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Donnerstag, neun Uhr, nach dem Gong erheben sich die Abgeordneten von ihren Stühlen. Bundestagspräsident Prof. Dr. Norbert Lammert betritt den Plenarsaal. Er ruft den ersten Tagesordnungspunkt auf, der erste Redner tritt ans Pult. Die Stenografen fangen an zu schreiben. Die Plenarsitzung hat begonnen. Ein Tagesordnungspunkt nach dem nächsten wird aufgerufen, eine Pause gibt es in der Regel nicht. Damit eine Plenarsitzung reibungslos abläuft, sind Gespräche in und zwischen den Fraktionen nötig, aber auch viele kleine Schritte in der Bundestagsverwaltung.
Als erstes müssen die Abgeordneten sich auf die Tagesordnung einigen. "Die vereinbart der Ältestenrat am Donnerstag einer laufenden Sitzungswoche für die nächste Sitzungswoche", erklärt Jürgen Grabowski, Referent im Parlamentssekretariat. Bevor der Ältestenrat tage, hätten sich die Fraktionen schon auf Debattenthemen verständigt. Das Parlamentssekretariat hat die Vorschläge in ein Schema eingearbeitet, "das die Kräfteverhältnisse berücksichtigt". Jede Fraktion hat das Recht, eine bestimmte Anzahl von Themen auf die Tagesordnung zu setzen – ausgehend von der Menge ihrer Sitze im Bundestag.
Änderungen sind natürlich möglich. Am Dienstag einer Sitzungswoche treffen sich die Parlamentarischen Geschäftsführer der Fraktionen und bringen erste Änderungen ein, beispielsweise die sogenannten Aktuellen Stunden. Am Mittwochabend treffen sie sich erneut. "Das ist eigentlich der letzte Moment, wo im Regelfall noch was geändert wird", erklärt Grabowski.
Mittwoch ist ein entscheidender Tag für den reibungslosen Ablauf der Plenarsitzung. Denn für gewöhnlich beraten hier die Ausschüsse über viele der Themen, über die der Bundestag in dieser Woche noch abstimmt.
Dafür müssen die Ausschüsse bestimmte Fristen einhalten: Beschlussempfehlungen für Debatten am Freitag müssen den Abgeordneten bis Mittwoch um 24 Uhr vorliegen. Dies gilt aber nicht für Anträge. Im Fall von Gesetzentwürfen endet die Frist schon am Dienstag um Mitternacht. "Andere Termine gehen nur, wenn sich alle einig sind", sagt Grabowski.
Koordinieren müssen sich der Bundestagspräsident und seine Stellvertreter. Jeweils zwei Stunden am Stück leitet einer von ihnen die Sitzungen. Ihre Einsätze legt das Präsidium in der Regel spätestens zu Beginn der Sitzungswoche fest. Ihre Termine abstimmen müssen auch die 42 Schriftführer. Sie sitzen immer zu zweit neben dem Präsidenten, stehen bei namentlichen Abstimmungen an den Urnen und beim Hammelsprung an den Türen des Plenarsaals.
Je nach Länge der Sitzung müssen sich allein acht bis 18 Schriftführer für den Dienst neben dem Präsidenten bereithalten. Ihr Obmann Jens Koeppen (CDU/CSU) erklärt: "Die Einteilung erfolgt jeweils zu Beginn eines Halbjahres. Je nach eigenem Terminplan können die Abgeordneten den Dienst untereinander natürlich jederzeit tauschen."
Eine gute Koordination benötigen auch die Stenografen. 16 von ihnen werden an einem langen Plenartag gebraucht, dazu 16 Schreibkräfte, acht Revisoren, zwei Schlussredakteure und er selbst, sagt Wolfgang Behm, Chef der Stenografen. "Die Stenografen schreiben im Plenum fünf Minuten am Stück mit, die Revisoren jeweils eine halbe Stunde", sagt Behm.
Anschließend diktieren die Stenografen anhand ihrer Aufzeichnungen den Schreibkräften die erste Fassung des Protokolls, die Revisoren vergleichen die Ergebnisse mit ihren Aufzeichnungen und überprüfen die Redaktionsarbeit der Stenografen, die Redner erhalten die Texte zur Freigabe und die Schlussredakteure leisten abschließende Redaktionsarbeit. "Die ersten Teile des endgültigen Protokolls werden schon fünf Stunden später ins Netz gestellt", erklärt Behm.
Viele kleine Aufgaben übernehmen die Saaldiener. Nur zwei von ihnen sind während der Sitzungen im Plenarsaal, weitere 45 bis 48 allerdings um den Saal herum beschäftigt, erläutert Brigitte Rubbel, Leiterin des Plenar- und Ausschussassistenzdienstes. Ihre Mitarbeiter kontrollieren etwa, ob in den Schubladen der Abgeordnetentische das Grundgesetz, die Geschäftsordnung und der "Kürschner", das Handbuch mit Informationen über alle Abgeordneten, liegen.
"Die Glocke wird hingestellt, die Unterlagen herausgeholt, das Wasser für die Redner wird aufgefüllt", schildert Rubbel weitere Schritte. "Für das Wasser sind wir bekannt, das erwähnen die meisten Medien. Dabei ist das nur ein kleiner Teil der Arbeit." Die Saaldiener lösen auch das Klingelzeichen aus, das die Abgeordneten in den Plenarsaal ruft.
Freitagnachmittag, das letzte Thema ist debattiert. Die Abgeordneten verlassen den Saal, die Sitzungswoche ist vorbei. Aber die nächste wird schon vorbereitet. (ske/07.01.2013)