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Mesut Ozil, Jerome Boateng und Sami Khedira vor einem Testspiel der Nationalmannschaft im Februar 2012 © pa/Pressefoto Ulmer
Der Sport leistet einen großen Beitrag zur Integration von Migranten. In dieser Einschätzung waren sich die zu einer öffentlichen Anhörung des Sportausschusses unter Vorsitz von Dagmar Freitag (SPD) am Mittwoch, 20. März 2013, geladenen Sachverständigen einig. Karin Fehres als Vertreterin des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) vertrat dabei ebenso wie Michael Rosenbach vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, die Auffassung, dass die Integration aktiv gestaltet werden müsse. Nach Ansicht von Prof. Dr. Silvester Stahl von der Fachhochschule Sport & Management in Potsdam ist jedoch allein schon die Tatsache, dass Menschen unterschiedlicher Herkunft in einem Verein miteinander Sport treiben, integrationsfördernd.
Die Integration ergebe sich dann als Nebeneffekt, sagte der Sportsoziologe. Anders als bei der – ebenfalls zu begrüßenden – gezielten Integrationsarbeit in Vereinen werde durch das ganz normale Miteinander beim Sport eine weit größere Zahl vom Menschen erreicht. Was die Existenz der etwa 500 ethnischen Vereine in Deutschland angeht, so forderte Stahl dazu auf, diese nicht verallgemeinernd als Ausdruck von Integrationsverweigerung zu sehen.
Vielmehr würden diese Vereine Menschen an den organisierten Sport binden, die sonst keinen Zugang fänden. Allerdings, so räumte er ein, könne es dadurch auch "unter ungünstigen Rahmenbedingungen" zu einer Vergrößerung der sozialen Distanzen zwischen Migranten und Einheimischen kommen.
Bundesamtsvertreter Michael Rosenbach verwies auf das aus seiner Sicht sehr erfolgreiche Programm "Integration durch Sport". Die Ergebnisse der Evaluation des Programms sowie zahlreiche Rückmeldungen von Teilnehmern hätten dies bestätigt, sagte er. Ziel des Programms sei es unter anderem, die gegenseitige Toleranz sowie die Teilhabe der Zugewanderten am gesellschaftlichen Leben zu fördern. Außerdem sollten Sportvereine bei ihrer eigenen "interkulturellen Öffnung" unterstützt werden.
Die Gemeinschaft Kroatischer Fußballvereine in Deutschland hat man dabei jedoch nicht erreicht, wie deren Vorsitzender Ivica Orlovic vor dem Ausschuss sagte. Keiner der 60 in der Gemeinschaft zusammengeschlossenen Vereine habe bisher von dem Aktionsplan gehört, so Orlovic. Gleichwohl seien Inhalt und Ziel des Programms zu begrüßen, setzte er hinzu.
Er sei in seiner Kindheit selbst durch den Sport in Deutschland integriert worden, sagte der in der Türkei geborene Veysel Bugur, Vorsitzender des Karate-Vereines SC Banzai. "So konnte ich schnell die deutsche Sprache erlernen", betonte der zweimalige Karate-Weltmeister. Sein in Berlin-Kreuzberg ansässiger Verein habe derzeit 281 Mitglieder, von denen zwei Drittel ausländischer Herkunft seien.
Bugur machte deutlich, dass gerade die Sportart Karate von gegenseitigem Respekt geprägt sei. Zudem erziehe der Sport zur Kontaktlosigkeit und somit zum Gewaltverzicht. Der Vereinsvorsitzende machte weiter darauf aufmerksam, dass der Verein sämtliche Kosten für Trainingslager und Wettkampfreisen seiner Mitglieder selbst tragen müsse. Hier, so Bugur, wünsche er sich eine stärkere Unterstützung.
Für eine "moderate Erhöhung" der finanziellen Unterstützung für das Programm "Integration durch Sport" plädierte DOSB-Vertreterin Fehres. Derzeit liege der Betrag bei 5,4 Millionen Euro, sagte sie. Die letzte Erhöhung datiere immerhin aus dem Jahr 2000.
Der Mehrbedarf in Höhe von einer Million Euro ergebe sich aus den "durch die integrationspolitischen Aktivitäten der Bundesregierung entstandenen Erwartungen der Migranten und die inflationsbedingt gestiegenen Kosten", sagte Fehres. (hau/20.03.2013)