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Eher zufällig ist Klaus-Peter Flosbach (CDU/CSU) auf Kanada aufmerksam geworden. Bei einer seiner ersten Delegationsreisen als Bundestagsabgeordneter in die USA sei er auch noch einen Tag in Toronto und einen Tag in Ottawa gewesen, erinnert er sich: „Da hab' ich begonnen, mich für das Land sehr stark zu interessieren und hab' danach hier in Berlin in der Parlamentariergruppe an allen Veranstaltungen teilgenommen, die sich mit Kanada beschäftigten.“ Flosbach lernte viel über das Land, reiste auch privat dorthin und wurde nach der Bundestagswahl 2005 schließlich Vorsitzender der Deutsch-Kanadischen Parlamentariergruppe.
Die Art und Weise wie der rheinische CDU-Abgeordnete Kanada für sich entdeckte, ist nahezu sinnbildlich für die Wahrnehmung des Landes: „In den transatlantischen Beziehungen wird Kanada oft als Anhängsel der USA gesehen“, schildert Flosbach.
Tatsächlich sei Kanada aber ein sehr erfolgreiches Land der G7, der sieben führenden Industriestaaten. Das Verhältnis zwischen Deutschland und Kanada ist allerdings wenig schlagzeilenträchtig, da einfach zu harmonisch und „sehr stark auf der gleichen Wellenlänge“, wie Klaus-Peter Flosbach bestätigt. Diese Seelenverwandtschaft habe „vielleicht auch ein bisschen damit zu tun, dass immerhin zehn Prozent der Kanadier sich auf deutsche Wurzeln beziehen“, vermutet er.
Während Flosbach sich vom 7. bis 14. Februar mit sechs Abgeordnetenkollegen zu einer Delegationsreise der Deutsch-Kanadischen Parlamentariergruppe in das Einwanderungsland Kanada aufgemacht hatte, wurde in Deutschland darüber diskutiert, ob und wie das kanadische Einwanderungssystem auf Deutschland übertragbar ist. Migration und Integration sei immer ein herausragendes Gesprächsthema zwischen beiden Ländern, die Situation in Kanada sei allerdings eine ganz andere als in Deutschland, erklärt Klaus-Peter Flosbach dazu.
„Die nehmen ja jedes Jahr 250.000 Bürger auf, von denen aber nur 30 000 nach dem Hohen Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen Flüchtlinge sind, weil es einfach aufgrund der geografischen Lage - im Westen und im Osten Wasser, im Norden die Arktis und im Süden die USA - gar nicht so einfach ist, nach Kanada zu kommen.“
Nach einem Punktesystem können die Einwanderer nach Kanada einreisen, wobei im frankofonen Osten die Sprache eine besonders große Rolle spielt.“ Weitere Kriterien seien Familienstand, Alter, Qualifikation und bei Älteren auch die Vermögenssituation, weiß Flosbach. Es werde darauf geachtet, dass die eingewanderten Bürger auch in Kanada blieben und dass alle Kinder mit einwanderten.
Zudem würden die Einwanderer lokal sehr intensiv betreut: „Was mir aufgefallen ist, bei allen Diskussionen zur Integration und Immigration: Die Kanadier legen großen Wert auf eine Willkommenskultur“, ergänzt Flosbach. So funktioniere die Integration. In der Stadt Vancouver, in der die Bundestagsabgeordneten Station machten, seien zum Beispiel 50 Prozent der Einwohner nicht dort geboren, sondern zugereist. „Die Kanadier leben diesen Multikulturalismus, dass also jemand seine eigene Kultur behält, aber eindeutig sagt: Ich bin jetzt kanadischer Staatsbürger und ich stehe für diese Verfassung von Kanada.“
Klaus-Peter Flosbach wurde auf der Reise nach Kanada begleitet von seinen Kollegen Bernd Rützel und Michael Thews (beide SPD), Alexander Ulrich (Die Linke), Dr. Tobias Lindner (Bündnis 90/Die Grünen) sowie Markus Koob und Oswin Veith (beide CDU/CSU).
Kontrovers seien Energie- und Umweltthemen diskutiert worden. Insbesondere die Förderung von Ölsänden im Bundesstaat Alberta, die mit einer starken Umweltbelastung einhergehe. Die Kanadier hätten eine andere Einstellung, da sie im Vergleich zu Deutschland eine 20 Mal so große Fläche zur Verfügung hätten und zudem nicht so dicht besiedelt seien wie Europa. Zudem kämen die hohen Profite aus der Ölsandförderung den Staatseinnahmen zugute: „Die haben in Alberta nicht mal eine Umsatzsteuer und sehr niedrige Einkommensteuern, weil die so reich sind“, gibt der Finanzpolitiker Flosbach zu bedenken.
Unterschiedliche Sichtweisen seien auch zum aktuell verhandelten Freihandelsabkommen zwischen der EU und Kanada (Ceta) zu Tage getreten. Die Besonderheit sei, dass Kanada 28 Ländern aus der EU gegenüber stehe, die zwar durch die EU-Kommission vertreten seien, aber dem Abkommen jeweils in ihren nationalen Parlamenten zustimmen müssten.
In Kanadas Bundeshauptstadt Ottawa trafen sich die deutschen Parlamentarier mit dem Vorsitzenden der Kanadisch-Deutschen Freundschaftsgruppe im House of Commons, Gary Schellenberger (Foto). In den Provinzen Québec und British Columbia sprachen sie mit den Parlamentspräsidenten.
32 Bundestagsabgeordnete gehören der Deutsch-Kanadischen Parlamentariergruppe an. Sieben bis acht offizielle Termine gibt es durchschnittlich pro Jahr, rechnet Flosbach vor. Dazu gehörten üblicherweise Einladungen zu Gesprächen in der Kanadischen Botschaft, aber auch Treffen mit der Regierungsvertretung der frankofonen Provinz Quebec, die eine eigene Repräsentanz am Brandenburger Tor unterhält.
„Bis vor wenigen Jahren haben die Kanadier eher gesagt: Wir Kanadier und Europa. Heute spielen natürlich Frankreich und England wie bisher eine Rolle, aber auch Deutschland wird als größter Partner in der Europäischen Union stärker gewürdigt“, so die Beobachtung von Klaus-Peter Flosbach. (tk/01.06.2015)