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Entwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) muss erstmals Kürzungen für seinen Etat hinnehmen. Statt der im Regierungsentwurf (17/10200, 17/10202) vorgesehenen moderaten Erhöhung um 37,5 Millionen Euro gegenüber 2012 hat der Haushaltsausschuss bei seiner Bereinigungssitzung den Rotstift angesetzt: Das Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) soll demnach mit rund 124 Millionen Euro weniger auskommen als im Regierungsentwurf vorgesehen, das wären 87 Millionen Euro weniger als im Haushaltsjahr 2012. Niebels Haushalt würde damit im kommenden Jahr knapp 6,3 Milliarden Euro umfassen. Am Mittwoch, 21. November 2012, berät der Bundestag ab etwa 18.25 Uhr in einer auf anderthalb Stunden angesetzten Debatte abschließend über den Etat des BMZ.
Die Sitzung wird live im Parlamentsfernsehen, im Internet auf www.bundestag.de und auf mobilen Endgeräten übertragen.
Schwerpunkte dürften neben den genannten Kürzungen das Thema der Armutsbekämpfung und die Millenniumsziele der Vereinten Nationen sein, nach denen sich Deutschland verpflichtet hat, bis zum Jahre 2015 mindestens 0,7 Prozent seines Bruttoinlandsproduktes für die Entwicklungshilfe auszugeben. Derzeit liegt der Anteil bei rund 0,4 Prozent. Eine fraktionsübergreifende Initiative von 372 Abgeordneten hatte sich im vergangenen Jahr dafür stark gemacht, das 0,7-Prozent-Ziel doch noch zu erreichen.
Niebel nannte die Kürzungen in einer Pressemitteilung einen "herben Rückschlag" für seinen Etat. Er respektiere die Entscheidung des Parlaments, stelle aber fest, dass Deutschland dem selbst gesteckten Anspruch nicht mehr gerecht werden könne.
Die größte Kürzung mit 144 Millionen Euro betrifft den Beitrag Deutschlands zum Europäischen Entwicklungsfonds: Die Europäische Union werde im kommenden Jahr einen entsprechend geringeren Betrag abrufen, heißt es im Bericht des Haushaltsausschusses (17/10825). Diese Einsparung soll laut Beschlussempfehlung des Ausschusses (17/10823, 17/10824) jedoch nur zum kleineren Teil dazu verwendet werden, um bei anderen Ausgaben aufzustocken.
Leichte Erhöhungen gibt es etwa beim Posten "berufliche Aus- und Fortbildung" mit rund fünf Millionen Euro auf 55,12 Millionen Euro, bei den Beiträgen für die Vereinten Nationen mit knapp vier Millionen Euro auf 118 Millionen Euro und der Förderung entwicklungspolitischer Vorhaben der politischen Stiftungen mit zwei Millionen Euro auf dann 28,9 Millionen Euro.
Den Löwenanteil der BMZ-Ausgaben bildet auch nach der Bereinigungssitzung der Haushälter nach wie vor die "Bilaterale Finanzielle Zusammenarbeit". Hinter diesem Punkt verbergen sich unter anderem Darlehen und Zuschüsse an unterentwickelte Länder. 1,62 Milliarden Euro werden für diese Mittel veranschlagt, was einer Kürzung um 260 Millionen Euro gegenüber dem Vorjahr entsprechen würde.
Auf nahezu gleichem Niveau sollen die Mittel für die "Bilaterale Technische Zusammenarbeit" bleiben. Vorgesehen waren im Regierungsentwurf – wie bereits 2012 – 1,121 Milliarden Euro, die Haushälter haben hier geringfügig um knapp drei Millionen Euro auf 1,12 Milliarden Euro gekürzt.
Die Mittel der "Bilateralen Technischen Zusammenarbeit" fließen vor allem in Beratung, Studien, Gutachten und Ausbildung im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit, im begrenzten Umfang auch in Sachgüter.
Abgestimmt wird über Änderungsanträge der SPD (17/11528, 17/11529, 17/11530), der Linksfraktion (17/11531) und von Bündnis 90/Die Grünen (17/11532). Über den Änderungsantrag der Grünen, wonach sich der Bundestag zur internationalen Zusage Deutschlands bekennen sollte, bis 2015 0,7 Prozent seines Bruttonationaleinkommens für Entwicklungszusammenarbeit einzusetzen, wird namentlich abgestimmt.
Die SPD setzt sich für mehr Mittel zur Bekämpfung von Aids, Tuberkulose und Malaria, für höhere Hilfen zum Umwelt- und Klimaschutz und zum Erhalt der Artenvielfalt ein. Sie will auch eine Milliarde Euro ausgeben, um dem Ziel näherzukommen, bis 2015 mindestens 0,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Entwicklungszusammenarbeit auszugeben. Die Linke fordert mehr Geld für den "Europäischen Zivilen Friedensdienst" und für den "Europäischen Entwicklungsfonds". (ahe/20.11.2012)