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Trickserei und Plünderung der Rentenkasse: So lauten die Vorwürfe der Opposition gegenüber den Plänen der Großen Koalition, den Rentenbeitragssatz 2014 einzufrieren, um damit die so genannte Mütterrente zu finanzieren. Einen entsprechenden Gesetzentwurf (18/187) überwiesen die Abgeordneten am Donnerstag, 19. Dezember 2013, zur Beratung an den Ausschuss für Arbeit und Soziales. Mit dem Gesetzentwurf soll festgelegt werden, dass der Beitragssatz in der allgemeinen Rentenversicherung nicht von 18,9 auf 18,3 Prozent und in der knappschaftlichen Rentenversicherung nicht von 25,1 auf 24,3 Prozent sinkt, sondern stabil bleibt, wodurch sich Mehreinnahmen in der gesetzlichen Rentenversicherung von 7,5 Milliarden Euro im nächsten Jahr ergeben.
Zu Beginn der Debatte hatte die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für Arbeit und Soziales, Gabriele Lösekrug-Möller (SPD), für die rentenpolitischen Vorhaben der Koalition geworben. Diese seien sinnvoll und würden "ein stabiles System gerechter" machen.
Schwarz-Rot wolle dafür sorgen, dass Erwerbsminderung kein Armutsrisiko sei und Schluss machen mit der unterschiedlichen Rentenlage in Ost und West. Die Stichtagsregel bei den Kindererziehungszeiten aufzulösen sei "gut und richtig".
Für die Unionsfraktion betonte der CDU-Arbeitspolitiker Karl Schiewerling, die Anerkennung der Erziehungszeiten für vor 1992 geborene Kinder sei sozial gerecht. Damit erkenne man die Leistung von Müttern an, die ohne Krippen und entsprechende Rahmenbedingungen Kinder geboren und so erzogen hätten, dass sie mit ihrer Hände Arbeit zur Sicherung der Solidarsysteme beitrügen. Wenn alles gut gehe und man "auf Anhörungen verzichtet", werde man das Gesetzesvorhaben im Februar im Bundesrat verabschieden können.
Auf eine Zwischenfrage aus der Linksfraktion, warum die Koalition sich nicht einem Antrag der Linken angeschlossen habe, mit dem man das Vorhaben noch in diesem Jahr hätte umsetzen können, sagte Schiewerling, der Vorschlag der Linken sei "ordentlich" gewesen, "unserer war ordentlicher". Weil ein Drittel der Rücklagen der Rentenkasse aus Steuermitteln stamme, werde die Allgemeinheit angemessen an dem Vorhaben beteiligt.
Die Oppositionsfraktionen übten hingegen herbe Kritik: Mit ihrer Rentenpolitik setze die neue Regierung den Kurs von Schwarz-Gelb fort, nur mit einer "schöneren Verpackung", sagte die Linke-Abgeordnete Sabine Zimmermann. Die Anerkennung der Erziehungszeiten von 1992 sei "zwar mehr als überfällig", warum es aber keine vollständige Gleichstellung von Ost und West gebe und damit die Erziehungsleistung der Mutter im Osten weniger wert sei als die der Mutter im Westen, müsse die Koalition den Beitragszahlern erklären.
Die SPD zahle nun den Preis dafür, dass sie ihre "richtigen und nötigen" Forderungen nach Umverteilungen im Wahlkampf aufgegeben habe. Die Reichensteuer komme nicht, dafür würden nun "die Beitragszahler angezapft und die Rentenkasse geplündert", so Zimmermann. Von der geplanten abschlagsfreien Rente mit 63 habe nur eine Minderheit überhaupt etwas, zwei Drittel der Neurentner hätten dazu "keinen Zugang".
Für die Grünen warf Kerstin Andreae der Koalition Trickserei vor: Die Begründung des Gesetzentwurfs sei ein "Hohn"; es gehe nicht um die Stabilität der Finanzierung der gesetzlichen Rentenversicherung, sondern um die Finanzierung von Wahlkampfversprechen. Das geplante Verfahren entspreche nicht dem geordneten parlamentarischen Ablauf: Schwarz-Rot könne nicht ernsthaft Sachverständige zu einer Anhörung laden und deren Expertise gar nicht zur Kenntnis nehmen, weil alles schon vorgegeben sei.
Die Mütterrente müsse steuerfinanziert werden, so Andreae, sie werde in vier Jahren 26 Milliarden Euro kosten. So, wie sie jetzt geplant sei, verlagere sie die Lasten auf zukünftige Generationen. Das werde auf den "entschlossenen Widerstand" der Grünen-Fraktion treffen.
Der sächsische Minister für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr, Sven Morlok (FDP), sagte im Plenum, das Vorhaben belaste "die Leistungsträger der Gesellschaft" und gefährde die Zukunftschancen der jüngeren Generation.
Gefragt, ob dies die Haltung der schwarz-gelben sächsischen Landesregierung sei, sagte Morlok, Ministerpräsident Stanislaw Tillich habe sich schon angesichts voller Kassen bei den Rundfunkbeiträgen dafür eingesetzt, dass die Beiträge an diejenigen zurückgingen, die sie bezahlt hätten. Gleiches gelte in der Frage der Renten. (suk/19.12.2013)