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Berlin: (hib/HLE) Wirtschaftsverbände und Industrie haben die von der Koalition geplanten Änderungen aus der Besonderen Ausgleichsregelung für die Entlastungen von Unternehmen von der Umlage nach dem Erneuerbaren-Energien-Gesetz (EEG) begrüßt, zugleich aber Änderungen gefordert.
In einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Wirtschaft und Energie am Montag begrüßten die Verbände der energieintensiven Industrien in Deutschland (Baustoffe, Glas, Chemie, Papier, Metall und Stahl) in ihrer Stellungnahme die wenn auch eingeschränkte Fortführung der Ausgleichsregelung. Dies sei nicht nur aus Gründen des Vertrauens- und Investitionsschutzes notwendig. Bedenken, es gebe eine Flucht in die Eigenversorgung mit Strom, wurden zurückgewiesen. Die Nutzung ökologisch und energiewirtschaftlich sinnvoller Technologien zur Eigenversorgung leiste einen wichtigen Beitrag für die nachhaltige Stromversorgung am Industriestandort Deutschland. Genannt wurden zum Beispiel Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen (KWK), die Nutzung von Wärmesenken und von Restgasen. Durch die Neuregelung drohe Unternehmen mit einem hohen Strombedarf eine Mehrbelastung mit einem sechsstelligen Euro-Betrag. Der Verband deutscher Maschinen und Anlagenbau (VDMA) begrüßte, dass jetzt Rechtssicherheit für die energieintensive Industrie geschaffen werde und verlangte die Aufhebung der Diskriminierung von neu gegründeten Unternehmen. Neue energieintensive Unternehmen könnten erst im dritten Geschäftsjahr einen Antrag in der Besonderen Ausgleichsregelung stellen.
Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) erklärte in seiner Stellungnahme, er unterstützte die Zielrichtung der Energiewende, solange in jeder Phase der Umsetzung die Versorgungssicherheit auf hohem Niveau erhalten bleibe und das Preisniveau für Strom nicht noch mehr zu einer Belastung für die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft werde. Die Pläne der Regierung würden diesen Anforderungen nur teilweise gerecht, klagte die Organisation, die ebenfalls „deutliche Markteintrittsbarrieren“ für neue energieintensive Unternehmen kritisierte. Die geplante Belastung der Eigenerzeugung von Strom mit EEG-Umlage ist nach Ansicht des DIHK „grundsätzlich nicht zielführend“. Der Bundesverband der Deutschen Industrie kritisierte, „durch die EEG-Reform wird die Industrie insgesamt stärker belastet und leistet damit einen größeren Beitrag zur Energiewende, was weiterhin mit erheblichen Einbußen der internationalen Wettbewerbsfähigkeit einhergeht.“ Die stromintensive Industrie befinde sich bereits in einem „Gefährdungsszenario“. Insgesamt bewertete BDI-Vertreter Markus Kerber die Reform als „Energiekostenanstiegsgesetz“.
Dagegen erklärte Professor Uwe Leprich (Institut für ZukunftsEnergieSysteme), die Industrie profitiere von kontinuierlich sinkenden Preisen an der Strombörse. Der Großhandelspreis sei seit Ende 2008 um die Hälfte gefallen. „Der vorliegende Gesetzentwurf erhält die Privilegierung der Industrie mindestens aufrecht.“ Eine Entlastung der Verbraucher gebe es dadurch nicht. Leprich empfahl, die Industrieprivilegien an die Durchführung von Effizienzmaßnahmen zu knüpfen.
Stephan Kohler (Deutsche Energie-Agentur, dena) sprach sich dafür aus, Eigenstrom grundsätzlich in die Umlage einzubeziehen. Ausnahmen solle es aber zum Beispiel für Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen (KWK) geben, um die Energieeffizienz zu fördern. Felix Christian Matthes vom Öko-Institut sprach vom „Mythos Eigenverbrauch“. Es handele sich dabei um nur um einen Wechsel des Transfersystems. Kosten würden nicht gespart, sondern für die Kosten müssten andere aufkommen.
Der Verbraucherzentrale Bundesverband wandte sich gegen die Einbeziehung der Eigenstromerzeugung mit erneuerbarer Energie in die EEG-Umlage, was auch zu einer Belastung privater Anlagenbetreiber führen würde. Dies würde einen „elementaren Bestandteil der Energiewende elementar bedrohen“. Der Effekt bei der Umlage betrage bis 2018 höchstens 55 Cent pro Haushalt und Jahr. Die Neugestaltung der Ausnahmen für die Industrie werde die Belastung der nicht begünstigten Stromverbraucher weiter erhöhen. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) begrüßte den Bestandsschutz für Eigenversorgungsanlagen der Industrie und unterstützte zugleich die Absicht der Koalition, Neuanlagen zu einer anteiligen Zahlung der EEG-Umlage heranzuziehen. Bei der Besonderen Ausgleichregelung hat der Aspekt des Erhalts von Arbeitsplätzen für den DGB einer „herausgehobene Bedeutung“. Interessen von Verbrauchern und Industriebetrieben dürften nicht gegeneinander ausgespielt werden. In der Anhörung wies DGB-Vertreterin Inge Lippert darauf hin, dass Schmieden bei den Vergünstigungen nicht berücksichtigt worden seien, was zu Wettbewerbsnachteilen gegenüber Gießereien führen könne. Nach Angaben des DIHK wurden auch Textilveredler und Härtereien nicht berücksichtigt.
Detlef Raphael (Kommunale Spitzenverbände) erklärte, die Schienenbahnen würden durch die Novellierung mit 80 bis 100 Millionen Euro belastet. Es müsse in diesem Bereich eine Lösung gefunden werden, um Fahrpreiserhöhungen zu vermeiden. Betroffen seien vor allem kleine Bahnbetriebe. Auch Matthes sprach von einer Belastung von 100 Millionen Euro für die Bahnen. Holger Krawinkel (Verbraucherzentrale) erklärte in seiner Stellungnahme, der von den Schienenbahnen zu zahlende Betrag werde sich in vielen Fällen mehr als verdoppeln. Es bestehe die Gefahr, dass der umweltfreundliche Schienenverkehr durch den daraus resultierenden Anstieg der Ticketpreise an Attraktivität verlieren werde: „Eine derartige Entwicklung kann angesichts der angestrebten Dekarbonisierung des Verkehrsbereichs nicht im Sinne der Energiewende sein.“
Mit der Reform der Besonderen Ausgleichsregelung für stromkosten- und handelsintensive Unternehmen wollen die Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD in ihrem gemeinsamen Gesetzentwurf (18/1449) die bisherigen EEG-Ausnahmeregelungen fortführen und so zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschafts- und Industriestandorts Deutschland beitragen. Anträge auf Reduzierung der EEG-Umlage können Unternehmen aus jenen Branchen stellen, die von den Umwelt- und Energiebeihilfeleitlinien der EU-Kommission als strom- und handelsintensiv eingestuft worden und die auf zwei Listen zusammengestellt worden sind. Außerdem muss der Anteil der Stromkosten an der Bruttowertschöpfung der Unternehmen einen Mindestanteil aufweisen. Die privilegierten Unternehmen sollen grundsätzlich 15 Prozent der EEG-Umlage bezahlen. Diese Belastung soll jedoch auf vier beziehungsweise 0,5 Prozent der Bruttowertschöpfung der Unternehmen begrenzt werden. Ungeachtet dessen sollen alle privilegierten Unternehmen für die erste Gigawattstunde die EEG-Umlage in voller Höhe und für alle darüber hinausgehenden Kilowattstunden mindestens 0,1 Cent bezahlen. Unternehmen, die höher belastet werden als bisher, sollen bis 2019 Zeit erhalten, um sich auf den Anstieg der Belastung einzustellen: „Zu diesem Zweck darf sich die von einem Unternehmen zu zahlende EEG-Umlage von Jahr zu Jahr höchstens verdoppeln“, heißt es in dem Entwurf. Für die Unternehmen gibt es noch weitere Übergangs- und Härtefallregelungen.
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