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Berlin: (hib/PST) Als Vorbereitung auf die Zeugenvernehmungen im sogenannten Edathy-Untersuchungsausschuss, die am 9. Oktober beginnen, hat das Gremium am Mittwoch vier Sachverständige zu den juristischen und organisatorischen Grundlagen befragt. In der öffentlichen Sitzung ging es zum einen um die Rechtslage im Bereich der Kinderpornografie, in dem gegen den ehemaligen SPD-Abgeordneten Sebastian Edathy ermittelt wird. Zum anderen ging es um die Rechtsgrundlagen des Bundeskriminalamtes, das die Ermittlungen zunächst geleitet hatte, sowie um die organisatorische Aufstellung des BKA im Bereich der Kinderpornografie und seine Zusammenarbeit mit anderen Behörden.
Die Strafrechtsprofessoren Jörg Eisele aus Tübingen und Joachim Renzikowski von der Universität Halle-Wittenberg waren sich einig, dass die Abgrenzung von strafbaren zu nicht strafbaren Kinderfotos und –filmen sehr schwierig ist. „Wenn es für uns Rechtswissenschaftler schon schwer ist, eine sichere Grenze zu ziehen, dann erst recht für Laien“, kommentierte Eisele das juristische Gestrüpp auf diesem Feld. Ob es im Fall Edathy gerechtfertigt war, aufgrund des Besitzes nicht strafbarer Bilder zum Verdacht zu kommen, er besitze auch strafbare, und deshalb eine Durchsuchung anzuordnen, lässt sich auch nach der Expertenanhörung nicht eindeutig beantworten.
Der Bochumer Kriminologie-Professor Thomas Feltes schilderte die Schwierigkeiten der Ermittlungsbehörden, mit den Materialmengen bei Verfahren gegen Kinderpornografie fertig zu werden. In einem politisch umstrittenen Punkt, nämlich der Information des damaligen Bundesinnenministers Hans-Peter Friedrich durch den Chef des Bundeskriminalamtes, Jörg Ziercke, über die Ermittlungen gegen Edathy, sah Feltes keinen Grund zur Beanstaltung. Sein Kollege Ralf Poscher, Staatswissenschaftler in Freiburg, teilte diese Einschätzung zwar. Den Erlass des Bundesinnenministers, aufgrund dessen Ziercke den Minister informierte, hielt Poscher allerdings für grundgesetzwidrig. Da eine solche Meldung in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung des Betroffenen, in diesem Fall des damaligen Abgeordneten Edathy, eingreife, sei als Grundlage ein Gesetz oder mindestens ein vom Bundesrat gebilligter Erlass der Bundesregierung erforderlich.
Einigkeit bestand unter den Sachverständigen, dass die Ermittlungsbehörden im Bereich der Kinderpornografie hoffnungslos überlastet seien. Änderungen an den Rechtsgrundlagen wurden im Vergleich dazu als zweitrangig dargestellt. Auf die politischen Vorwürfe gegen Ex-Bundesinnenminister Friedrich, der Informationen weitergegeben habe, gingen die Gutachter kaum ein. Gegen Friedrich läuft ein Ermittlungsverfahren wegen Geheimnisverrats. An dem umstrittenen Telefonat des damaligen Parlamentarischen Geschäftsführers und heutigen Vorsitzenden der SPD-Fraktion, Thomas Oppermann, mit BKA-Chef Ziercke hatten die Gutachter – soweit sie sich überhaupt dazu äußerten – nichts auszusetzen.
Die meisten Fragen der Abgeordneten betrafen mögliche Änderungen an den Strafrechtsbestimmungen zur Kinderpornografie. Die Ermittlungspraxis und die Rechtsprechung ist hier innerhalb Deutschlands sehr unterschiedlich. Ob und wenn ja welche Präzisierung des Straftatbestands hier wesentlich weiterhelfen kann, darüber gingen die Meinungen auseinander. Viele Fragen betrafen auch die lange Bearbeitungszeit im Fall Edathy. Die Sachverständigen hatten hier an der Arbeit des Bundeskriminalamtes und der Staatsanwaltschaft Hannover nichts Konkretes auszusetzen, machten aber Vorschläge, wie durch eine bessere Verzahnung der ermittelnden Dienststellen Verfahren beschleunigt werden könnten. Feltes erntete bei den Ausschussmitglieder Kopfnicken für die Feststellung: „Wenn Edathy nicht gewesen wäre, gäbe es diesen Untersuchungsausschuss nicht, und niemand hätte gefragt, ob es vielleicht zu lange gedauert hat.“
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