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Die Bundesregierung bewertet die Situation auf den Ausbildungsmarkt als gut. Zu diesem Fazit kommt der aktuelle Berufsbildungsbericht 2013, den Bundesbildungsministerin Prof. Dr. Johanna Wanka (CDU) in der etwa 40-minütigen Regierungsbefragung am Mittwoch, 15. Mai 2013, im Bundestag vorstellte. Grund für diese positive Lage sei vor allem das duale Ausbildungssystem, so die Ministerin: "Die duale Ausbildung ist das Rückgrat dieser wirtschaftlichen Entwicklung." Trotz früherer Kritik seitens der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) habe sich das duale Ausbildungssystem zum Exportschlager entwickelt.
Dafür sprächen auch die Zahlen, so Wanka: Deutschland könne gemeinsam mit Österreich mit 7,6 Prozent im März 2013 die niedrigste Arbeitslosenquote in Europa bei den unter 25-Jährigen verzeichnen. "Von der Situation in Spanien oder Griechenland, die Quoten von 56 oder sogar fast 60 Prozent haben, sind wir weit entfernt."
Der Bericht zeigt allerdings auch, dass 2012 rund drei Prozent und damit ungefähr 18.000 Ausbildungsverträge weniger abgeschlossen wurden als im Vorjahr. Diese Rückgänge führte Wanka zum einen auf die demografische Entwicklung, zum anderen auf den gezielten und an die demografische Entwicklung angepassten Abbau der außerbetrieblichen Ausbildung zurück.
Gleichzeitig sei mit 33.275 eine Rekordzahl an gemeldeten Berufsausbildungsstellen unbesetzt geblieben. "Das zeigt, dass wir an der Passfähigkeit weiter arbeiten müssen", sagte Wanka. Gerade "kleine und kleinste Unternehmen" hätten große Probleme, ihre Ausbildungsplätze zu besetzten.
Als Erfolg gezielter Maßnahmen der Bundesregierung sah die Bildungsministerin hingegen die sinkende Zahl der Altbewerber: "Es ist gelungen, die Zahl deutlich zu reduzieren." Verglichen mit 2011 sei die Zahl der Bewerber, die sich bereits ein oder zwei Jahre vor dem Berichtsjahr für eine Ausbildung beworben hätten, um 3,3 Prozent auf insgesamt 162.550 gesunken.
Auch die Zahl der Menschen, die im sogenannten Übergangsbereich befänden, sei um 6,4 Prozent weiter gesunken. Damit habe sich die Zahl seit 2005 um rund 36 Prozent reduziert, sagte Wanka. Den aktuellen Bericht wertete sie insgesamt als "Bestätigung der Maßnahmen, die wir unternommen haben".
Willi Brase (SPD), Mitglied im Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung, wollte dies so nicht stehen lassen: "Drei Prozent weniger Ausbildungsplätze, das ist nicht gut", sagte der Abgeordnete und wollte von der Ministerin wissen, was die Bundesregierung tue, um den "Maßnahmendschungel" im Übergangsbereich abzubauen und Jugendliche direkt in Ausbildung zu bringen.
Wanka antwortete, die Bundesregierung sei bereits dabei, die Vielzahl der Maßnahmen zu reduzieren und zu konzentrieren. Effektive Maßnahmen sollten jedoch verstetigt werden. "Hier sind wird im Gespräch mit den Industrie- und Handelskammern", sagte Wanka.
Albert Rupprecht (CDU/CSU) bezeichnete die Ergebnisse des Berichts als "großartige Botschaft". Die Situation für junge Menschen auf dem Arbeitsmarkt werde immer besser. Trotz Fortschritten dürften aber die Altbewerber nicht aus dem Blick verloren werden, mahnte er und erkundigte sich, welche Maßnahmen nun zum dem Rückgang geführt hätten.
Wanka stimmte Rupprecht zu: "Die Situation der Altbewerber hat uns lange große Sorgen gemacht." Doch mit "zielgerichteten und individuellen Maßnahmen" wie der Begleitung durch Senior-Berater oder Angebote des Programms "Bildungskette" sei es gelungen, mehr Altbewerber in Ausbildung zu bringen. "Diesen Weg werden wir weitergehen", kündigte die Ministerin an.
Dr. Rosemarie Hein, bildungspolitische Sprecherin der Linksfraktion, wies auf die Unterschiede des Arbeitsmarkts in Ost- und Westdeutschland hin und bat die Ministerin zu erklären, wie die Bundesregierung insbesondere der Situation der vielen offenen Stellen in Ostdeutschland begegnen wolle.
Wanka bestätigte, dass sich die Zahl der Bewerber in den neuen Bundesländern reduziert habe. Gleichzeitig verwies sie aber auf "intensive Maßnahmen von Handwerksbetrieben", die zum Beispiel in Schulen gingen, um dort über Ausbildung und freie Plätze zu informieren.
Kai Gehring, Sprecher für Bildungs- und Hochschulpolitik von Bündnis 90/Die Grünen, kritisierte, er sehe beim Abbau von "Warteschleifen" im Übergangsbereich kaum Erfolge. "250.000 Jugendliche sind in der Warteschleife", sagte er und wollte von Wanka wissen, ob sie zu der Ankündigung ihrer Vorgängerin im Amt, Prof. Dr. Annette Schavan (CDU), stehe, das Übergangssystem in "zwei, drei Jahren auf null" herunterzufahren.
Dies bejahte Wanka grundsätzlich. Dennoch brauchten manche Jugendliche weiterhin "individuelle Förderung", daher könne man auf Teile der Angebote im Übergangsbereich nicht verzichten. "Das, was aber Warteschleife ist, soll auf null runter", bekräftigte die CDU-Politikerin.
Sylvia Canel (FDP), Mitglied im Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung, bat angesichts des Erfolgs der dualen Ausbildung in Deutschland die Ministerin zu erklären, "welchen Einfluss Deutschland in Europa" habe.
Wanka antwortete daraufhin: "Wir werden umworben. Immer mehr Länder wollen unsere duale Ausbildung kennenlernen." Die Ministerin verwies zudem auf Initiativen gemeinsam mit Unternehmen, im Ausland Ausbildungsplätze anzubieten. Die Bundesregierung unterstütze dies als "wichtigen Schritt gegen die Jugendarbeitslosigkeit in Europa". Doch Wanka gab auch zu bedenken, dass die duale Ausbildung nicht eins zu eins übertragen werden könne. Hier brauche es in jedem Land Anpassungen. (sas/15.05.2013)