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Der baupolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Sebastian Körber, lehnt die Pläne von Bundesbauminister Dr. Peter Ramsauer und anderen CSU-Politikern ab, die Eigenheimzulage wieder einzuführen. Diese sei 2006 "aus guten Gründen ausgesetzt worden", sagte Körber in einem am Montag, 4. März 2013, erschienenen Interview mit der Wochenzeitung "Das Parlament". "Wenn man sie jetzt wieder einführt, würde in erster Linie die Bauwirtschaft profitieren, weil diese dann ihre Preise entsprechend anpassen würde". Junge Familien könnten von "bestehenden, guten Instrumenten" wie verbilligten Darlehen der KfW-Bank und dem "Wohn-Riester" sowie dem niedrigen Zinsniveau profitieren, sagt Körber. Das Interview im Wortlaut:
Herr Körber, die Bundesregierung stellt in ihrem Ende letzten Jahres vorgelegten Wohnungswirtschaftsbericht fest: "Aktuell zeichnen sich in einer zunehmenden Zahl von Städten und Regionen lange Zeit nicht mehr bekannte Wohnungsmarktengpässe ab." Kamen denn diese Engpässe so überraschend, wie das jetzt scheint?
Ganz überraschend nicht. Zum Teil kennt man die Nachfrage vorher, die Kommunen haben auch entsprechende Zahlen. Allerdings hat es in den letzten drei, vier Jahren massive Zuzüge etwa in Universitätsstädte und Ballungsräume gegeben.
Was muss die Bundespolitik Ihrer Meinung nach jetzt tun?
Wir müssen an drei wesentlichen Stellschrauben ansetzen. Auf der einen Seite müssen wir alles dazu beitragen, dass Umnutzungen und auch Nachverdichtungen ermöglicht werden. Das tun wir gerade mit einer Novelle des Baugesetzbuches und damit verbunden auch der Baunutzungsverordnung. Planungshoheit hat ja immer die Kommune, aber das verbesserte rechtliche Instrumentarium stellt der Bund damit zur Verfügung. Ein weiteres wichtiges Instrument ist es, die steuerlichen Abschreibungsmöglichkeiten anzupassen. Wir haben ja aktuell zwei Prozent auf 50 Jahre, die man für Abnutzung ansetzen kann. Das muss degressiv angepasst werden, damit man jetzt einen Anreiz für den frei finanzierten Wohnungsbau setzt, mehr zu bauen – begrenzt auf Ballungsräume und Universitätsstädte, wo Knappheit am Markt herrscht. Ein dritter wesentlicher Gedanke ist, dass man nicht nur den Neubau anreizt, sondern gleichzeitig den Menschen bezahlbaren Wohnraum zur Verfügung stellt. Der beste Mieterschutz ist ausreichend bezahlbarer Wohnraum. Dazu müssen wir auch überlegen, mehr von der sogenannten Objektförderung zur Subjektförderung überzugehen, das heißt das Wohngeld anzupassen. Letztlich geht es darum, den Kommunen weniger Geld für die soziale Wohnraumförderung, also Beton, zu geben, sondern es direkt den Menschen zugute kommen zu lassen. Das hätte auch den positiven Effekt, dass man etwa in Stadtteilen der Gentrifizierung entgegentreten kann, weil dann eben nicht sogenannte Sozialwohnungen entstehen.
Zum Thema steuerliche Abschreibung: Ist es rechtlich möglich, diese zu fokussieren auf die Gebiete, in denen wirklich dringender Bedarf ist?
Man kann es natürlich an Indikatoren koppeln. Ein Indikator könnte die Wohnungsknappheit vor Ort sein oder auch die Nachfrage. Das wäre auch wichtig, damit wir keine Fehlanreize setzen, Wohnungen in Gebieten zu bauen, in denen sie keiner braucht.
Zur Überlegung, das Wohngeld zu erhöhen: Da kann man sich schon das Gesicht des Finanzministers vorstellen…
Der Bund gibt über eine halbe Milliarde Euro für soziale Wohnraumförderung an die Länder. Wir sind aufgrund der Föderalismusreform und nach dem Grundgesetz verpflichtet, diese Mittel fortzuschreiben beziehungsweise investiv zu verwenden. Die Höhe ist aber neu zu verhandeln, und da kann ich mir durchaus vorstellen, dass Teile dieser Gelder für ein höheres Wohngeld umgewidmet werden. Ich halte es für sinnvoller, Wohngeldzahlungen zu erhöhen und sie vielleicht auch an Belegrechte zu koppeln. Wenn die Miete darüber heruntersubventioniert ist, kann man in der gesamten Stadtstruktur bezahlbaren Wohnraum zur Verfügung stellen und bindet nicht Geld in Wohnungen. Diese haben auch Folgekosten, sie müssen zum Beispiel instand gehalten werden, und deshalb denke ich, Wohngeld kommt auf Dauer für die Kommunen und den Staat sogar billiger.
Bauminister Peter Ramsauer und andere CSU-Politiker haben ins Gespräch gebracht, die Eigenheimzulage, die 2006 abgeschafft wurde, wieder einzuführen. Halten Sie das für sinnvoll?
Ich glaube, wir setzen mittlerweile viele sinnvolle Anreize, etwa zinsverbilligte Darlehen über die KfW-Bank, "Wohn-Riester", auch etwa die Wohnungsbauprämie und anderes. Deshalb denke ich, wir sollten nicht schon wieder ein neues Instrument einführen, sondern erst mal die bestehenden sinnvoll nutzen. Die Eigenheimzulage ist ja aus guten Gründen ausgesetzt worden. Wenn man sie jetzt wieder einführt, würde in erster Linie die Bauwirtschaft davon profitieren, weil diese dann ihre Preise entsprechend anpassen würde. Deshalb würde ich erst einmal auf die bestehenden, guten Instrumente und auf das ohnehin niedrige Zinsniveau verweisen, von dem insbesondere auch junge Familien profitieren können.
Der Bund besitzt große Grundstücksflächen, auch in Ballungsräumen. Im Moment versucht er, für diese Höchstpreise zu erzielen. Hielten Sie es für sinnvoll, dass der Bund seine Grundstücke für den Wohnungsbau auch günstiger abgibt?
Aktuell sind wir hier leider mit der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA), die alle Immobilientätigkeiten des Bundes zentral verwaltet, an einen Höchstpreis gebunden. So schreibt es das BImA-Gesetz vor. Wenn der Verkehrswert am Markt nicht zu erzielen ist, darf die BImA nicht verkaufen. Ich glaube nicht, dass diese Behörde den Verkauf von Liegenschaften des Bundes übernehmen soll. Der Immobilienmakler vor Ort weiß viel besser, was ein Grundstück oder ein Reihenhaus wert ist. Es stecken noch zirka 48.000 Wohnungen in der BImA und viele zum Teil kleine Grundstücke, die über das ganze Bundesgebiet verstreut sind. Diese müssten viel schneller auf den Markt gebracht werden. Es kommt hier auf die Geschwindigkeit an.
Selbst wenn jetzt der Wohnungsbau in den Ballungszentren in Gang kommt, wird es noch etliche Jahre dauern, bis die Bedarfslücke gedeckt ist. Nun gibt es Forderungen aus der Opposition, das Mietrecht zu ändern, um die Mieter vor zu starken Mieterhöhungen zu schützen. Was halten Sie davon?
Ich halte davon gar nichts. Das ist ein Investitionsverhinderungsprogramm. Das grundsätzliche Problem ist: Wenn ich im ländlichen Raum ortsüblich eine Vergleichsmiete von sechs Euro habe, dann würde der Oppositionsvorschlag der SPD eine Miete von 6,60 Euro zulassen. Wenn ich jetzt aber – und das ist ein Beispiel von einer kommunalen Wohnungsbaugesellschaft aus Bamberg – die ganz normalen Baustandards erfülle, dann brauche ich vielleicht acht Euro Miete zur Refinanzierung. Darunter können Sie heute kaum noch alle Standards einhalten. Das würde bedeuten: Niemand baut mehr, niemand saniert etwas. Deshalb stehen diese Forderungen ja allein schon im Kontrast zu der Forderung nach mehr barrierefreiem Wohnraum, der sehr aufwendig und kostenintensiv sein kann, und auch nach hohen energetischen Vorschriften. Der Wohnungsbau, der glücklicherweise die letzten 14, 15 Monate einen deutlichen Auftrieb bekommen hat, würde dann komplett wieder einbrechen.
Im Rahmen der Energiewende will die Bundesregierung jetzt die Energieeinsparung bei Gebäuden forcieren, um so den Ausstoß von Treibhausgasen zu verringern. Sollte man hier, solange es solche Wohnungsengpässe gibt, einen Gang zurückschalten?
Ich halte von den Vorschlägen der Ministerien mit einer 25-prozentigen Verschärfung für den Neubau nicht sehr viel. Sie ist kontraproduktiv, sie treibt die Baukosten um fünf, sechs, sieben Prozent nach oben. Das trifft natürlich den privaten kleinen Häuslebauer, der sein Reihenhaus oder kleines Einfamilienhaus errichtet, sehr massiv. Und im Geschoßwohnungsbau führt es zwangsweise zu höheren Mieten. Für mich als Liberaler hat das Wirtschaftlichkeitsgebot oberste Priorität.
(pst/04.03.2013)