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Berlin: (hib/PST) Computerprogramme sind eine Abfolge von Algorithmen, Algorithmen aber sind Mathematik und Mathematik ist nicht patentierbar. So begründete Rechtsprofessor Jürgen Ensthaler von der Technischen Universität Berlin als Sachverständiger in der öffentlichen Anhörung des Rechtsausschusses zu dem Antrag „Patentierung von Computerprogrammen effektiv begrenzen“ (17/13086), warum er diesen Antrag im Grundsatz befürwortet. Darin fordern die Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen die Bundesregierung auf, auf nationaler Ebene sicherzustellen und auf europäischer Ebene dafür einzutreten, dass der Schutz von Computerprogrammen in der Regel nur über das Urheberrecht erfolgt.
Mehrere der Sachverständigen berichteten von Fällen, in denen große Konzerne kleinen Softwarefirmen Patentverletzungen vorgeworfen und hohe finanzielle Forderungen gestellt hätten - „Ablassgebühren“, wie es der Berliner Rechtsanwalt und Unternehmensberater Dr. Till Jaeger nannte. Die Fülle von Software-Patenten – Johannes Sommer vom Bundesverband der Informations- und Kommunikationstechnologie bezifferte sie auf mindestens 70 000 allein in Europa – sei für kleine und mittlere Unternehmen nicht zu überblicken. Keine Versicherung, so Jaeger weiter, decke das Risiko der Patentverletzung ab. Die Angst vor möglichen Patentverletzungen könne daher den Fortschritt hemmen.
Software sei bereits durch das Urheberrecht wirksam geschützt, erklärte Dr. Oliver Grün vom Bundesverband IT-Mittelstand, dem 800 Unternehmen angehören. Es sei einfach zu handhaben und bedrohe keinen Software-Entwickler, der in eigener Anstrengung zu einer ähnlichen Problemlösung gefunden hat. Der Düsseldorfer Rechtsanwalt Rasmus Keller, der mittelständische Software-Unternehmer berät, wies darauf hin, dass bei Computerprogrammen zudem der Quellcode verborgen bleibt. Das unterscheide sie von technischen Geräten, die man aufschrauben und nachbauen könne, weshalb bei ihnen der Patentschutz auch sinnvoll sei. Rechtsanwalt Till Kreutzer vom Büro für informationsrechtliche Expertise in Berlin ergänzte, das Patentrecht habe den Sinn, Innovationen zu fördern, bewirke im Software-Bereich aber eher das Gegenteil.
Dem hielt Uwe Schriek, Patentanwalt bei der Siemens AG, entgegen, dass ein Patent nie für ein Programm selbst erteilt würde, sondern für ein neuartiges Konzept, das diesem Programm zugrunde liege. Bei komplexen technischen Systemen wie Kraftwerken oder auch Haushaltsgeräten entstünden Millionenkosten für die Entwicklung von Konzepten, schon bevor die erste Zeile eines Computerprogramms geschrieben sei. Das Patentrecht sei wichtig, um solche Investitionen zu schützen. In solchen Fällen, in denen Computerprogramme eine Funktion in der Steuer-, Mess- und Regeltechnik haben, wie sie früher von mechanischen oder elektrischen Komponenten wahrgenommen wurden, wollen freilich auch die Antragsteller im Bundestag weiterhin eine Patentierung erlauben.
Der Ausschussvorsitzende Siegfried Kauder (CDU) fasste die Statements der Sachverständigen mit einem Zitat des Hamburger Ingenieurs, Informatikers und Unternehmers Stefan Richter zusammen: „Die Idee ist der einfache Teil, die Umsetzung das Schwierige“. Richter hatte damit ausgedrückt, dass beim Programmieren meist das Konzept für eine Problemlösung, das patentierbar ist, leichter zu erstellen ist, als ein fertiges Computerprogramm, für das es den Schutz des Urheberrechts gibt.
In der anschließenden Fragerunde bejahte Siemens-Patentanwalt Schriek die Frage der CDU-Abgeordneten Nadine Schön, ob ein Patent nicht ein Asset sei, das bei der Finanzierung helfe. Das Schutzrecht helfe auch kleineren Unternehmen, Wagniskapital zu bekommen, und sei dabei wesentlich effektiver als das Urheberrecht. Dagegen sagte Unternehmensberater Till Jaeger, der den Grünen-Abgeordneten Jerzy Montag und Konstantin von Notz antwortete, vielen IT-Unternehmen seien Patentverfahren zu langwierig. Denn in der Branche zähle vor allem Geschwindigkeit. Verbandsvertreter Johannes Sommer beantwortete eine Frage des FDP-Abgeordneten Jimmy Schulz dahingehend, dass die ganz überwiegende Zahl von Software-Patenten von Großkonzernen gehalten werde. Dagegen müssten kleinere Unternehmen, wie Mathias Kirschner von der „Free Software Foundation Europe“ auf Fragen der Linken-Abgeordneten Halina Wawzyniak und Petra Sitte ausführte, viel Zeit und Geld in die Verteidigung gegen Patentansprüche der Großen stecken.
So wie auch andere Sachverständige forderte Rechtsanwalt Rasmus Keller, der eine Frage von Ingo Egloff (SPD) beantwortete, Software-Patente bald gesetzlich zu begrenzen. Dem Bundesgerichtshof sei es bisher nicht gelungen, klare Kriterien festzulegen, welche Patente zulässig sind und welche nicht. Deshalb könne man dies nicht weiter der Rechtssprechung überlassen. Unterschiedlich antworteten Verbandsvertreter Oliver Grün und Rechtsprofessor Jürgen Ensthaler auf die Frage von Ansgar Heveling (CDU), wie eine solche Abgrenzung zulässiger von unzulässiger Patentierung aussehen solle. Grün vertrat die Ansicht, dass es gar keiner Ausnahmen bedürfe. Wegen des verborgenen Quellcodes sei die Sofware-Steuerung einer Maschine ohnehin wesentlich schwieriger zu plagiieren als früher eine Platine, die Patentierung also auch hier unnötig. Ensthaler wandte sich zwar ebenfalls dagegen, wie im Antrag vorgesehen die Patentierung dort zu erlauben, wo Software in Geräten anstelle mechanischer oder elektrischer Regelungstechnik eingesetzt wird. Stattdessen solle die Patentierung nur zusammen mit einer konkreten Funktionsbeschreibung ermöglicht werden. Das Patent gelte dann nicht für die Anwendung derselben Softwareelemente für andere Funktionen.
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