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Manipulationen an Wartelisten von Empfängern von Organspenden sind künftig strafbar. Das hat der Bundestag am Freitag, 14. Juni 2013, beschlossen. In einem Omnisbusverfahren stimmten die Abgeordneten mit den Stimmen von Koalition und Bündnis 90/Die Grünen bei Enthaltung der SPD und der Linksfraktion einem Gesetzentwurf der Regierung zur Verringerung der Säumniszuschläge in der Krankenversicherung (17/13079). Die Regelungen zur Organspende waren diesem Gesetz über einen Änderungsantrag hinzugefügt worden.
Mit dem "Gesetz zur Beseitigung sozialer Überforderung bei Beitragsschulden in der Krankenversicherung" werden die Säumniszinsen für Beitragsschuldner in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) von bislang fünf auf künftig ein Prozent gesenkt.
Zudem wird es einen Notlagentarif in der privaten Krankenversicherung für diejenigen Versicherten geben, die ihren regulären Beitrag nicht zahlen können. Ebenfalls beschlossen wurde ein Zuschuss an die Krankenhäuser von insgesamt 1,1 Milliarden Euro für dieses und das kommende Jahr.
Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) sagte, mit der Einführung einer Versicherungspflicht habe die Große Koalition "Wucherzinsen" eingeführt, die dazu geführt hätten, dass einige Versicherte "Schuldenberge" angehäuft hätten. Mit der jetzigen Regelung mache man "einen Schnitt", der es Menschen erlaube, in die Krankenversicherung zurückzukehren.
Mit dem "Versorgungszuschlag" an die Krankenhäuser werde der Arbeitsverdichtung für die Beschäftigten Rechnung getragen. Er habe die "klare Erwartung", dass das Geld für die Einstellung von Pflegepersonal genutzt werde, sagte Bahr.
Für die Unionsfraktion betonte Johannes Singhammer, mit dem Geld für die Krankenhäuser werde sich die Pflege- und Versorgungssicherheit erhöhen. Gabriele Molitor (FDP) betonte, mit der Änderung des Transplantationsgesetzes werde auch mehr Rechtssicherheit für Ärzte geschaffen.
Der Rückgang der Transplantationen liege auch an einer "Verunsicherung der Ärzteschaft". Molitor sagte, sie hoffe, dass Angehörige künftig wieder häufiger von Ärzten auf die Möglichkeit der Organspende angesprochen würden.
Die Regelung zur Organspende, so der gesundheitspolitische Sprecher der SPD-Fraktion Prof. Dr. Karl Lauterbach, sei der Grund, warum seine Fraktion nicht gegen das Gesetz stimme, sondern sich enthalten werde. Mit dem "kurzfristigen Erlass" der Beitragsschulden in der Krankenversicherung werde nur ein momentaner Schnitt gemacht: Menschen, deren Rente die Beiträge nicht abdecke, könnten zwar formal in die Versicherung zurückkehren, stünden aber bald wieder vor dem gleichen Problem.
Die Koalition dränge Menschen in eine "unwürdige amerikanische Notfallbehandlung". Sie solle ihnen die Wahl lassen; dann würden sie sich für die Bürgerversicherung entscheiden.
Für Die Linke beklagte Kathrin Vogler, der Notlagentarif in der privaten Krankenversicherung sei nur eine "minimale Lösung". Weil dabei die Altersrückständer der Versicherten verbraucht würden, hätten diese keine Chance, jemals wieder in den regulären Tarif zu wechseln, weil ihre Prämien "unbezahlbar" würden.
Auch ihre Fraktion werde sich enthalten, weil sie das Vorhaben unterstütze, Manipulationen an Organempfängerlisten unter Strafe zu stellen.
Die gesundheitspolitische Sprecherin von Bündnis 90/Die Grünen, Birgitt Bender, sagte, die Beitragsschulden seien eine "Erblast der Großen Koalition" und es sei "überfällig", dieses Problem zu lösen. Der FDP warf Bender vor, "Klientelpolitik" zu betreiben, in dem sie die private Krankenversicherung schütze, in dem sie die Wahltarife der GVK "de facto platt" mache.
Auch im Bereich der Krankenhäuser müsse der "Zick-Zack-Kurs" von Schwarz-Gelb angesprochen werden: Erst habe man ständig an den Kliniken gespart, nun gebe es einen "Geldsegen mit der Gießkanne".
Anträge der SPD und der Linken zu Beitragsschulden und privater Krankenversicherung (17/12069, 17/10119, 17/5524) wurden mit den Stimmen der Koalition abgelehnt. Damit folgten die Abgeordneten der Beschlussempfehlung des Gesundheitsausschusses (17/13974). (suk/14.06.2013)