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Die Frauenquote soll nach dem Willen der SPD bei mindestens 40 Prozent liegen. © picture-alliance / Jan Haas
Frauenquote ja oder nein – mit dieser Frage beschäftigt sich das Bundestagsplenum am Freitag, 9. März 2012, in einer 90-minütigen Debatte ab 9 Uhr. Anlass ist ein Gesetzentwurf der SPD zur Förderung der Chancengleichheit von Männern und Frauen in Wirtschaftsunternehmen (17/8878). Ziel des Entwurfs sei die Umsetzung des Antrags der Fraktion "Quotenregelung für Aufsichtsräte und Vorstände gesetzlich festschreiben" (17/4683). Darin hatte die Fraktion eine Frauenquote von mindestens 40 Prozent in den Aufsichtsräten von börsennotierten und der Mitbestimmung unterliegenden Unternehmen gefordert. Die Fraktion betont, dass die Quote ausschließlich für neu zu besetzende Positionen gelten solle. Eine Umbesetzung bestehender beziehungsweise besetzter Positionen in Aufsichtsrat oder Vorstand wolle sie nicht verlangen.
Der Gesetzentwurf gibt vor, dass Vorstands- und Aufsichtsratspositionen nur soweit besetzt werden dürfen, "wie es die Quote hergibt". "Notfalls", so heißt es weiter, "müssen die Plätze für das unterrepräsentierte Geschlecht frei bleiben (freie Stühle). Die freien Stühle werden maximal ein Jahr toleriert, dann muss die Quotenvorgabe erfüllt werden". Andernfalls solle der Aufsichtsrat seine Beschlussfähigkeit und der Vorstand seine passive Vertretungsmacht verlieren, "die dann auf den Aufsichtsrat übergeht".
Von diesem Konzept versprechen sich die Sozialdemokraten eine "selbstregulierende Wirkung in besonderer Weise". Sowohl die Arbeitnehmerbank als auch die Aktionärsbank müssten die Quote erfüllen. "Wer dies nicht tut, dessen Plätze bleiben frei und verschaffen dadurch der anderen Seite ein entsprechend größeres Gewicht. Das wird jede Seite vermeiden wollen", argumentiert die SPD-Fraktion.
Die quotengerechte Besetzung von Führungspositionen soll nach den Vorstellungen der Fraktion in einem mehrstufigen System erfolgen: Für Aufsichtsräte solle eine erste Stufe ab dem kommenden Jahr von insgesamt 30 Prozent pro Geschlecht gelten. Die zweite und finale Stufe mit einer 40-prozentigen Besetzung durch Frauen dann ab 2015. Für Vorstände solle die gleiche zweistufige Regelung gelten, allerdings fordert die Fraktion hier lediglich einen Frauenanteil von 20 Prozent im Jahr 2012. Bis zum Jahr 2015 müssten aber auch Vorstände die Frauenquote von 40 Prozent erfüllen.
Bereits am 29. Februar hatte sich der Rechtsausschuss des Bundestag mit dieser Thematik beschäftigt und einen Antrag der Fraktion Die Linke (17/4842) abgelehnt. Darin forderte die antragstellende Fraktion – ebenso wie die SPD – eine gesetzliche Regelung für die paritätische Besetzung von Führungspositionen in der Wirtschaft. Die Fraktion begründet ihre Initiative damit, dass solche Positionen in Deutschland nach wie vor von Männern dominiert würden. Besonders sei das an den Schnittstellen der Entscheidungen in Politik und Wirtschaft zu beobachten.
Mehrere Bundesregierungen hätten versucht, die Unternehmen zu einer freiwilligen Erhöhung des Frauenanteils in Führungspositionen in der Wirtschaft zu bewegen und seien damit gescheitert. "Besonderes hartnäckig ist die Verweigerungshaltung bei der geschlechtergerechten Besetzung von Vorständen und Aufsichtsräten", schreibt Die Linke in ihrem Antrag. Deshalb sei jetzt der Gesetzgeber gefordert. "Klare Quotenregelungen" müssten die "fortdauernde Verletzung" des im Grundgesetz festgeschriebenen Gleichheitsgrundsatzes unterbinden.
Nach Auffassung der Linksfraktion widerspricht "die fehlende paritätische Besetzung von Vorständen und Aufsichtsräten der Privatwirtschaft durch Frauen und Männer" dem Gleichstellungsauftrag des Grundgesetzes und sei undemokratisch. Binnen zehn Jahren, so die Forderung der Fraktion, sollen 50 Prozent der Führungspositionen von Frauen besetzt sein. Bei der Abstimmung über den Antrag hatte sich die SPD enthalten. Union, FDP und Bündnis 90/Die Grünen lehnten ihn ab.
Die Forderung nach einer Frauenquote beschäftigt den Bundestag und insbesondere den Rechtsausschuss bereits seit geraumer Zeit. Vor fast einem Jahr hatte der Ausschuss – gemeinsam mit dem Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend – Experten zu diesem Thema befragt, die sich mehrheitlich für die Einführung einer solchen Frauenquote aussprachen. Die SPD-Fraktion hatte schon damals in ihrem Antrag (17/4683) - wie auch Bündnis 90/Die Grünen (17/3296) - ihre 40-Prozent-Forderung erhoben. (ver)