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Spieleautomaten in Spielhallen und Gaststätten müssen stärker kontrolliert werden. Wie die meisten Experten während der öffentlichen Anhörung im Gesundheitsausschuss unter Vorsitz von Dr. Carola Reimann (SPD) am Mittwoch, 21. März 2012, betonten, hätten Automaten einen hohen Suchtfaktor. Ein Großteil der Spielsüchtigen verliere ihr Geld an diesen Geräten. Dr. Tilmann Becker, Professor an der Forschungsstelle Glücksspiel der Universität Hohenheim, sprach sich für eine Spieler-Sperrdatei auch für Geldspielautomaten aus. Süchtige könnten sich freiwillig eintragen lassen und würden dann am Spiel gehindert. Allerdings müsse es möglich sein, sich begrenzt sperren zu lassen. „Ich denke an eine Mindestsperre von einem Jahr, und jeder Spieler kann darüber hinaus wählen, wie lange er sich sperren lässt.“ Darüber hinaus müsse jeder Spieler eine persönliche Identifikationskarte für Automaten erhalten.
Auch Ilona Füchtenschnieder von der Landesfachstelle Glücksspielsucht in Nordrhein-Westfalen sprach sich für eine Sperrdatenbank aus, die sowohl für jeden Spielort gilt, also sowohl Spielbanken als auch Spielhallen und Gaststätten. Sie plädierte zudem dafür, Automaten ausschließlich in stark kontrollierten Casinos aufzustellen.
„Gastronomische Betriebe sind aus meiner Erfahrung heraus überfordert mit der Kontrolle. Sie haben zu wenig Personal dafür, außerdem sind die Geräte häufig so aufgestellt, dass sie nicht einsehbar sind“, sagte Füchtenschnieder.
Die SPD spricht in ihrem Antrag (17/6338), der der Anhörung zugrunde lag, von hochgerechnet rund 500.000 pathologischen Glücksspielern und rund 800.000 problematischen Spielern in Deutschland. Die Sozialdemokraten bezeichnen Geldspielautomaten unter Berufung auf das Projekt „Pathologisches Glücksspielen und Epidemiologie“ (PAGE) als „Suchtfaktor Nummer 1“.
Meike Lukat, Kriminalhauptkommissarin aus Düsseldorf, bemängelte die Zulassung der Geräte durch die Physikalisch-Technische Bundesanstalt. Für die Bekämpfung von Steuerhinterziehung und Geldwäsche durch die Betreiber der Automaten sei es notwendig, etwa Gewinne und Verluste der Geräte zu kontrollieren. Nach derzeitigem Stand könnten Betreiber diese Daten leicht manipulieren.
Der Vorsitzende des Verbandes der Deutschen Automatenindustrie, Paul Gauselmann, betonte, ein Großteil der Branche engagiere sich bereits, etwa für den Jugendschutz. „Wir leiden als Branche unter zehn Prozent schwarzen Schafen“, sagte Gauselmann. Und: „Es gibt in Deutschland keine Nachweise, dass der Jugendschutz in Spielhallen nicht eingehalten wird.“ Auch dränge der Verband darauf, dass die Physikalisch-Technische Bundesanstalt nur Geräte freigebe, die nicht zu manipulieren seien.
Er sprach sich für eine „Entsperrungskarte“ aus, die die Kunden vom Kneipenwirt oder vom Aufsichtspersonal erhalten müssten, um an den Geräten zu spielen. „Der Wirt hat dann die Gesichtskontrolle“ und könne den Ausweis des Gastes verlangen, wenn er das Alter kontrollieren wolle. (ske)