Navigationspfad: Startseite > Dokumente > Web- und Textarchiv > Textarchiv
Die NPD ist eine rechtsextremistische und verfassungsfeindliche Partei. In dieser Einschätzung waren sich die Redner aller Fraktionen während der Debatte am Freitag, 1. Februar 2013, einig. Ob jedoch der Bundestag dem Bundesrat folgen soll und ebenfalls beim Bundesverfassungsgericht einen Verbotsantrag gegen die NPD stellen soll, war umstritten. Während der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Thomas Oppermann, sich für einen solchen Antrag aussprach und dem Vorhaben gute Chancen einräumte, äußerten sich Redner von Unions- und FDP-Fraktion skeptisch, was die Erfolgschance des Antrags, aber auch die Wirksamkeit eines eventuellen Verbotes angeht. Grünen- und Linksfraktion stehen einem Verbotsantrag positiv gegenüber, räumten aber ein, dass es Bedenken hinsichtlich des dem Antrag zugrunde liegenden Materials gebe.
Der Bundesrat habe sich seine Entscheidung, ein Verbotsverfahren beim Bundesverfassungsgericht zu beantragen, nicht leicht gemacht, sagte Oppermann. Nun müssten Bundesregierung und Bundestag entscheiden, ob sie dies ebenfalls tun wollten. Seine Fraktion habe daher einen Antrag (17/12168) mit der Forderung vorgelegt, dass sich der Innenausschuss mit der Materialsammlung beschäftigen und eine Empfehlung aussprechen solle.
Aus Sicht Oppermanns standen die Chancen für ein Verbot "nie so gut wie heute". Daher wolle die SPD, "dass der Bundestag einen Verbotsantrag stellt". Kritik übte er an der Haltung der Bundesregierung, die weder ja noch nein sage, sondern sich wegducke.
Gründlichkeit gehe vor Schnelligkeit, befand Dr. Franz Josef Jung (CDU/CSU). Diese wichtige Frage sollte nicht unter Zeitdruck gestellt werden, sagte er an Oppermann gewandt. Jung erinnerte an die Situation im Jahre 2003, als alle Verfassungsorgane einen Verbotsantrag gestellt hatten, "dann aber vor dem Bundesverfassungsgericht gescheitert sind".
Ein erneuter Misserfolg wäre aus seiner Sicht das Schlimmste, was passieren könnte. Es gelte zu entscheiden, ob das Material, welches dem Verbotsantrag zugrunde liegt, auch "V-Leute-frei ist". Diese Frage könne aber nur die Bundesregierung entscheiden. Dies sollte der Bundestag abwarten, riet Jung.
Die Forderung der SPD, der Bundestag solle das Material prüfen, sei richtig und dennoch lediglich ein "billiger Profilierungsversuch" der Sozialdemokraten, sagte Ulla Jelpke (Die Linke). "Was glauben Sie denn, was wir seit Dezember mit dem Material machen?", fragte sie. Die Prüfung sei also längst im Gang. Ihre Fraktion sei der Ansicht, dass der Bundestag einen Verbotsantrag stellen sollte.
Um das Verbotsverfahren aber "wasserdicht" zu machen, sollte das vorliegende Material weiter ergänzt werden, forderte sie. Insbesondere müsste die zentrale Stellung der NPD in der Naziszene sowie ihre Verbindungen zu Gewalttätern und verbotenen Kameradschaften schärfer herausgearbeitet werden. Auch über die "Schutzherren der Nazis", die im "Sumpf des Verfassungsschutzes" zu finden seien, müsse gesprochen werden, verlangte Jelpke.
Hartfrid Wolff (FDP) übte Kritik an den Ländern. Mit einem "Monate andauernden Verbotsverfahren" hätten diese den Eindruck besonderen Engagements versucht zu erwecken. Tatsächlich hätten die meisten von ihnen über viele Jahre hinweg bei der Bekämpfung des Rechtsextremismus versagt. Der SPD warf Wolff vor, durch den Antrag, der nur Selbstverständlichkeiten enthalte, die Frage der Bekämpfung des Rechtsextremismus in den Wahlkampf zu ziehen. "Das ist der Sache nicht dienlich", befand der FDP-Abgeordnete.
Wolff räumte ein, dass gegebenenfalls auch ein Parteienverbot zur wehrhaften Demokratie gehöre. Es stelle sich aber die Frage, ob man mit einem Verbot nicht nur die Hülle beseitige, während das Grundproblem weiter bestehe. Schließlich könne man Gesinnung nicht verbieten, sagte Wolff.
Auch die Mörder aus dem Nationalsozialistischem Untergrund (NSU) seien von dem ideologischen Gebräu der NPD motiviert worden, sagte Wolfgang Wieland (Bündnis 90/Die Grünen). Die Gefährlichkeit der NPD rühre aus dem Zusammenwachsen mit der freien Szene, aus der Gewalttätigkeit und dem arbeitsteiligen Vorgehen.
Er persönlich sei "leidenschaftlich für ein Verbot". Zugleich erkenne er jedoch an, dass es "respektable Argumente" dagegen gebe. Wieland warnte davor, diese Frage für "parteitaktische Geplänkel" zu nutzen. Durch das Vorgehen des Bundesrates sei man aber verpflichtet, sich eine Meinung zu bilden. "Enthalten geht nicht", machte er deutlich.
Es sei an der Zeit, dass sich der Bundestag mit dem Thema beschäftigt, sagte Ralf Jäger (SPD), Innenminister in Nordrhein-Westfalen, der zugleich für einen Verbotsantrag warb. Man habe bei der Sammlung der Materialien darauf geachtet, dass diese "quellenfrei", also öffentlich zugänglich seien, um nicht in eine Situation wie vor zehn Jahren zu geraten.
Kritik übte der Landesminister am "Verharren und Zaudern" der Bundesregierung. Es sei ein Armutszeugnis, wenn sich ein Verfassungsorgan wegducken wolle. (hau/01.02.2013)