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Erleichterung über den Wahlausgang in den USA und die Überzeugung, dass die transatlantische Zusammenarbeit kein Relikt des Kalten Krieges sind: Zwei Tage nach den US-Wahlen bestand am Donnerstag, 8. November 2012, im Bundestag in der Debatte zu den transatlantischen Beziehungen in vielen Punkten Einigkeit. Und auch wenn die Fraktionen von Union, FDP und Die Linke den zugrunde liegenden Antrag der SPD-Fraktion (17/9728, 17/10169) zur Neubelebung und "dringend notwendigen" Stärkung der transatlantischen Beziehungen ablehnten, hinderte es ihre Vertreter nicht daran, dem überzeugten "Atlantiker" Hans-Ulrich Klose (SPD), der zur nächsten Bundestagswahl nicht mehr antreten wird, für sein langjähriges Engagement zu danken.
Der außenpolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Dr. Rainer Stinner, bezeichnete die These eines "Western Decline" dies- und jenseits des Atlantiks, also eines Abstiegs des Westens, als "Zerrbild". Weder befinde sich Europa im Abstieg, das im Gegenteil für viele Regionen der Welt sogar ein Modell und Vorbild sei, noch die USA, die nach wie vor nicht nur die besten Studenten der Welt anlockten, sondern zum Beispiel die neuen Kommunikationsindustrien entscheidend prägten.
Die Wiederwahl Barack Obamas sei ein "positives Zeichen", auch weil er das Prinzip der internationalen Kooperation wieder stärkere Aufmerksamkeit widme als sein Vorgänger George W. Bush. Ein anderer Wahlausgang "hätte es uns wesentlich schwerer gemacht" auf den Feldern Abrüstung und Klimaschutz voranzukommen, sagte Stinner und ergänzte: Europa bleibe auch in Zukunft aus US-Sicht der "natürliche Partner".
Auch der außenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Philipp Mißfelder, korrigierte das Bild des Abstiegs: Ob "Amazon" oder "Facebook" – die großen Neuerungen kämen aus Amerika und zeugten von dessen Innovationskraft. Mißfelder erinnerte daran, welche Probleme entstehen, wenn die USA ihre Rolle als "Weltpolizei" nicht oder weniger entschlossen wahrnehmen.
Das Beispiel Syriens zeige, dass die Vereinten Nationen mit der Blockade im Sicherheitsrat in dieser Rolle eher "ein Totalausfall" seien, den Menschen in Syrien mit ihrem Leben zu bezahlen hätten. Gerade die Amerikaner würden erwarten, dass die europäischen Nato-Partner im Sinne eines "Pooling und Sharing" künftig mehr Verantwortung in Sicherheitsfragen übernehmen. Er glaube allerdings nicht, dass hierzulande alle dafür schon bereit sind, sagte Mißfelder.
Hans-Ulrich Klose (SPD) sprach von "ideologischen Kopfschmerzen", die der Aufstieg Chinas als Ein-Parteien-Herrschaft manchem im Westen bereite. Allerdings sehe er gar keinen Anlass für Zweifel an Amerikas Führungsposition; das Land verfüge über große Energievorräte, habe keine relevanten Feinde in der Nachbarschaft, verfüge über ein hohes Innovationspotenzial und biete mit seiner freiheitlichen Verfassung die Möglichkeit zum individuellen Aufstieg, was nicht zuletzt die Attraktivität der USA für Zuwanderer aus aller Welt ausmache.
Klose betonte, dass die Hinwendung der USA zum pazifischen Raum keine Abwendung von der transatlantischen Partnerschaft bedeute. Sie liege auch in Europas Interesse, weil es dort als Ordnungsmacht nicht auftreten könne. Vor allem das exportorientierte Deutschland sei an "berechenbaren Verhältnissen" in Ostasien interessiert. Allerdings fordere die USA, dass die europäischen Partner künftig mehr Verantwortung übernehmen. "Europa braucht mehr Gemeinsamkeit und mehr Entschlossenheit, um ein relevanter Partner zu bleiben oder zu werden", sagte Klose.
Stefan Liebich (Die Linke) nannte Barack Obama die "bessere Alternative" – trotz vieler Versprechen, die er nicht eingelöst habe und trotz der Verletzungen internationalen Rechts etwa durch den Einsatz bewaffneter Drohnen.
Liebich plädierte für eine Neubegründung der transatlantischen Partnerschaft, in deren Rahmen "mutige Abrüstungsschritte" getan und Rüstungsexporte in Krisengebiete geächtet würden, gemeinsam die Finanzmärkte reguliert würden und die Zwei-Staaten-Lösung für Israel und Palästina Gestalt annehme.
Die außenpolitische Sprecherin der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Kerstin Müller, nannte Obama einen "Ausnahmepräsidenten", nicht weil er als erster Afroamerikaner in diesem Amt ein modernes und liberales Amerika verkörpere, sondern weil unter seiner Präsidentschaft die Politik über das Militärische wieder die Oberhand gewonnen habe.
Seine größte Leistung sei die "Einsicht in die Grenzen der amerikanischen Macht", seine Hinwendung zum "Multilateralismus aus Einsicht in die Notwendigkeit", sagte Müller. (ahe/08.11.2012)