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In der Plenardebatte am Freitag, 30. November 2012, zum Thema Korruption im Gesundheitswesen, konnte man sich schon über die Beschreibung des Ist-Zustands nicht einigen. Die Opposition sieht die Koalition im Einklang mit dem entsprechenden Antrag der Fraktion der SPD (17/3685) beim Thema Korruptionsbekämpfung im Zugzwang. Dagegen hält die Koalition schon die Zustandsbeschreibung des Antrages für realitätsfremd.
So warf der FDP-Abgeordnete Heinz Lanfermann der SPD vor, sie habe in ihrem Antrag ein finsteres Bild der Zustände im Gesundheitswesen gezeichnet. "Sie verunglimpfen einen in der Bevölkerung sehr angesehenen Berufsstand", sagte Lanfermann. Statt konkreter Fakten präsentiere die SPD nur Vermutungen.
Außerdem vermische der Antrag erwiesenes korruptes Verhalten mit fachlichen Streitfragen zwischen Krankenkassen und Krankenhäusern. "Eine seriöse Debatte über solche Fragen benötigt ihren Antrag nicht", gab sich Lanfermann überzeugt. Sicherlich gebe es in jeder Berufsgruppe, so auch bei den Ärzten, schwarze Schafe. "Aber wir haben geeignete Instrumente, um gegen diese vorzugehen, unter anderem im Berufsrecht", sagte der FDP-Abgeordnete. Einer Berufsgruppe pauschal die Neigung zu korruptem Handeln zu unterstellen, sei unseriös.
Auch der CDU/CSU-Abgeordnete Max Straubinger kritisierte, dass in dem SPD-Antrag Ärzte, Apotheker und andere Berufsgruppen im Gesundheitswesen grundsätzlich als korrupt dargestellt würden. Es sei hingegen nötig, erst einmal zwischen verschiedenen Tatbeständen zu differenzieren. So habe der Bundesgerichtshof (BGH) in seinem Urteil vom Juni 2012 vollkommen richtig entschieden. Danach seien niedergelassene Ärzte nicht bestechlich, weil es sich bei ihnen nicht um Amtsträger handele, betonte Straubinger.
Sofern strafbares Handeln wie Betrug vorliege, greife unter anderem das Standesrecht. Hier und im Strafrecht seien genügend Tatbestände aufgeführt, um solches Handeln angemessen zu ahnden. "Bei uns in Niederbayern ist in einem solchen Fall einem Arzt die Approbation entzogen worden", führte der Abgeordnete aus. Auch bei Falschabrechnungen von Ärzten und Krankenhäusern seien die bestehenden Sanktionsmöglichkeiten durchaus wirksam. Straubingers Fazit zu der SPD-Vorlage ist daher eindeutig: "Ihr Antrag ist ein Schaufensterantrag."
Aus Sicht der SPD-Abgeordneten Elke Ferner ist die Einführung neuer gesetzlicher Bestimmungen zur Bekämpfung der Korruption im Gesundheitswesen überfällig. Dafür sprächen die Fakten: "Die Krankenkassen verlieren durch Korruption und Falschabrechnungen jährlich bis zu 18 Milliarden Euro, das sind jährlich 1,8 Beitragssatzpunkte oder 24 Euro im Monat pro Versicherten", erklärte die Abgeordnete. Korruption schade aber nicht nur der Versichertengemeinschaft, sondern auch den Patienten.
"Es erfüllt den Tatbestand der Körperverletzung, wenn ein Patient nicht die medizinisch beste Therapie, sondern die bekommt, für die der behandelnde Arzt von einem Pharmakonzern Geld erhält." Gemäß dem Urteil des BGH vom Juni 2012 sei dies jedoch nicht strafbar. Hier tue sich eine Gesetzeslücke auf, die unbedingt geschlossen werden müsse. "Wenn Sie nichts tun, machen sich zum Handlanger derer, die mit viel krimineller Energie im Gesundheitswesen unterwegs sind", mahnte Ferner die Koalition.
Die Abgeordnete Katrin Vogler von der Fraktion Die Linke stellte fest, dass seit dem Urteil des BGH acht Monate vergangen seien, ohne dass die Koalition daraus Konsequenzen gezogen habe. "Wenn die Politik hier nicht handelt, kann das von Ärzten und Pharmafirmen als Freibrief für diese Art von Zusammenarbeit angesehen werden", mahnte die Abgeordnete. Die SPD liege mit ihrer Forderung, dass Korruption von niedergelassenen Ärzten ein neuer Straftatbestand werden solle, genau richtig.
Nach Voglers Ansicht müssten aber auch die aktiv Bestechenden, etwa Klinikleitungen, die sogenannte Fangprämien bezahlten, zur Rechenschaft gezogen werden. "Jeden Tag stürmen 15.000 Pharmareferenten die Arztpraxen und betreiben Marketing, ohne dass die Kranken irgendetwas davon haben", kritisiert die Abgeordnete.
Die Abgeordnete Maria Klein-Schmeink von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen erinnerte daran, dass der Bundestag am Vortag über Patientenrechte und das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient debattiert hatte. Vor diesem Hintergrund sei es unverständlich, dass die Koalition keine Anstalten mache, die vom BGH benannte Regelungslücke bei der Bestechlichkeit von niedergelassenen Ärzten zu schließen. Dabei liegt das Ziel einer Neuregelung nach Ansicht von Klein-Schmeink auf der Hand: "Wie kriegen wir es hin, das das Arzt-Patienten-Verhältnis nicht durch wirtschaftliche Interessen überformt wird?"
Die Regelungen in der Berufsordnung reichten nicht aus, um dem einen Riegel vorzuschieben. Außerdem müssten Ungerechtigkeiten im geltenden Recht beseitigt werden. "Es kann nicht sein, dass niedergelassene und angestellte Ärzte, die in der gleichen Einrichtung arbeiten, unterschiedlich behandelt werden", sagte die Abgeordnete. Der Antrag der Fraktion der SPD (17/3685) wurde mit der Koalitionsmehrheit abgelehnt. (tvw/30.11.2012)