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Vorstöße der drei Oppositionsfraktionen für Änderungen des Staatsangehörigkeitsrechts sind bei Experten umstritten. Dies wurde am Mittwoch, 13. März 2013, in einer öffentlichen Anhörung des Innenausschusses unter Vorsitz von Wolfgang Bosbach (CDU/CSU) deutlich, bei der es um einen Gesetzentwurf der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (17/542) und je einen Antrag der SPD-Fraktion (17/7654) und der Fraktion Die Linke (17/12185) ging.
Die Grünen-Fraktion dringt in einem Gesetzentwurf auf die Streichung der so genannten Optionspflicht im Staatsangehörigkeitsrecht, nach der sich hierzulande geborene Kinder ausländischer Eltern nach Erreichen der Volljährigkeit und spätestens bis zur Vollendung des 23. Lebensjahres zwischen der deutschen Staatsangehörigkeit und der ihrer Eltern entscheiden müssen.
Diese Regelung sei "integrationspolitisch kontraproduktiv und verfassungsrechtlich zumindest bedenklich", argumentiert die Fraktion in der Vorlage. Überdies belaste sie die Behörden mit der "Durchführung unsinniger und aufwendiger Verwaltungsverfahren".
Die SPD-Fraktion fordert die Bundesregierung in ihrem Antrag auf, einen Gesetzentwurf zur Abschaffung des Optionsmodells vorzulegen. Danach soll ein Kind ausländischer Eltern neben deren Staatsbürgerschaft dauerhaft auch die deutsche Staatsangehörigkeit erhalten, wenn es in der Bundesrepublik geboren wird und sich mindestens ein Elternteil mit einem unbefristeten Aufenthaltstitel langjährig legal in Deutschland aufhält.
Ferner soll dem Antrag zufolge bei einer Einbürgerung nicht mehr die alte Staatsbürgerschaft aufgegeben werden müssen. Vielmehr solle mehrfache beziehungsweise doppelte Staatsbürgerschaft auch bei der Einbürgerung ermöglicht werden. Zudem sollen die Einbürgerungsvoraussetzungen laut Vorlage erleichtert werden.
Nach dem Willen der Fraktion Die Linke soll die Bundesregierung einen Gesetzentwurf zur Änderung des Staatsangehörigkeitsgesetzes "mit dem Ziel umfassender Einbürgerungserleichterungen" vorlegen. Dabei solle der Einbürgerungsanspruch "grundsätzlich nach fünfjährigem Aufenthalt bestehen", fordert die Fraktion in ihrem Antrag.
Auch sollen Mehrfachstaatsangehörigkeiten infolge einer Einbürgerung oder aufgrund der Geburt in Deutschland der Vorlage zufolge generell akzeptiert und der "Zwang zur Entscheidung für eine Staatsbürgerschaft nach Erreichen der Volljährigkeit" entfallen.
Prof. Dr. Thomas Groß von der Universität Osnabrück äußerte mit Blick auf die Optionspflicht "gravierende verfassungsrechtliche Bedenken".
Angesichts der weitreichenden Duldung von Mehrstaatigkeit in anderen Bereichen des Staatsangehörigkeitsrechts sei eine sachliche Rechtfertigung für die Optionsregelung nicht zu erkennen.
Keine verfassungsrechtlichen Probleme bei der Optionsregelung sah dagegen Prof. Dr. Kay Hailbronner von der Universität Konstanz. Er mahnte, bei einer Aufgabe des Prinzips der Vermeidung der Mehrstaatigkeit müssten die Bedenken beachtet werden, die generell gegen Mehrstaatigkeit sprechen.
Mit der Abschaffung der Wehrpflicht in Deutschland könne ein großer Teil der türkischen Optionspflichtigen zugleich zum türkischen Wehrdienst herangezogen werden, sagte Hailbronner und warf die Frage auf, "ob das integrationsfreundlich im Sinne der deutschen Integrationspolitik wäre".
Hubert Heinhold, Rechtsanwalt aus München, kritisierte, im Vergleich mit anderen Regelungen des Staatsangehörigkeitsrechts führe die Optionspflicht zu einer "Gerechtigkeitslücke". Die Oppositionsvorschläge seien daher von Grundsatz her begrüßenswert und ein "Schritt in die richtige Richtung".
Martin Jungnickel vom Regierungspräsidium Darmstadt verwies darauf, dass man es nach dem Jahr 2018 mit 40.000 bis 50.000 Optionsverfahren zu tun habe. Dies würde bedeuten, dass das derzeitig mit Einbürgerung beschäftigte Personal massiv aufgestockt werden müsste. Man müsse sich die Frage stellen, "ob dieser immense Aufwand zur Aufrechterhaltung eines Prinzips, das nach wie vor viele Löcher aufweist, wirklich noch angemessen ist".
Dr. Stefan Luft von der Universität Bremen betonte, der Zwang zur Entscheidung beim Optionsrecht sei kein Integrationshindernis. Der Grundsatz "Staatsangehörigkeit nach Integration" habe sich auch im internationalen Vergleich bewährt.
Prof. Dr. Kyrill-Alexander Schwarz von der Julius-Maximilians-Universität Würzburg nannte die Vermeidung von Mehrstaatigkeit eine "völlig legitime gesetzgeberische Erwägung". Auch sei die "Optionsobliegenheit" verfassungsrechtlich unbedenklich. (sto/13.03.2013)