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Siegfried Kauder, Vorsitzender des Rechtsausschusses des Bundestages, während der internationalen Konferenz der parlamentqarischen Rechtsausschüsse © DBT/Melde
Wie wird sichergestellt, dass Gesetze den Willen des Wahlvolks widerspiegeln? Wie muss das Gesetzgebungsverfahren gestaltet sein? Wie sollten die verschiedenen Staatsorgane und die Zivilgesellschaft zusammenwirken, damit Gesetze verabschiedet werden, die den Anforderungen von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit entsprechen, die handwerklich gut gemacht sind und sich in der Praxis bewähren? Das Konferenzthema "Der Weg der Gesetzgebung – Rolle und Einfluss der daran beteiligten Institutionen" führt "ins Herz der parlamentarischen Demokratie", fasste die Staatssekretärin des Bundesjustizministeriums, Dr. Birgit Grundmann, die Bedeutung der dritten internationalen Konferenz der parlamentarischen Rechtsausschüsse zusammen.
Vertreter parlamentarischer Gremien für Gesetzgebung, Rechts- und Verfassungsfragen aus mehr als einem Dutzend Staaten Europas, Nordafrikas, des Südkaukasus und Zentralasiens tauschten sich auf Einladung der Deutschen Stiftung für internationale rechtliche Zusammenarbeit (IRZ) und des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages am Montag, 1. Juli, und Dienstag, 2. Juli 2013, im Bundestag in Berlin über Fragen der Gesetzgebung aus.
Trotz aller politischen und gesellschaftlichen Unterschiede in den Konferenzstaaten und trotz der Vielfalt der parlamentarischen Systeme stehen Abgeordnete vielfach vor ähnlichen Herausforderungen. Siegfried Kauder, der Vorsitzende des Rechtsausschusses des Bundestages, zählte dazu vor allem die Bewahrung und Stärkung der Rechte der Parlamente. "Wir, die Parlamentarier, sind die Gesetzgeber, nicht die Regierung!", hob Kauder hervor. "Wir nicken nicht ab, was die Regierung vorlegt."
Die Unabhängigkeit des Abgeordneten sei jedoch nicht Selbstzweck, sondern dem Wähler geschuldet. Um der Verantwortung des freien Mandats gerecht zu werden, sollte man über internationale Standards für gute Gesetzgebung nachdenken, regte der Vorsitzende des Rechtsausschusses an. Der Gesetzgebungsprozess müsse gewisse Qualitätsanforderungen erfüllen; dazu zähle auch ausreichend Beratungszeit.
Ausländische Rechtspolitiker wie der Abgeordnete Khamis Hamad Mohammed Al-Rumaihi aus Bahrain oder der Vorsitzende des Verfassungs- und Rechtsausschusses des serbischen Parlaments, Vladimir Cvijan, pflichteten Kauder bei, dass die Parlamente vor allem bei sehr komplexen Gesetzgebungsvorhaben vor schwierigen Aufgaben stünden, da sie nicht über die Personalstärke und die Fachkompetenz verfügten, die Regierungen und Ministerialbürokratien hätten. "Trotzdem müssen die Parlamente das letzte Wort haben", mahnte Cvijan.
Bei Gesetzgebungsinitativen spielt allerdings die Regierung eine dominierende Rolle. Mehr als 60 Prozent der Gesetzentwürfe und mehr als 80 Prozent der verkündeten Gesetze stammten aus der Feder der Bundesregierung, legte Staatssekretär Dr. Horst Risse, Direktor beim Deutschen Bundestag, dar. Rechnet man noch die Vorlagen der Koalitionsfraktion hinzu, die auf Vorschlägen und Entwürfen der Regierung basieren, tritt deren statistische Übermacht im Gesetzgebungsverfahren noch deutlicher zutage.
Von Ohnmacht des Parlaments gegenüber der Ministerialverwaltung könne jedoch nicht die Rede sein, argumentierte Risse und erinnerte daran, dass Bildung und Fortbestand der Bundesregierung vom Bundestag abhängig seien. Die richtungsweisende Rolle der deutschen Regierung im Gesetzgebungsverfahren entspricht auch internationalem Muster. Gruppenanträge oder gar Initiativen einzelner Abgeordneter, wie sie zum Beispiel in Georgien oder Serbien von Gesetzes wegen möglich sind, haben in der parlamentarischen Praxis offenbar nur selten Erfolg.
Parlamentarier müssen sich jedoch nicht nur gegenüber der Regierung und der eigenen Fraktion behaupten, ihre Unabhängigkeit und die Bereitschaft zur kritischen Prüfung und Abwägung wird staatenübergreifend auch durch Interessengruppen und deren Einfluss auf die parlamentarische Arbeit auf die Probe gestellt.
Oft sei es nicht einfach, zwischen Gruppen- und Privatinteressen einerseits und Gemeinwohl andererseits zu unterscheiden, gaben die Vorsitzenden der Rechtsausschüsse der Parlamente von Georgien und Kosovo, Prof. Dr. Wachtang Chmaladse und Arben Gashi, zu bedenken. Wichtig sei deshalb Transparenz zu schaffen und offenzulegen, wer im Gesetzgebungsprozess welche Interessen verfolgt, waren sich die ausländischen Konferenzteilnehmer mit Kauder und Risse einig.
Ingesamt wurde die Mitwirkung der Zivilgesellschaft an der parlamentarischen Arbeit als entscheidendes Element demokratischer Partizipation begrüßt. Vertreter Ägyptens und Tunesiens verwiesen auf die wichtige Rolle, die Nichtregierungsorganisationen und Berufsverbände in ihren Ländern bei Gesetzesvorhaben zum Schutz von Menschenrechten und zur Beseitigung von Missständen gespielt hätten.
In vielen jüngeren Demokratien und Transformationsstaaten würden Gesetzgebungsprozesse von optimistischen Erwartungen begleitet, fügte Prof. Dr. Josip Kregar, der Vorsitzende des Rechtsausschusses des neuen EU-Mitgliedstaates Kroatien hinzu. "Für die notwendigen Lernprozesse sollten wir uns den Wissensschatz der Zivilgesellschaft zunutze machen." (gel/02.07.2013)