Bundeswehreinsatz in Zentralafrika


Viel Zustimmung für eine deutsche Beteiligung am EU-Militäreinsatz in der Zentralafrikanischen Republik hat es am Dienstag, 8. April 2014, im Bundestag gegeben. Dieser beriet in erster Lesung über den einige Stunden zuvor vom Kabinett beschlossenen Antrag der Bundesregierung (18/1081), die geplante Mission der Europäischen Union (EUFOR RCA) mit bis zu 80 Bundeswehrsoldaten logistisch zu unterstützen.

Seit einem Putsch muslimischer Rebellen im vergangenen Jahr herrscht in der Zentralafrikanischen Republik ein blutiger Konflikt zwischen christlichen und muslimischen Bevölkerungsgruppen. Immer wieder kommt es dabei auch zu Gewalt zwischen Truppen aus dem Tschad und Christen. Beobachter der Vereinten Nationen sehen sogar die Gefahr eines Völkermordes – zwanzig Jahre nach den Gräueln in Ruanda.

Hilferuf von Religionsführern

Mit dieser Gefahr begründete die Bundesministerin der Verteidigung, Dr. Ursula von der Leyen (CDU), in der Aussprache den Antrag der Regierung. Zentralafrika versinke im Augenblick in blutigen Auseinandersetzungen zwischen muslimischen und christlichen Milizen.

Drei Religionsführer des Landes – ein katholischer, ein evangelischer und ein muslimischer – hätten ihr in der vergangenen Woche bei einem gemeinsamen Besuch in Berlin  "unmissverständlich klargemacht, dass sie ein robustes Mandat möchten, damit die Friedenswilligen auch wieder das Gespräch aufnehmen können".

Bundesregierung will mit Lufttransport helfen

Nach dem Willen der Bundesregierung soll die Bundeswehr keine Kampftruppen stellen, sondern im Rahmen der Mission EUFOR RCA den notwendigen strategischen Verwundetentransport in der Luft übernehmen. Dazu kommt noch Personal für das strategische Hauptquartier im griechischen Larissa und das operative Hauptquartier in der zentralafrikanischen Hauptstadt Bangui. Das Mandat läuft bis zum 28. Februar 2015.

Darüber hinaus hat Deutschland auch angeboten, über den zivilen Anbieter SALIS Transportleistungen nach Bangui bereitzustellen. Dabei sind dann keine deutschen Soldaten beteiligt.

Überbrückungsmission

Die Europäische Union spricht von einer Überbrückungsmission, weil sie gemeinsam mit Streitkräften der Afrikanischen Union Sicherheit schaffen soll, bis später eine UN-Mission die weitere Stabilisierung übernehmen kann. Bisher sind in der Zentralafrikanischen Republik rund 6.000 Soldaten der Afrikanischen Union sowie 2.000 französische Soldaten im Einsatz.

Von der Leyen sagte, der Lufttransport sei für diese EUFOR-Mission von besonderer Bedeutung. Die Bundeswehr habe hier besondere Fähigkeiten. Deutschland wolle sich "mit dem beteiligen, was am meisten und am häufigsten von uns nachgefragt wird".

Linke: Beihilfe zum Krieg

Den Ausführungen der Verteidigungsministerin stimmte Niema Movassat (Die Linke) nur in einem zu: "Ja, die Lage der Bevölkerung in der Zentralafrikanischen Republik ist dramatisch." Doch nach seiner Darstellung ist vor allem der "Neokolonialismus" Frankreichs dafür verantwortlich. Die Putschisten seien seinerzeit offenbar auch vom Tschad unterstützt worden, der wiederum "einer der engsten Verbündeten Frankreichs in Afrika" sei und "kaum ohne Rücksprache mit Paris agiert" haben werde.

Nun bitte Frankreich die EU und Deutschland um Hilfe. "Deutschland leistet mit seiner Unterstützung letztlich Beihilfe zum Krieg", so begründete Movassat, warum seine Fraktion "Nein" zu dem Antrag der Bundesregierung sage. Das Geld für den Einsatz "wäre im Bereich der Nahrungs- und Gesundheitsversorgung besser aufgehoben".

"Kein zweites Ruanda"

Dem stellte der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Michael Roth, den Satz entgegen: "Ein zweites Ruanda darf es nicht geben."

Solange das Land weiter von gewaltsamen Unruhen erschüttert werde, hätten "die internationalen Hilfsorganisationen kaum eine Chance, dort hinzugelangen, wo ihre Hilfe am dringendsten gebraucht wird", sagte der SPD-Politiker.

Grüne: Gewaltmonopol wiederherstellen

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen schloss sich Dr. Tobias Lindner den Argumenten der Regierungsvertreter an. Zentralafrika sei ein Land, in dem "staatliche Strukturen nur noch rudimentär vorhanden sind." Dort müsse die erste Aufgabe sein, "überhaupt so etwas wie ein Gewaltmonopol wiederherzustellen".

Die von der Bundesregierung beantragte Beteiligung mit bis zu 80 Soldaten sei dazu ein "überschaubarer Beitrag", aber "immer noch besser als kein Beitrag, als ein hilfloses Zusehen". Lindner monierte aber auch das Fehlen eines "Gesamtplans" für die Zentralafrikanische Republik und forderte über den Militäreinsatz hinaus langfristige humanitäre und zivile Hilfe für den Wiederaufbau.

SPD: Kurzfristige Mission

Dagmar Freitag (SPD) wies darauf hin, dass es sich bei dem Einsatz im Rahmen der Europäischen Union um eine kurzfristige Mission handele. UN-Generalsekretär Ban-Ki Moon fordere eine 12.000 Mann starke Friedenstruppe der Vereinten Nationen, die bis Ende dieses Jahres ihren Dienst aufnehmen soll. Sie hoffe, dass der UN-Sicherheitsrat in Kürze das Mandat dazu erteile.

Die Überbrückungsmission habe vorrangig zum Ziel, gemeinsam mit der Afrikanischen Union und den Vereinten Nationen die Rückkehr des Landes zu einer verfassungsgemäßen Ordnung zu unterstützen und die von den bewaffneten Gruppen ausgehende Gefahr für die Bevölkerung einzudämmen. Damit wäre dann auch der "dringend erforderliche Zugang für die humanitären Maßnahmen" gewährleistet.

CDU/CSU: Vernetzter Ansatz

"Sicherheitslage und humanitäre Hilfe hängen untrennbar zusammen", betonte auch Elisabeth Motschmann (CDU/CSU), weshalb Movassat mit seinem Wort von der "Beihilfe zum Krieg" "komplett falsch gelegen" habe.

Motschmanns Fraktionskollege Florian Hahn wies darauf hin, dass in Zentralafrika "im Sinne eines vernetzten Ansatzes" auch viel mehr Unterstützung zur Verbesserung der Lage vonnöten sein werde. Er dankte der Bundesregierung, dass sie auch dazu bereit sei, und namentlich Entwicklungsminister Gerd Müller, der kürzlich beim Besuch vor Ort zusätzliche zehn Millionen Euro vor allem für den Ausbau der medizinischen Versorgung zugesagt habe.

Entscheidung schon am Donnerstag

Der Bundestag verwies den Antrag der Bundesregierung an den federführenden Auswärtigen Ausschuss, der am Mittwoch darüber beraten will.

Schon am Donnerstag, 10. April, soll dann erneut im Plenum debattiert und namentlich abgestimmt werden. (pst/09.04.2014)