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Kontroverse um Leiharbeit und Werkverträge


Grüne und Linke würden sie am liebsten abschaffen, und auch die SPD ist anders als ihr Koalitionspartner nicht zufrieden damit: Der Bundestag hat am Donnerstag, 21. Mai 2015, über Leiharbeit und Werkverträge diskutiert. Dabei wurde klar, dass es zu dem Thema wohl noch intensive Debatten geben wird. In ihrem Antrag (18/4839) hat Die Linke umfassende Einschränkungen bei Leiharbeit und Werkverträgen gefordert.



Linke: Lage der Leiharbeitnehmer „dramatisch“

Klaus Ernst (Die Linke) unterstrich in der Debatte, seine Fraktion wolle gleichen Lohn für gleiche Arbeit ab dem ersten Tag plus einen zusätzlichen zehnprozentigen Bonus. Die „Kernfunktionen“ von Leiharbeit seien es, Auftragsspitzen abzufedern und Personalengpässen schnell begegnen zu können, doch davon sei man in der Praxis „weit entfernt“. Mit der Leiharbeit werde Lohn gedrückt, Streikbruch organisiert und der Kündigungsschutz umgangen, man nutze sie zur „Disziplinierung der Stammbelegschaften“ und durchlöchere so das Tarifsystem.

Die Ankündigungen der Großen Koalition, etwa die Überlassungsdauer auf 18 Monate zu begrenzen und nach neun Monaten gleichen Lohn verbindlich festschreiben zu wollen, bezeichnete Ernst als unzureichend, all das seien nur „Placebos“. Die Lage der Leiharbeitnehmer sei „dramatisch“; zwei Drittel von ihnen befänden sich unter dem Niedriglohnsockel. Die Linke sei deshalb „prinzipiell gegen Leiharbeit“.

Grüne: Tariflandschaft zersplittert

Deutliche Kritik am derzeitigen System von Leiharbeit und Werksverträgen übten auch die Grünen. So sagte die Sprecherin für Arbeitnehmerrechte der Fraktion, Beate Müller-Gemmeke, man habe es mit einer zersplitternden Tariflandschaft zu tun. Anders als von der Großen Koalition behauptet, sei das aber nicht Folge der Tarifpluralität, sondern von Leiharbeit und Werksverträgen.

Mit diesen Instrumenten würden der Kündigungsschutz und die Mitbestimmungsrechte umgangen, die tarifliche Bezahlung und der soziale Schutz der Arbeitnehmer insgesamt angegriffen. Momentan würden sie für Unternehmen doppelte Vorteile schaffen: mehr Flexibilität und „billige Arbeitsplätze“. Auch die Grünen fordern „equal pay ab dem ersten Tag“ und einen Flexibilitätsbonus. Sie wollen zudem sicherstellen, dass es keine Werkverträge für Tätigkeiten gibt, die auch die Stammbelegschaften verrichten. Müller-Gemmeke warf der SPD vor, mit dem, was im Koalitionsvertrag vereinbart ist, „heftig eingenickt“ zu sein.

SPD: Soziale Marktwirtschaft ist in Gefahr

Dabei sieht man auch bei den Sozialdemokraten erheblichen Handlungsbedarf. So sagte die Sprecherin für Arbeit und Soziales der Fraktion, Katja Mast, Leiharbeit und Werksverträge, die zu „Zwei-und-drei-Klassen-Belegschaften“ führten, müssten reguliert werden. In vielen Branchen würden ganze Einheiten ausgegliedert, Werkverträge würden dazu genutzt, das Lohnniveau massiv zu drücken. Die soziale Marktwirtschaft sei deshalb „in Gefahr“; das Parlament „muss handeln“.

Die SPD habe sich mehr vorgestellt als das, was im Koalitionsvertrag vereinbart sei - etwa hinsichtlich des Zeitpunkts, an dem Leiharbeiter und Stammbelegschaften das gleiche Geld verdienen müssten. Aber neun Monate „sind besser als nichts“, so Mast. Sie kündigte intensive Beratungen zu dem Thema ab Herbst an.

CDU/CSU: Instrumente wirken

Die wird es mit der Union wohl auch geben. Ob man wolle oder nicht: Leiharbeit sei eine „Brücke in den ersten Arbeitsmarkt“ und somit ein Instrument, das „wirkt“, so der arbeitsmarktpolitische Sprecher von CDU/CSU, Karl Schiewerling. 55 Prozent aller Leiharbeitnehmer seien vorher arbeitslos gewesen, 29 Prozent hätten keinen Abschluss. Auch wenn man durchaus „Verwerfungen“ sehe, gebe es „kein blankes Elend“ in der Leiharbeitsbranche.

Ohnehin seien nur 2,6 Prozent aller Beschäftigten in Zeitarbeit, sagte Schiewerling als Entgegnung auf Klaus Ernst, es sei falsch den Eindruck zu erwecken, „ganz Deutschland“ sei davon betroffen. Man könne nicht „permanent“ neue Gesetze machen, weil gegen bestehende verstoßen werde; die Unternehmen müssten für „Ordnung in der Branche“ sorgen. (suk/21.05.2015)