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Mehrkosten von "Stuttgart 21", steuerliche Besserstellung von gleichgeschlechtlichen Partnerschaften, Ghettorenten – nur drei von vielen unterschiedlichen Themen, zu denen die Abgeordneten insgesamt 86 Fragen für die Fragestunde des Bundestages (17/12439) am Mittwoch, 27. Februar 2013, ab 13.35 Uhr eingereicht haben. Agnes Brugger, abrüstungspolitische Sprecherin von Bündnis 90/Die Grünen, will sich dann nach den möglichen Plänen der Bundesregierung erkundigen, gemeinsam mit Frankreich eine eigene europäische, bewaffnete Drohne zu entwickeln. Dies hatte Bundesverteidigungsminister Dr. Thomas de Maizière (CDU) bereits Ende Januar in einem Interview ins Spiel gebracht. Bislang nutzt die Bundeswehr solche unbemannten Flugobjekte ausschließlich zu Aufklärungszwecken. Warum sie es dabei belassen möchte, erklärt die Ravensburger Bundestagsabgeordnete im Interview:
Frau Brugger, die Ankündigung von de Maizière, Deutschland erwäge, mit Frankreich eventuell sogar bewaffnete Drohnen zu entwickeln, hat im Bundestag Diskussionen ausgelöst. Warum haken Sie jetzt erneut nach?
Es sind zwei verschiedene Debatten, die wir gerade führen. Zum einen geht es um die Frage, welches Nachfolgesystem wir für die Aufklärungsdrohne wollen, die die Bundeswehr derzeit in Afghanistan einsetzt. Soll diese waffenfähig oder gar bewaffnet sein? Der Minister und einige Stimmen aus der Bundeswehr fordern dies. Gleichzeitig hat der "Spiegel" über eine Rahmenvereinbarung zwischen Deutschland und Frankreich zur gemeinsamen Entwicklung einer Drohne berichtet. Nicht bekannt ist aber, ob es dabei um eine Aufklärungsdrohne oder um ein waffenfähiges Flugobjekt handelt. Die Bundesregierung geht nicht sehr offen mit ihren Plänen um: Wir haben schon mehrfach nachgefragt, ohne Erfolg. Ich möchte jetzt Klarheit in dieser Sache – deshalb frage ich nach.
Sie selbst – und andere Mitglieder Ihrer Fraktion – haben sich bereits vehement gegen die Nutzung von bewaffneten Drohnen ausgesprochen – was sind Ihre Hauptkritikpunkte?
Ich glaube, dass der Einsatz von Drohnen die Kriegsführung massiv verändert. Ich fürchte – und das ist der Hauptpunkt – dass die Hemmschwelle auch auf politischer Ebene zum Einsatz militärischer Gewalt sinkt. Man kann das sehr gut in den USA beobachten. Als Israel erstmals Drohnen zu völkerrechtlich nicht legitimen Tötungen einsetzte, ist das von amerikanischer Seite stark kritisiert worden. Heute sind Drohnen in den Einsätzen in Pakistan, Jemen und Somalia das Mittel der Wahl des Friedensnobelpreisträgers Obama! Da zeigt sich, dass die politisch gebotene Zurückhaltung schnell sinken kann, wenn man bewaffnete Drohnen zur Verfügung hat. Zugleich wird suggeriert, dass es um einen präzisen Krieg geht – und um den Schutz der Soldaten und Soldatinnen...
Ist das kein zulässiges Argument?
Es ist zumindest ein Argument, das man sich genau ansehen muss. Als wir bei der Bundeswehr nachgefragt haben, wie oft beispielsweise im Afghanistan-Einsatz von den Verbündeten Unterstützung durch bewaffnete Drohnen angefordert wurde, bekamen wir die Antwort, dass es bislang nur zwei Fälle gewesen sind – und dass im derzeit schärfsten Konflikt. Warum es bewaffnete Drohnen sein mussten, war nicht ersichtlich. Und noch ein Hinweis: Es gibt Studien, die belegen, dass der Einsatz von Drohnen inzwischen zum Hauptrekrutierungsargument der Aufständischen in Afghanistan und Pakistan geworden ist. Das relativiert doch das Argument, dass Drohnen mehr Schutz für die Soldaten und Soldatinnen bieten.
Wie stehen Sie zur Nutzung ausschließlich zu Aufklärungszwecken?
Man muss differenzieren, für was und in welchem Rahmen sie eingesetzt werden. Aufklärungsdrohnen können genutzt werden, um ein besseres Lagebild zu bekommen. Auch bei UN-Missionen können sie helfen, die Truppenbewegungen von Kämpfern zu beobachten, um die Zivilbevölkerung zu schützen. Dabei gibt es auch eine Reihe datenschutzrechtlicher Fragen und Beschränkungen. Per se habe ich nichts gegen die Verwendung von Aufklärungsdrohnen. Die Bewertung hängt aber immer vom konkreten Kontext ab.
Bislang hat die Bundesregierung zurückhaltend reagiert, wenn von Seiten der Bundeswehr die Forderung nach bewaffneten Drohnen kam. Was hat den Meinungswechsel ausgelöst?
Ich möchte nicht über die Hintergründe der Meinungswechsel in dieser Regierung spekulieren. Minister de Maizière hat doch recht deutlich gesagt, dass er Drohnen für ethisch neutral hält und sie möchte. Damit blendet er aber viele ethische, völkerrechtliche, politische und nicht zuletzt menschenrechtliche Fragen aus, die aber diskutiert werden müssen, bevor man sich für oder gegen ein solches Waffensystem entscheidet. Nicht jedes System muss man gleich haben. Und: Es ist wichtig, auf die Folgen und Konsequenzen der Nutzung in der Praxis zu achten. Mein Hauptvorwurf gegen den Verteidigungsminister und die Bundesregierung ist deshalb auch, dass diese Debatte nicht stattfindet. (sas/26.02.2013)