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Das Amt des Alterspräsidenten ist parlamentarische Tradition und Teil der Geschäftsordnung des Bundestages. Ein Amt von hoher Würde, aber nur von kurzer Dauer. Es hat sich nach traditioneller Praxis mit der Wahl des neuen Bundestagspräsidenten erschöpft. Obwohl er nicht in sein Amt gewählt wird, sondern in seiner Eigenschaft als ältester Abgeordneter zu dieser Ehre kommt, ist es anerkannte Tradition, dass der Alterspräsident die erste Rede vor dem Plenum hält. Bisher haben alle Alterspräsidenten der Bundesrepublik von dieser Tradition Gebrauch gemacht und dabei eigene Akzente gesetzt.
Prof. Dr. Heinz Riesenhuber (CDU/CSU) eröffnet am 27. Oktober 2009 die konstituierende Sitzung des 17. Deutschen Bundestages. Der zwölfte Alterspräsident des Parlaments seit 1949 spricht über aktuelle politische Themen und über ethisches Handeln unter den Abgeordneten. Dabei kann der allen als "Mann mit der Fliege" bekannte CDU-Abgeordnete auf mehr als drei Jahrzehnte Parlamentserfahrung zurückgreifen.
1976 wird der promovierte Chemiker und studierte Volkswirt zum ersten Mal in den Deutschen Bundestag gewählt. Vier Jahre später wird er energiepolitischer Sprecher der Unionsfraktion. Eigentlich wollte der CDU-Politiker spätestens nach weiteren vier Jahren zurück in die Wirtschaft. Doch 1982 beruft ihn der gerade gewählte Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl als Bundesminister für Forschung und Technologie in sein Kabinett.
Zehn Jahre bleibt er in diesem Amt. In dieser Zeit entwickelt sich auch die Fliege zu seinem Markenzeichen. In der ersten Regierung Kohl sitzt der damals 46-Jährige als jüngster Minister am Kabinettstisch. Im Rahmen der Kabinettsumbildung scheidet der Hesse 1993 aus der Regierung Kohls aus, um im Kabinett den regionalen Proporz in der Union zu wahren.
Riesenhuber bleibt im Parlament und engagiert sich weiterhin in den Bereichen Wissenschaft, Politik und Wirtschaft. Der Wirtschaftsfachmann ist Mitglied im Ausschuss für Wirtschaft und Technologie. Ein Präsidentenamt übt Riesenhuber bereits aus. Seit 2006 leitet er die Parlamentarische Gesellschaft, den Zusammenschluss der Bundestagsabgeordneten.
Seine neue Aufgabe als Alterspräsident kommentiert der 73-Jährige: "Es ist eine etwas überraschende Erfahrung für mich, im Kabinett Helmut Kohl war ich ja lange Zeit der Jüngste." Der in seinem Wahlkreis Main-Taunus direkt gewählte Abgeordnete erinnert die Volksvertreter an ihren gemeinsamen Auftrag, "den Nutzen des deutschen Volkes zu mehren, Schaden von ihm zu wenden und nach unserem Gewissen zu entscheiden".
Um dies zu erreichen fordert er von den Abgeordneten eine offene Debattenkultur. Zur Arbeit im Parlament gehöre die Achtung vor jedem Kollegen und seiner Meinung, die Fähigkeit, Kompromisse zu prüfen, Entscheidungen zu fällen und diese voranzutreiben, fügt er hinzu.
Der Wirtschaftsfachmann warnt vor einer Wiederholung der Finanzkrise und fordert neue Rahmenbedingungen zu setzen, "sodass uns eine solche Krise nicht mehr passiert". Bei den Debatten über Bankenaufsicht, Eigenkapitalunterlegung, Managergehälter oder eine europäische Ratingagentur müsse der Blick weit über Deutschland und Europa hinausgehen.
Der Rahmen für die Märkte müsse weltweit gültig sein: "Der Rahmen muss fest sein, aber der Freiraum muss reichen." Die Banken müssten auch eigene Entscheidungen treffen, die dauerhafte Stabilität garantierten, fügt er ergänzend hinzu: "Die Ethik reicht immer weiter als das Gesetz".
Zuversichtlich schließt er seine Ansprache damit, dass es auch in schwierigen Zeiten möglich sei, den an die gewählten Volksvertreter gestellten Auftrag zu erfüllen.
Bei der Bundestagswahl 2013 erringt der nun 77-Jährige Riesenhuber wieder ein Direktmandat in seinem Wahlkreis Main-Taunus und wird auch die konstituierende Sitzung des 18. Deutschen Bundestages am 22. Oktober 2013 als Alterspräsident eröffnen. (klz/09.10.2013)