzierungssätze in Abhängigkeit von den umwelt- und gebietsbezogenen Zielsetzungen - wie bei der Kohäsionspolitik - bedarf weiterer Prüfung. Zur Erhöhung der Umweltbeiträge durch die GAP sollte untersucht werden, mit welchen Instrumenten ein verstärkter Anreiz zur Inanspruchnahme einfacher, flächenbezogener Agrarumweltmaßnahmen gegeben werden kann.
1. Eine ehrgeizige GAP ist nur mit einem konsequenten Haushalt vorstellbar. Daher ist es erforderlich, dass die finanzrelevanten Entscheidungen in der GAP im Rahmen der Festlegung des EU-Haushalts getroffen werden. Dabei sind bei der Verteilung der Mittel auf die Mitgliedstaaten neben den Mitteln für die GAP auch die Fördermittel für andere EU-Fonds zu berücksichtigen. Bei den Zuweisungen für die GAP müssen jedoch die Grenzen der Beitragsfähigkeit der Mitgliedstaaten sowie die übrigen Haushaltsprioritäten der Europäischen Union berücksichtigt werden.
2. Wir fordern die Beibehaltung der Haushaltsansätze in ihrer gegenwärtigen Höhe, da dadurch der GAP die notwendigen Mittel zur Verfügung gestellt werden.
3. Diese Aufrechterhaltung könnte durch eine Weiterführung des in der interinstitutionellen Vereinbarung vom 17. Mai 2006 angegebenen durchschnittlichen mehrjährigen Finanzrahmens 2007-2013 erfolgen. Es empfiehlt sich, die jeweiligen Zuordnungen der beiden Säulen auf die Dauer der Programmierung ohne Modulation zwischen den beiden Säulen festzusetzen.
Im Geist des konstruktiven Bündnisses, der die deutsche und die französische Regierung geleitet hat, werden die Delegationen der Parlamente der beiden Länder diese gemeinsame Position den fünfundzwanzig EU-Mitgliedstaaten mitteilen. Je mehr Parlamente ihr zustimmen, umso größer wird der legitime Einfluss der nationalen Parlamente auf die reibungslose Arbeit der Union sein."