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Vor allem innere parlamentarische Angelegenheiten beschäftigen den Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung. Drei Aufgaben sind dabei zentral: Nach Bundestagswahlen und Europawahlen ist der Ausschuss Ansprechpartner für eventuelle Einsprüche gegen den Ablauf der jeweiligen Wahl. Zweitens wacht er über die Immunität der Abgeordneten, die sie vor ungerechtfertigter Strafverfolgung schützen und Funktionsfähigkeit sowie Ansehen des Parlaments wahren soll.
Schließlich ist der Ausschuss quasi als Schiedsrichter im parlamentarischen Betrieb für die Auslegung und Änderung der Geschäftsordnung zuständig. Er erarbeitet Lösungen bei Konflikten im Plenum und in den Ausschüssen.
Was die wenigsten außerhalb des parlamentarischen Betriebes aber wissen: Eigentlich verstecken sich im Gewand des Ausschusses zwei Ausschüsse, die sogar teilweise unterschiedliche Mitglieder haben. Der Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung gehört zu den 22 ständigen Ausschüssen des Bundestages und wird aufgrund seiner besonderen Zuständigkeiten auch "1. Ausschuss" genannt.
In der laufenden 17. Wahlperiode besteht er aus 13 Mitgliedern, die von den Fraktionen nach Proporz benannt wurden. Derzeit gehören ihm damit fünf Parlamentarier der CDU/CSU-Fraktion an, drei der SPD und zwei der FDP. Auch Die Linke stellt zwei Mitglieder, Bündnis 90/Die Grünen stellen einen.
Daneben existiert aber noch ein Wahlprüfungsausschuss – trotz der Namensähnlichkeit nicht zu verwechseln mit dem 1. Ausschuss –, der für die Prüfung von Einsprüchen gegen den Ablauf von Wahlen zu Beginn einer jeden Legislaturperiode neu eingerichtet wird.
Anders als die Mitglieder des 1. Ausschusses werden die neun Mitglieder des Wahlprüfungsausschusses direkt vom Plenum gewählt. Dabei kommt es durchaus vor, dass einige Abgeordnete nicht gleichzeitig beiden Ausschüssen angehören.
So ist etwa Volker Beck (Grüne) im 1. Ausschuss Mitglied, nicht aber im Wahlprüfungsausschuss. Dort wird seine Fraktion von Josef Winkler vertreten. Derzeit sind vier Unionsabgeordnete, zwei Sozialdemokraten und jeweils ein Abgeordneter von FDP, Linksfraktion und Bündnis 90/Die Grünen Mitglied im Wahlprüfungsausschuss.
Diese Aufteilung in zwei Ausschüsse mag verwirrend wirken, ist aber in der Praxis unproblematisch. Schließlich haben die Ausschüsse unterschiedliche Aufgaben – der 1. Ausschuss berät Geschäftsordnungsfragen und Immunitätsangelegenheiten, der Wahlprüfungsausschuss Beschwerden gegen Bundestags- und Europawahlen. Auch die Sitzungen finden getrennt statt. Grundsätzlich gilt: Bei Bedarf wird getagt, üblicherweise donnerstags im Paul-Löbe-Haus des Bundestages.
Vorsitzender beider Ausschüsse ist Thomas Strobl. Der 53-jährige CDU-Abgeordnete aus Heilbronn leitete bereits in der vergangenen Wahlperiode die Sitzungen der beiden Gremien. Wie er, der Rechtsanwalt von Beruf ist, verfügen auffällig viele Mitglieder des 1. Ausschusses über einen juristischen Hintergrund. Sieben von 13 Mitgliedern haben zuvor Rechtwissenschaften studiert, teils dann als Anwalt oder Richter gearbeitet.
Doch Voraussetzung für die Mitarbeit im Ausschuss ist natürlich ein Jurastudium nicht. "Als Abgeordnete sind wir Repräsentanten des Volkes, und das besteht – Gott sei Dank – auch nicht nur aus Juristen", sagt Strobl. Die entscheidende Voraussetzung für die Arbeit im Bundestag sei nicht ein bestimmter Beruf: "Wenngleich aber juristische Kenntnisse bei der Arbeit im Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung auch nicht schaden können."
Wie ein rechtswissenschaftliches Seminar sollte man sich die Sitzungen dennoch nicht vorstellen. Natürlich werde diskutiert, allerdings "eher ergebnisbezogen als parteipolitisch". Der Ausschuss sei bemüht, seine Beschlüsse im Konsens zu fassen, so der Vorsitzende.
Weil sich aber der 1. Ausschuss mit Themen beschäftigt, die die innere Ordnung des Parlaments betreffen, macht er auch nicht in dem Maß Schlagzeilen wie andere Ausschüsse – der Finanzausschuss oder der Arbeits- und Sozialausschuss etwa.
Dass die Ausschussarbeit aufgrund dieses Arbeitsschwerpunktes eher weniger in der breiten Öffentlichkeit als in Expertenkreisen wahrgenommen wird, stört Strobl wenig: "Unser Ausschuss erledigt kein Massengeschäft." Dennoch hätten Entscheidungen in Immunitätsangelegenheiten bereits – unbeabsichtigt – zu erheblicher Medienresonanz geführt.
Ebenso wie die Immunitätsverfahren gehört auch die Überprüfung von Abgeordneten auf eine Stasi-Mitarbeit zu den heikleren Aufgaben des Ausschusses, die seine Mitglieder zu besonderer Diskretion verpflichtet. Hierbei geht es darum, Abgeordnete – entweder auf eigenen Antrag hin oder bei entsprechenden Anhaltspunkten auch gegen ihren Willen – auf eine Mitarbeit oder politische Verantwortung für den Staatssicherheitsdienst der ehemaligen DDR zu überprüfen.
Verständlich, dass die Sitzungen des 1. Ausschusses deshalb unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden. "Angesichts des teilweise brisanten Materials geht das gar nicht anders", erklärt Strobl.
Dass aber der Ausschuss insgesamt den Ruf hat, im Verborgenen zu arbeiten, kann Strobl nicht ganz verstehen. "Sicher, man nennt uns manchmal die Dunkelkammer des Bundestages", scherzt er. Doch diesen Titel trage das Gremium zu Unrecht.
Zwar tage es stets nichtöffentlich, aber mit ‚Geheimniskrämerei’ habe dies nichts zu tun. Schließlich ließen auch die anderen ständigen Bundestagsausschüsse nur in Einzelfällen die Öffentlichkeit zu Sitzungen zu. Und noch ein weiteres Argument gegen die vermeintliche Geheimniskrämerei hat Strobl parat: "Alle unsere Beschlussempfehlungen an das Bundestagsplenum sind öffentlich zugänglich."
Das gilt auch für den Wahlprüfungsausschuss, der sich mit der Überprüfung der Bundestagswahlen zu befassen hat. Gegen die Wahl vor vier Jahren hatte es 163 Einsprüche gegeben – vor allem von Parteien und Gruppierungen, deren Landeslisten nicht zugelassen wurden oder die aufgrund der fehlenden Parteieigenschaft gar nicht an der Wahl teilnehmen konnten. Aber auch gegen die Briefwahl und oder die Identitätskontrollen im Wahllokal hatte es Beschwerden gegeben.
"Viele Wahleinsprüche betreffen komplizierte Fragestellungen, und wir müssen alle mit großer Sorgfalt prüfen", erklärt Strobl. Dazu gehöre auch, die Einsprüche der Bürger an den jeweiligen Kreis- und Landeswahlleiter oder den Bundeswahlleiter für eine Stellungnahme zu senden. Diese werde dann an den jeweiligen Beschwerdeführer übersandt, um ihm Gelegenheit zur Gegenäußerung zu geben. "Ein zeitaufwendiges Verfahren", gibt Strobl zu. Aber ein notwendiges. (sas/24.05.2013)