Navigationspfad: Startseite > Dokumente > Web- und Textarchiv > Textarchiv
Bundestagspräsident Prof. Dr. Norbert Lammert hat am Freitag, 7. Juni 2013, Kroatiens Parlamentspräsidenten Josip Leko im Deutschen Bundestag begrüßt und zugleich die Republik Kroatien zum 1. Juli in der Europäischen Union willkommen geheißen. "Wir freuen uns auf die neue Ebene der Zusammenarbeit", sagte Lammert in einem Gespräch der beiden Parlamentspräsidenten. Der Deutsche Bundestag habe diesem Beitritt nach sorgfältiger Befassung nahezu einmütig zugestimmt. Gleichwohl herrsche Übereinstimmung, dass auf kroatischer Seite weiterhin eine Reihe von Optimierungen im Anpassungsprozess an die Standards der EU gebe.
Leko, der in Berlin die Schlussabstimmung über den EU-Beitritt seines Landes im Bundesrat begleitete, untermauerte die Verantwortung, die Kroatien mit dem Beitritt zur EU übernehme. Er versprach für die kroatische Politik, in einem langjährigen ständigen Prozess weiter an der Anpassung an europäische Standards bei Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Frauen- und Minderheitenrechten zu arbeiten. Dazu gehöre auch die Unterstützung für die friedliche Zusammenarbeit auf dem gesamten westlichen Balkan.
Bundestagspräsident Lammert versprach, dass die Deutschen auch in Zukunft Probleme in konstruktiver, wenn auch nicht immer bequemer Weise ansprechen wollten. Dies beruhe auf den Erfahrungen aus insgesamt 60 Jahren europäischer Politik. Nahezu alle aktuellen Probleme in Europa resultierten im wesentlichen aus nicht eingehaltenen Verpflichtungen. "Wenn das Projekt Europa gelingen soll, müssen wir uns gegenseitig darauf verlassen können, dass das Vereinbarte gilt", erklärte der Bundestagspräsident.
Am Freitag, 7. Juni, hob Lammert auch die herausragende Rolle Tunesiens auf dem Weg zu einer demokratischen und rechtsstaatlichen Verfassung hervor.
In einem Gespräch mit dem tunesischen Premierminister Ali Larayedh im Bundestag zeigte sich Lammert überzeugt, dass die Bedeutung einer neuen Verfassung in Tunesien weit über die rein innenpolitische Dimension hinausreicht. Tunesien stehe als Modell im Blickpunkt besonders auch der Deutschen, die den Reformprozess weiterhin mit großer Sympathie unterstützten.
Tunesiens Regierungschef Larayedh versicherte dem Bundestagspräsidenten, dass die Tunesier eine klare Entscheidung für einen säkularen, demokratischen Staat getroffen hätten. "Wir gehen mit festen Schritten in Richtung Demokratie", sagte Larayedh zur Arbeit der Verfassunggebenden Versammlung in Tunis, die ihren Entwurf Ende Juli in den eigenen Reihen zur Abstimmung stellen will.
Die Menschen in Tunesien wollten eine moderne Verfassung, aber auch Respekt vor den religiösen und traditionellen Besonderheiten des Individuums. Allerdings sei nicht der Streit zwischen den Anhängern einer pluralistischen Demokratie und den Islamisten das Problem, erklärte der tunesische Regierungschef, sondern der Dissens zwischen den Verfechtern einer parlamentarischen Verfassung und den Unterstützern eines präsidialen Systems.
Zwar müsse jede Verfassung im kulturellen Kontext des jeweiligen Landes stehen. Jedoch seien Formelkompromisse nicht geeignet, klare Grundsatzentscheidungen zugunsten von Demokratie und Rechtstaatlichkeit zu ersetzen, sagte Lammert. Die Modernität einer Verfassung unterliege gewissen demokratischen und rechtsstaatlichen Mindestansprüchen.
Der tunesische Regierungschef bedankte sich für den Rückhalt und die Unterstützung, den sein Land durch Deutschland erfahre. Zugleich äußerte er seine Anteilnahme gegenüber den vielen Familien in Deutschland, die durch die derzeitige Hochwasserkatastrophe zu Schaden gekommen seien.
Nach den Worten Lammerts blickt Deutschland mit großen Erwartungen auf die bevorstehenden Parlamentswahlen in Albanien am 23. Juni. In einem Gespräch mit dem albanischen Staatspräsidenten Bujar Nishani am Donnerstag, 6. Juni, im Bundestag erinnerte Lammert an die politischen Rückschläge infolge der letzten Wahlen in Albanien im Jahr 2009. Wichtig sei neben dem objektiv fairen Verlauf von Wahlen vor allem auch die Überzeugung aller Beteiligten, dass sie fair verlaufen seien, sagte der Bundestagpräsident.
Nishani, der sich zu einem mehrtägigen Arbeitsbesuch in Deutschland aufhielt, warb nachdrücklich um mehr private Investitionen aus Deutschland in seinem Land. Deutsche Firmen seien in Albanien hoch willkommen. Der Bundestagspräsident erinnerte daran, dass die konsequente Bekämpfung von Korruption eine entscheidende Voraussetzung für ausländische Investitionen sei. Auch Zweifel an der politischen Stabilität seien geeignet, eine Investitionsbereitschaft nachhaltig zu hemmen.
eben manchen Irritationen sieht der Bundestagspräsident auch ermutigende Entwicklungen in Albanien. Wenngleich dieser Prozess noch viel Zeit benötige, gehöre das Land zu Europa und müsse langfristig eine Beitrittsperspektive für die EU haben, sagte Lammert.
Nishani unterstrich die Bereitschaft der Albaner, auch einen noch weiten Weg nach Europa zu gehen. Man sei entschlossen, den Reformkurs fortzusetzen und sich trotz aller Hindernisse weiterhin in Richtung auf europäische Standards hin zu bewegen. (eh/07.06.2013)