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Die Abschiebung an sich werde häufig als „Willkürhandeln“ in der Öffentlichkeit dargestellt, sagte Wilfred Burghardt vom niedersächsischen Innenministerium. Er wies darauf hin, dass eine Abschiebung erst am Ende eines „aufwendigen, langjährigen und mehrfachen Prüfungsverfahrens“ durch die Ausländerbehörden stehe. Innerhalb dieses Verfahrens spielten gesundheitliche Aspekte eine Rolle, darunter auch psychische Erkrankungen. Jedoch gebe es einen „grundlegenden Dissens“ zwischen der juristischen Bewertung einer Krankheit und der ärztlichen Einschätzung. Burghardt betonte, dass die Bundespolizei als Gründe für eine Flugreiseuntauglichkeit zwar unter anderem ansteckende Infektionen, Herz- und Schlaganfälle oder Schwangerschaften nenne, nicht aber psychische Beeinträchtigungen.
Wie Ulrich Clever, Menschenrechtsbeauftragter der Bundesärztekammer und Präsident der Landesärztekammer Baden-Württemberg, betonte, müssen Ärzte laut dem Genfer Gelöbnis ohne Ansehen der Person behandeln und beurteilen. Flugreiseuntersuchungen hätten eine „schwache Basis“, wenn sie sich nur darum drehten, ob eine Person mehrere Stunden in einem Flugzeug verbringen könne. Deutlicher wurde Ernst Girth, Menschenrechtsbeauftragter der Landesärztekammer Hessen: „Wenn sich die Mehrheit der Ärzte ihrer Berufsordnung verpflichtet fühlt und die staatlichen Vorgaben deswegen nicht erfüllen kann, muss sich etwas an den Vorgaben ändern“, sagte er. Zudem kritisierte er, dass die Behörden nur selten ausgebildete Gutachter in Anspruch nähmen.
Michael Kleinhans vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge wies darauf hin, dass es sich bei der Flugreisefähigkeitsuntersuchung deshalb nur um die Reise an sich handele, weil alles andere schon vorher überprüft worden sei. So werde von einer Abschiebung abgesehen, wenn im Zielland „erhebliche Gefahr für Leib, Leben und Freiheit besteht“. Ursula Luding, Ärztin der Bundespolizei, die in dieser Funktion Abschiebungen begleitet, wies darauf hin, dass „keine Rückführung um jeden Preis durchgeführt wird“. So könne sie aus gesundheitlichen Gründen abgebrochen werden.
Die Direktorin des Behandlungszentrums für Folteropfer, Mechthild Wenk-Ansohn, wies darauf hin, dass man zwar die Symptome traumatisierter Patienten lindern könne, das Trauma selbst jedoch bestehen bleibe. Drohe dann die Abschiebung in das Land, in dem der Betroffene etwa die für das Trauma verantwortliche Gewalt erfahren hat, könnten die Symptome wieder zunehmen. Es sei daher wichtig, traumatisierte Flüchtlinge früh zu erkennen, sagte Waltraut Wirtgen vom Beratungszentrum Refugio München. Speziell ausgebildete Ärzte müssten parallel zum Asylverfahren Trauma-Patienten identifizieren, schlug sie vor.
Zwischen 1993 und 2010 hätten sich 160 Flüchtlinge angesichts ihrer drohenden Abschiebung umgebracht oder seien bei dem Versuch, vor der Abschiebung zu fliehen, gestorben, ergänzte Marei Pelzer von Pro Asyl und bezog sich dabei auf Zahlen der „Antirassistischen Initiative“. Unter menschenrechtlichen Gesichtspunkten sei es erschreckend, dass in manchen Fällen eine Suizidgefährdung die Abschiebung nicht verhindere.
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