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Wie es mit der Vorratsdatenspeicherung nach dem Luxemburger Urteil weitergeht, beschäftigt den Bundestag. © picture alliance/chromorange
Um die Zukunft der Vorratsdatenspeicherung nach dem vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) gefällten Urteil, das eine entsprechende Brüsseler Richtlinie für ungültig erklärt, dreht sich eine 45-minütige Plenardebatte am Freitag, 9. Mai 2014, ab etwa 12.30 Uhr. Die Opposition fordert, auf diese umstrittene Ermittlungsmethode sowohl auf EU-Ebene als auch in Deutschland zu verzichten. Unionspolitiker dringen hingegen auf einen nationalen Alleingang bei der Vorratsdatenspeicherung. Justizminister Heiko Maas (SPD) sieht nach der Entscheidung der EU-Richter keinen Grund zur Eile und wirbt für eine "ergebnisoffene" Diskussion.
Die Debatte wird live im Parlamentsfernsehen, im Internet auf www.bundestag.de sowie auf mobilen Endgeräten übertragen.
Der Diskussion liegt ein Antrag der Grünen mit dem Aufruf an die Regierung zugrunde, nach dem Luxemburger Richterspruch in Brüssel für einen Verzicht auf die Neuauflage einer EU-Richtlinie einzutreten, welche die EU-Länder zur Einführung der Vorratsdatenspeicherung verpflichtet. Zudem verlangt die Oppositionspartei von der Koalition, auch einem nationalen Alleingang eine Absage zu erteilen.
Erörtert werden sollen zudem zwei bereits vor dem am 8. April verkündeten EuGH-Urteil von der Linken (18/302) und den Grünen (18/381) eingebrachte Anträge, in denen die Oppositionsfraktionen unabhängig vom Verfahren vor dem EuGH gefordert hatten, die Vorratsdatenspeicherung ad acta zu legen. Im Rechtsausschuss hatten Union und SPD diese Vorstöße abgelehnt, was sich in einer Beschlussempfehlung an das Plenum (18/999) niederschlägt.
Bei der Vorratsdatenspeicherung wird den Telekommunikationsanbietern auferlegt, für einen bestimmten Zeitraum bei sämtlichen Bürgern ohne Verdacht auf eine Straftat umfassend zu registrieren, wer mit wem wann telefoniert, wer wann wem eine Mail, eine SMS oder ein Fax schickt und wer sich wann was im Internet anschaut. Diese Erkenntnisse können Justiz und Polizei unter bestimmten Bedingungen für Ermittlungen nutzen.
Aus Sicht der Linken ermöglicht diese Datenspeicherung einen "umfassenden Einblick in die Persönlichkeit des Einzelnen, sein Kommunikations- und Bewegungsverhalten, seine sozialen Beziehungen und Verhältnisse". Dieses Vorgehen fördere das "Gefühl des permanenten unkontrollierbaren Beobachtetwerdens" und schüchtere die Bürger bei der Wahrnehmung demokratischer Freiheiten und bei der alltäglichen Kommunikation ein.
Die Grünen beklagen einen "historischen Einschnitt in die freiheitlich-rechtsstaatliche Verfasstheit unserer Demokratie". Die massenhafte Datenerfassung erlaube "präziseste Verhaltens-, Kontakt- und Bewegungsprofile". Die Fraktion spricht von einem tiefen Eingriff in die Privatsphäre, in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung und in das Telekommunikationsgeheimnis.
In Deutschland hatte das Verfassungsgericht 2010 die Umsetzung der jetzt vom EuGH für nichtig erklärten EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung in nationales Recht gestoppt, weil die Grundrechte nicht ausreichend gewahrt würden. Verboten hatte Karlsruhe diese Ermittlungsmethode nicht.
In der Großen Koalition hatten sich Union und SPD darauf verständigt, die zu Zeiten der schwarz-gelben Regierung von FDP-Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger verhinderte Einführung der Vorratsdatenspeicherung unter Berücksichtigung der Auflagen des Verfassungsgerichts und des EuGH neu in Angriff zu nehmen.
Für Maas ist durch das Luxemburger Urteil jedoch eine "neue Situation eingetreten". Die EU-Richter hätten nicht nur eine Überarbeitung der Brüsseler Richtlinie verlangt, betont der Justizminister, sondern diese Vorgaben "komplett für ungültig erklärt". Diese Entscheidung belege, dass nicht alles, was technisch machbar ist, mit den Grundrechten vereinbar sei. Der SPD-Politiker plädiert für eine "ergebnisoffene Diskussion".
Die Union beharrt hingegen auf der Vorratsdatenspeicherung. Dieses Instrument bleibe ein "wichtiges Mittel für die Aufklärung schwerer Straftaten", so Innenminister Thomas de Maizière (CDU). Der Abgeordnete Thomas Strobl tritt dafür ein, nun auf nationaler Ebene die Vorratsdatenspeicherung einzuführen. Man solle nicht auf eine neue EU-Richtlinie warten, verlangt der CDU-Politiker. Der Luxemburger Richterspruch verurteile die Politik nicht zur Tatenlosigkeit, die Vorratsdatenspeicherung sei nicht untersagt worden.
Im Vorfeld der Bundestagsdebatte haben mehrere Bürgerrechtsorganisationen 100.000 Unterschriften gesammelt, um ihrer Forderung nach einem Verzicht auf die Vorratsdatenspeicherung Nachdruck zu verleihen. Nach dem "vernichtenden Urteil" des EuGH sei es "überfällig, diese anlasslose Kompletterfassung unserer Kontakte und Bewegungen endgültig zu beerdigen", sagt Rena Tangens von der Vereinigung "Digitalcourage". (kos/30.04.2014)