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Wolfgang Gunkel, Pater Alberto Franco am 13. Juni 2013 im Paul-Löbe-Haus in Berlin © Wolfgang Gunkel
Mit Kolumbien verbindet Wolfgang Gunkel (SPD) eine lange Geschichte. In seiner Jugendzeit habe ein Kaplan, der nach Südamerika ausgewandert sei, sein Interesse geweckt. Als Mitglied des Bundestages reiste Gunkel 2005/2006 das erste Mal nach Kolumbien und sprach mit Regierungsvertretern. Auf vier weiteren Reisen fuhr er in entlegene Regionen und traf Menschenrechtler und Gemeindevertreter. Eine Patenschaft über das Programm "Parlamentarier schützen Parlamentarier" (PsP) des Menschenrechtsausschusses des Bundestages für den Anwalt Pater Alberto Franco übernahm er daher gern, zusammen mit Heike Hänsel (Die Linke).
"Ich habe den Eindruck, Franco ist ein von seiner Sache sehr überzeugter und auch ein sehr mutiger Mann", sagt Gunkel. "So mutig sind wir Deutschen nicht." Pater Alberto Franco ist Geschäftsführer der Menschenrechtsorganisation "Ökumenische Kommission für Gerechtigkeit und Frieden" in Kolumbien.
Der Anwalt vertritt Menschen, die von ihrem Land vertrieben wurden, und Gemeinden, die von der Vertreibung bedroht sind. Er kritisiert die Umsetzung des "Gesetzes für Opfer und Landrückgabe" durch die kolumbianische Regierung.
Die Kommission erhält bereits seit Jahren Morddrohungen. 2010 wurden Graffitis mit Drohungen an Wände im Zentrum Bogotás gesprüht. Im Februar 2013 schossen Unbekannte auf Franco. Zuvor hatte er öffentlich das Verhalten von ehemaligen Regierungsbeamten im Rückgabeprozess von Gemeindeland an afrokolumbianische Gemeinschaften kritisiert. Die Menschen hatten ihr ursprüngliches Land nicht zurückerhalten.
Wolfgang Gunkel kennt die Situation afrokolumbianischer sowie indigener Gemeinschaften und die Probleme bei der Umsetzung der Landreform. Während seiner letzten Reise nach Kolumbien im Februar 2012 hat er sich mit Vertretern von Gemeinden und Menschenrechtsorganisationen speziell über die Lebensumstände der Minderheiten ausgetauscht.
Mehrere Millionen Menschen seien während des Jahrzehnte währenden Krieges zwischen dem staatlichen Heer, der Guerilla und paramilitärischen Einheiten von ihrem Land vertrieben worden, sagt er. "Wenn die alle zurückwollen, ist ja klar, dass das nicht funktioniert." Diejenigen, die von der Vertreibung profitiert hätten, arbeiteten natürlich gegen die Reform.
Franco hat er inzwischen im Bundestag getroffen. "Ihm wurde empfohlen, das Land zu seiner eigenen Sicherheit für eine Weile zu verlassen", erzählt Gunkel. Mit Hilfe der Menschenrechtsorganisationen Peace Brigades International und kolko ist er nach Deutschland gereist.
Gunkel will seinen Einfluss für Franco geltend machen. "Ich werde dem Vizepräsidenten Kolumbiens einen Brief schreiben und um Personenschutz für Franco bitten", sagt er. Schon einmal habe er die Erfahrung gemacht, dass die Briefe tatsächlich gelesen und sogar beachtet werden. Es habe zwar anderthalb Jahre gedauert, aber der bedrängte Aktivist habe tatsächlich Unterstützung von der Regierung erhalten.
Auch den kolumbianischen Botschafter in Deutschland werde er ansprechen. Außerdem wolle er versuchen, Parlamentarier anderer Fraktionen zur Mitarbeit zu bewegen. Während des Treffens hätten sie Fotos von Franco und ihm gemacht, sagt Gunkel. "Die Organisationen haben sie veröffentlicht, ich habe sie auch auf meine Website gestellt." Diese Form von Öffentlichkeitsarbeit sei ein Teil des Schutzes für den Anwalt.
Die Regierung sei bemüht, zumindest den Anschein von Rechtsstaatlichkeit zu wahren. Daher könne es helfen, zu demonstrieren, dass Franco nicht allein dastehe, sondern Unterstützer in aller Welt habe. Zwar sei Franco kein Parlamentarier, trotzdem sei die Patenschaft über das PsP-Programm gerechtfertigt. "Parlamentarier sind in Kolumbien nicht so konkret gefährdet wie Aktivisten", sagt Gunkel.
Die Entwicklung des Landes beurteilt er skeptisch. "Das Hauptproblem sind für meine Begriffe immer noch die Paramilitärs." Dahinter steckten Großgrundbesitzer, die sich Truppen zu ihrem Schutz zusammengestellt hätten. Die Kämpfer seien Soldaten unter Kolumbiens Ex-Präsident Álvaro Uribe Vélez gewesen. Die Verhandlungen der aktuellen Regierung mit der Guerillaorganisation FARC seien ein richtiger Schritt. "Aber sie kriegen die Paramilitärs nicht in den Griff." (ske/05.08.2013)