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Die erst diese Woche vereidigte Bundesbildungsministerin Prof. Dr. Johanna Wanka (CDU) gab in der Debatte zum "Nationalen Bildungsbericht 2012" (17/11465) am Freitag, 22. Februar 2013, ihr Debüt im Deutschen Bundestag. Dabei ging sie auf einen Vorschlag der SPD ein und kündigte an, die Indikatoren des Bildungsberichts weiterzuentwickeln. Dennoch gab es für die neue Ministerin reichlich Kritik am Kurs der Regierung zu hören.
"Die Schere zwischen Arm und Reich, zwischen Oben und Unten geht in Deutschland weiter auseinander. Das ist die desaströse Bilanz dieser Koalition", warf Dagmar Ziegler (SPD) der Bundesregierung vor. Nach wie vor entscheide die Herkunft eines Menschen über den Bildungserfolg, sagte Ziegler: "Das Elternhaus wird zum Schicksal."
Für die Elite sei das nicht schlimm, schlimm sei es jedoch für diejenigen, die aus bildungsfernen Elternhäusern kommen. "Soziale Selektivität ist und bleibt das traurige Markenzeichen deutscher Bildungspolitik."
Johanna Wanka ging zunächst auf die Erfolge ein, die der Bildungsbericht beschreibt. Dabei nannte sie den Rückgang der jungen Menschen, die die Schule ohne Abschluss verlassen. Als ebenso erfreulich bezeichnete sie den Rückgang derjenigen, die nach der Schule im Übergangssystem landen. "Das hat auch demografische Gründe. Aber was ganz entscheidend ist, es gibt weniger Altbewerber", sagte Wanka.
Doch auch Wanka verhehlte nicht, dass es weiterhin Probleme im Bildungssystem gebe. Wie fast alle Redner in der Debatte thematisierte sie für den Bereich der kulturellen Bildung, der im diesjährigen Bericht Schwerpunktthema ist, die Probleme für Kinder aus bildungsfernen Elternhäusern.
Es sei im Sinn der Chancengerechtigkeit, eine zentrale Aufgabe des staatlichen Systems alle Kinder zu erreichen. Deshalb hätten die Schulen eine große Verantwortung. Kulturelle Bildung müsste unabhängig davon, ob es engagierte Rektoren oder Lehrer gebe, in den Schulen und Kitas flächendeckend verankert werden.
Zudem machte Wanka auf die Altersstruktur der Lehrer aufmerksam. In den nächsten zehn Jahren gehe ein Drittel der Lehrer in Deutschland in den Ruhestand. Deshalb sei die Qualitätsoffensive Lehrerausbildung, die der Bund gestartet hat, ein gutes Instrument, um den Nachwuchs zu qualifizieren. Gleichzeitig mahnte die frühere Kultusministerin Niedersachsens: "Nun sind die Länder am Zug, rechtssichere Kriterien vorzulegen."
Sylvia Canel (FDP) wandte sich gegen zu viel Einmischung der Politik in schulische Angelegenheiten. Als Beispiel nannte sie die Ankündigung der gerade gebildeten rot-grünen Landesregierung in Niedersachen, das Sitzenbleiben abzuschaffen.
Das sollten die Schulen auch in Zukunft selbst entscheiden dürfen. Canel sagte: "Wiederholen kommt nicht nur als Strafe, sondern auch als Chance daher."
Dr. Rosemarie Hein (Die Linke) sagte: "Es geht voran ja, aber es geht viel zu langsam." 6,2 Prozent der Schüler verließen immer noch die Schule ohne Schulabschluss, 15 Prozent der Schüler könnten nach dem Verlassen der Schule nicht sicher lesen und schreiben, 300.000 junge Menschen landeten, wenn sie eine Ausbildung anstreben, zunächst einmal im Übergangssystem. "Für alle diese Schüler ist dieses Schulsystem ungeeignet."
Zudem verwies sie auf die Lage vieler Kommunen. Viele Programme, die die Bundesregierung im Bereich der kulturellen Bildung auflege, fruchteten gar nicht. Es gebe nicht mehr überall eine gut ausgebaute Kulturlandschaft. In Calbe in ihrem Wahlkreis Magdeburg sei kürzlich die Stadtbibliothek – die einzige kulturelle Einrichtung – geschlossen worden.
Kai Gehring (Bündnis 90/Die Grünen) kritisierte, dass es neun Monate gedauert habe, bis sich die Bundesregierung mit den Ergebnissen des Bildungsberichts auseinandergesetzt habe. "Das ist peinlich", so Gehring. "Die Ergebnisse brauchen mehr politische Beachtung."
Auch er kritisierte die "eklatante Bildungsspaltung in diesem Land". Es fehle "Bildungsgerechtigkeit". Jeder Zehnte gelte als funktionaler Analphabet, jeder 15. Jugendliche breche die Schule ab. Zudem forderte er, den Hochschulpakt aufzustocken und das "elitäre" Deutschlandstipendium abzuschaffen.
Dr. Thomas Feist (CDU/CSU) appellierte an die Opposition, mehr die Stärken der Menschen zu fördern, junge Menschen zu motivieren. "Jeder Mensch hat ein Potenzial. Junge Menschen dürften nicht länger als Mangelware definiert werden."
Mit Mehrheit wurde nach der Debatte ein Antrag von CDU/CSU und FDP (17/10122) angenommen, der die Bundesregierung auffordert, Angebote und Projekte für kulturelle Bildung weiterhin zu unterstützen und die entsprechenden Infrastrukturen zu stärken. Insbesondere sollen Bündnisse für Bildung unterstützt werden, deren Anliegen es ist, bildungsbenachteiligte Familien durch außerschulische Maßnahmen zu fördern. (rol/22.02.2013)