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Junge Menschen müssen in jeder Lebensphase gefördert werden. Zu diesem Ergebnis kommt der zuvor im Kabinett beschlossene 14. Kinder- und Jugendbericht, der im Zentrum der rund 40-minütigen Regierungsbefragung im Bundestag am Mittwoch, 30. Januar 2013, stand. Beschäftigt habe sich der Bericht, den eine aus zehn Wissenschaftlern bestehende Sachverständigenkommission im Auftrag der Regierung erstellt hat, unter anderem mit dem Verhältnis von öffentlicher und privater Verantwortung für das Aufwachsen junger Menschen, so Familienministerin Dr. Kristina Schröder, die die wichtigsten Ergebnisse des Berichts im Plenum präsentierte.
"Die Familie ist der erste, zentrale Ort für Erziehung und Förderung", sagte die Ministerin. Doch der Bericht stelle auch fest, dass die öffentliche Verantwortung für das Aufwachsen von Kindern und Jugendlichen zugenommen habe. Allerdings ohne die Verantwortung der Eltern dadurch zu beschneiden, betonte Schröder: "Aufgabe der Politik ist es, Familien mit öffentlichen Angeboten und Leistungen dabei zu unterstützen, Zeit für Verantwortung und Fürsorge zu finden, öffentliche Bildungsangebote bereitzustellen und die Betreuung von Kindern zu ermöglichen."
Diese öffentliche Verantwortung befähige die Eltern oftmals erst, ihre Verantwortung wahrzunehmen. Schröder verwies hier als Beispiel auf die von der Bundesregierung geförderten Familienhebammen.
Zudem hob die Ministerin zentrale Ergebnisse des Berichts im Bereich der frühkindlichen Bildung sowie im Bereich der neuen Medien und der Netzpolitik hervor. So bestätige er die Bedeutung der frühkindliche Bildung für einen guten Start in einen erfolgreichen Bildungsweg, sagte Schröder und attestiere der Bundesregierung Fortschritte: "Die Angebote zur frühkindlichen Bildung haben zugenommen. Immer mehr Kinder unter drei Jahren gehen in die Kita. Das ist eine neue Normalität."
Eine ähnliche Entwicklung verzeichne der Bericht auch bei den Ganztagsschulangeboten. Im Bereich der neuen Medien belege der Bericht zudem, dass Handys und Smartphones das Fernsehen als Leitmedium abgelöst hätten. Positiv wertete Schröder, dass das Internet heute "allen Jugendlichen schichtunabhängig zugänglich" sei.
Insgesamt zeigte sich die Ministerin zufrieden mit den Ergebnissen des aktuellen Kinder- und Jugendberichts. Sie zeigten, so die Ministerin, dass die öffentliche Verantwortung auf Wünsche und Bedürfnisse reagiert habe. "Die Chancen für Kinder und Jugendliche haben sich verbessert", lautete das Fazit der CDU-Politikerin, bevor sie sich den Fragen der Abgeordneten stellte.
Als erste Fragestellerin wollte Katja Dörner, kinder-und jugendpolitische Sprecherin von Bündnis 90/Die Grünen, wissen, welche Haltung die Sachverständigen zur Frage einnehmen, die Kinderrechte im Grundgesetz zu verankern. "Wie lautet die Empfehlung der Experten?", fragte sie die Ministerin.
Diese antwortete, die Sachverständigenkommission habe sich dafür ausgesprochen. "Es gibt aber auch Gegenargumente – und die bleiben die Position der Bundesregierung", sagte Schröder. "Die Rechte im Grundgesetz gelten für alle Menschen. Wir sollten nicht so tun, als gäbe es hier eine Einschränkung für Kinder."
Marlene Rupprecht, Kinderbeauftragte der SPD-Fraktion, erkundigte sich, welche nächsten Schritte die Ministerin zum Umsetzung der Inklusion im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe plane. "Was werden Sie tun, um den öffentlichen und privaten Sektor besser zu verschränken?" Die Abgeordnete verwies in diesem Zusammenhang auf das Kinderschutzgesetz. "Hier ist es uns nicht genug gelungen, die verschiedenen Akteure zu vernetzen", monierte die Abgeordnete.
Schröder erwiderte, die Umsetzung der Inklusion sei "in der Tat eine große Aufgabe". Der Bericht beschreibe zutreffend eine "Schnittstellenproblematik" bei den Leistungen für Kinder mit Behinderungen. Die verschiedenen Bereiche des Sozialgesetzbuches und ihre Träger seien noch nicht gut aufeinander abgestimmt.
Die Ministerin verwies in diesem Zusammenhang auf die Einrichtung einer Kommission und beteuerte, die Bundesregierung setze sich für eine "große Lösung" ein und damit für die Integration des Behindertenbereichs in die Zuständigkeit der Kinder- und Jugendhilfe. "Die Hauptkrux sind aber die verschiedenen Ebenen und die Finanzströme von Bund, Ländern und Kommunen", so Schröder.
Diana Golze, kinder- und jugendpolitische Sprecherin der Linksfraktion, kritisierte die Politik der Bundesregierung. Auch der Bericht komme zu dem Schluss, dass es bislang nicht gelungen sein, die herkunftsbedingten Nachteile von Kinder- und Jugendlichen abzubauen. "Welche Maßnahmen werden Sie ergreifen, um benachteiligte Kinder besser zu fördern?", fragte sie.
Schröder wies zunächst die Feststellung Golzes zurück: "Zu einem solch pauschalen Urteil kommen die Experten nicht im Bericht. Sie argumentieren differenzierter." So hätten sich bei den Kindern im Alter von ein bis zehn Jahren die Chancen eher verbessert durch einen leichten Rückgang der Kinderarmut. Bei den Jugendlichen jedoch sei im Gegenzug eine leichte Erhöhung der Armut zu verzeichnen, gab die Ministerin zu.
Dr. Peter Tauber (CDU/CSU) erkundigte sich nach dem Einfluss der neuen Medien auf das Aufwachsen von Kindern und Jugendlichen. "Wo sehen Sie Handlungsfelder?", wollte der Abgeordnete wissen. Schröder unterstrich, dass bei der Debatte um den Einfluss neuer Medien nicht nur die Risiken, sondern auch die Chancen betrachtet werden müssten.
So sei positiv zu werten, dass der Umgang mit Medien wie Computer, Handy oder Smartphone das Schriftverständnis von Kindern und Jugendliche verbessert habe. "Sie kommunizieren heute wieder häufiger schriftlich, per E-Mail zum Beispiel, als vor Jahren", so die Ministerin.
Problematisch hingegen sei die unterschiedliche Nutzung der sozialen Netzwerke. Hier seien zum einen deutlich schichtspezifische, zum anderen auch geschlechtsspezifische Unterschiede zu beobachten. "Das Internet kann als Verstärker von sozialer Ungleichheit wirken", sagte die Ministerin.
Florian Bernschneider (FDP) erkundigte sich nach Fortschritten der "eigenständigen Jugendpolitik". "Wie sind die Bundesländer an der Entwicklung daran beteiligt?" Die Ministerin betonte, dass die Bundesländer "mit viel Engagement" in den Prozess eingebunden seien.
Allerdings erlebe sie auch dass, es schnell ein "Abgleiten in einen konkreten Bereich" gebe, anstatt sich mit einer "übergeordneten Leitidee der Jugendpolitik" zu beschäftigen: "Daran müssen wir noch arbeiten." (sas/30.01.2013)